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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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flackerte in ihrem Blick. „Es ist nicht so, wie es sich anhört. Du kannst zu den Lebenden zurückkehren. Du wirst nur nicht mehr derselbe sein, der du warst. Hast du das wirklich angenommen, nach allem, was du durchmachen musstest? Hast du im Ernst geglaubt, es geht einfach alles so weiter – du bist wieder Sutekhs Reaper und sein Botschafter? Hättest du das überhaupt gewollt?“
    Es stimmte. Alles, was sie sagte, klang vollkommen einleuchtend. Trotzdem war da noch etwas anderes, etwas, das ihm nicht einfallen wollte, obgleich er wissen müsste, was es war.
    „Ich kann also unter die Lebenden zurückkehren“, wandte er sich an Osiris. „Ich wäre nur nicht mehr der, der ich einmal war.“
    Osiris senkte das Haupt. „Vorausgesetzt, du bestehst die Prüfung.“
    „Und wie würde ich mich verändern? Werde ich zu einem Sterblichen?“
    Zu seiner Überraschung erschien ein flüchtiges Lächeln auf Osiris’ Gesicht. „Nein, Lokan Krayl. Du wirst niemals zu einem Sterblichen werden.“
    Wieder erklang Anubis’ Stimme in seinem Kopf und brachte die Unterhaltung zu einem abrupten Ende. „Fahren wir in der Zeremonie fort, Lokan Krayl, oder du verwirkst das Recht auf die Prüfung.“
    „Was ist mit Bryn? Muss sie sich auch der Zeremonie unterziehen?“
    „Nein, das muss sie nicht.“
    Ein Stein fiel ihm vom Herzen. „Danke, das war die Antwort, die ich brauchte.“
    Er drehte die scharfe Klinge des Ankh mit einer schnellen Bewegung um, sodass die Spitze auf seine Brust zeigte, dann markierte er zwischen Daumen und Zeigefinger seiner Linken den Zwischenraum zwischen der vierten und fünften Rippe. Er tat das nicht zum ersten Mal. Er war genau demselben Ritual unterworfen gewesen, als er als Sutekhs Botschafter hier an Osiris’ Hof gekommen war. Nur damals diente die Prüfung seines Herzens lediglich dazu zu ergründen, ob er irgendwelche finsteren Absichten gegen Osiris hegte. Dieses Mal sollte sein Herz beweisen, dass es tatsächlich rein von Sünde war, ein Gedanke, den er zum Lachen gefunden hätte, ginge es hier nicht ums Ganze.
    Er blickte zu Bryn hinüber. Sie zitterte am ganzen Leib. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Mit einem aufmunternden Lächeln versuchte er, sie zu beruhigen, dann stieß er zwischen den Fingern mit der Klinge zu. Mit einem tiefen Schnitt durchdrang sie Haut und Muskeln. Auch wenn er nur ein unterdrücktes Keuchen von sich gab, war der Schmerz mörderisch.
    Bryn schrie auf. Die Hände zu Fäusten geballt, trat sie einen halben Schritt vor. Aber Lokan hielt sie fern, indem er kurz den Kopf schüttelte. Unsicher wich sie wieder zurück. Und doch war Lokan irgendwie stolz auf sie. Das war seine Bryn, sanft, warmherzig, süß wie die Schokolade auf ihrem Gebäck, aber auch unglaublich tapfer, wenn es sein musste.
    Das Blut rann ihm in Strömen über die Brust und klatschte in dicken Tropfen auf den Boden. Erneut drehte er den Dolch in seiner Hand und reichte ihn, den Griff voran, Anubis zurück, der ihn nahm und an seinem Gewand abwischte. Derweil biss sich Bryn so heftig auf die Lippen, dass sie das Blut in ihrem Mund schmeckte.
    Lokan musste beide Hände zu Hilfe nehmen, um in den Schnitt zu greifen und die Rippen auseinanderzubiegen. DieKnorpel knackten hörbar. Der Schmerz war kaum auszuhalten. Dazu kam die schreckliche Vorstellung, welche Nöte Bryn auszustehen hatte. Aber er musste es durchstehen, und er hatte es schon einmal hinter sich gebracht. Damals war es eine Laune Sutekhs gewesen, die das von ihm verlangte. Dieses Mal ging es um sein Leben.
    Er griff sich in die Brust und umklammerte mit den Fingern sein Herz. Er konnte sein Pulsieren und Zucken spüren. Dann riss er es heraus. In weitem Bogen spritzte das Blut. Es traf Anubis, ergoss sich über die Waage und selbst über Bryns Schuhe.
    Sie stöhnte auf, aber sie wich nicht zurück. Im Gegenteil. Er wollte seinen Augen nicht trauen, als sie vortrat und die leere Waagschale festhielt, in die er sein Herz legte, damit es gegen Ma-ats Feder aufgewogen wurde. Noch immer schlagend, lag es da, während sich die goldene Schale mit seinem Blut füllte.
    Die Seite der Waage, auf der sich sein Herz befand, neigte sich nach unten, was Lokan nicht verwunderte, denn die Taten, die er im Laufe seines Daseins vollbracht hatte, wogen schwer. Doch hob sich die Schale wieder, langsam, Zentimeter für Zentimeter, bis sie auf halbem Wege stehen blieb und wieder absackte.
    Aus dem Schatten hinter Osiris kam mit gebleckten Krokodilzähnen

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