Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
Vom Netzwerk:
Schakals gesehen zu haben. Aber als sie genauer hinschaute, war nichts mehr zu sehen. Und auch als sie sich nach dem gleichen Geräusch dicht hinter ihr umdrehte, blickte sie nur in die leere Dunkelheit.
    „Die Wachen“, sagte Lokan mit gedämpfter Stimme. „Kümmere dich nicht um sie. Sie sind nicht einmal die Schlimmsten hier unten.“
    Sehr ermutigend.
    Als sie eine Weile weitergegangen waren, tauchte vor ihnen eine riesige Steintreppe aus der Dunkelheit auf. Lokan blieb stehen und hielt auch Bryn fest. Oben stand eine Kreatur mit menschlichem Körper und dem Kopf eines Schakals. In derArmbeuge ruhte der traditionelle Dreschflegel, eines der Abzeichen des Osiris. In der anderen Hand hielt die Gestalt das Ankh, das Symbol des Lebens.
    „Anubis“, grüßte Lokan mit einer flüchtigen Verbeugung, die gerade genug Respekt bezeugte, ohne unterwürfig zu erscheinen. Bryn fragte sich, wie Lokan das hinbekam. Ein Produkt sehr langer Übung vermutlich.
    „Lokan Krayl.“ Die Stimme des Anubis hallte auf unheimliche Weise in Bryns Kopf wider. „Du bist nicht tot.“
    „Leider auch nicht wieder ganz lebendig“, antwortete Lokan.
    Aus den Augenwinkeln sah Bryn etwas schimmern. Auf einem Thron aus getriebenem Gold sitzend, war eine zweite Gottheit aufgetaucht. Bryn stockte der Atem, als der Gott ihr das Gesicht zuwandte und sie aus unergründlichen, schwarzen Augen ansah, die von Kajal umrandet waren. Seine Haut war grün und sein Gewand so leuchtend weiß, dass es einen fast blendete. Auf dem Kopf trug er die weiße Atef-Krone mit Straußenfedern an den Seiten. In den Händen hielt er seine Insignien, den Krummstab und den Dreschflegel.
    Der heimliche Händedruck, den Bryn spürte, war offenbar eine Warnung. Dieses Mal verbeugte sich Lokan etwas tiefer. „Sohn der Nut und des Geb, Gott der Lebenden und der Toten. Osiris. Ich entbiete dir meinen Gruß und meine Verehrung.“
    „Lokan Krayl, Sohn des Sutekh.“ Osiris’ Ton war ausdruckslos und seine Stimme so kalt, dass sie Bryn wie ein eisiger Strahl ins Herz fuhr. Darauf wandte sich Osiris wieder ihr zu, und sie wusste, dass es nun an ihr war, etwas zu sagen.
    Indem sie Lokans Händedruck erwiderte, begann sie: „Grüße und Verehrung, Osiris, Gott über Leben und Tod. Ich bin Brynja, Tochter der Izanami, der Daena und der Kriegsgöttin Sachmet, der Beschützerin der Pharaonen, Tochter der Walküren und Shinigami.“
    „Du bist die Führerin.“
    „Ja.“ Im Stillen beschwor sie Osiris, nichts weiter zu sagen.Dieses wäre der ungünstigste Moment, den Deal zu erwähnen, den ihre Brüder mit Osiris gemacht hatten, ein Geschäft, das Bryn auf immer und ewig zur Gefangenschaft hier in Osiris’ Reich verdammen würde.
    Ein Schatten regte sich hinter Osiris, und Bryn wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als eine mächtige Gestalt vortrat, die sowohl durch ihre Größe als auch durch ihre Erscheinung Furcht einflößend wirkte.
    „Ammut“, flüsterte sie. Ammut, die die Herzen verschlingt, die Knochenfresserin. Sie war eine monströse Dämonin, eine Mischung aus Löwe, Flusspferd und Krokodil, die Verkörperung der endgültigen Vernichtung schlechthin.
    „Dein Geblüt ist mir bekannt, Tochter“, sagte Osiris. Bryn bemerkte Lokans Anspannung sofort, als der Gott sie so anredete. Es war nicht zu leugnen. Sie war seine Tochter. Denn auch Osiris’ Blut pulsierte in ihren Adern – vermischt mit dem all der anderen Gottheiten.
    Lokan beugte sich ein kleines Stück zu ihr. „Hätte ich mir doch denken können“, murmelte er im Flüsterton. „Wie sonst hättest du dich so gut hier unten auskennen können, wenn du nicht einen genetischen Abdruck von ihm in dir hättest.“
    Sie schloss für eine Sekunde die Augen und stieß die Luft durch die Nase. Wann würde sie endlich klug werden? Natürlich konnte Lokan das nicht entgehen. Keine Lügen und keine Halbwahrheiten mehr, hatte sie sich vorgenommen. Und das hier gehörte ganz oben auf die Liste der Dinge, die sie ihm hätte vorher anvertrauen sollen. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass zur Sprache kommen würde, dass auch Osiris in ihre illustre Ahnenreihe gehörte.
    „Warum begleitest du Sutekhs Sohn?“, fragte Osiris.
    Ein Schwindel ergriff Bryn. Mit dieser Frage hatte sie überhaupt nicht gerechnet. Boone hatte ihr versichert, dass der Deal mit Osiris in trockenen Tüchern sei: Osiris hätte zugestimmt, dass Lokan unter ihrer Führung versuchen konnte, die zwölf Pforten zu passieren. Im

Weitere Kostenlose Bücher