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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Gegenzug herrschte Einigkeit darüber,dass Bryn bei Osiris in der Unterwelt blieb und sich in die Schar derer einreihte, die in seinen Diensten standen.
    Warum also fragte Osiris, was hier vor sich ging, wenn er es doch genau wissen musste?
    Bryns Mund war trocken. Ihr Herz pochte. Jetzt eine falsche Antwort, und alles war verloren. „Er ist nicht als Sohn Sutekhs gekommen, sondern nur als Durchreisender. Ich führe ihn auf diesem Weg.“
    Osiris’ Miene blieb unbewegt. Da jedoch keine Reaktion von ihm erfolgte, schien es das zu sein, was er hören wollte. Er machte lediglich eine rasche Handbewegung, und vor ihnen tauchte eine Waage von enormer Größe auf.
    „Lokan Krayl, du wirst gerichtet werden.“
    Dann winkte er sie zu sich heran.
    „Nur mal so aus Neugier gefragt“, flüsterte Lokan, als sie die glatt polierten Stufen hinaufstiegen, „bei deiner ganzen erlauchten Ahnengalerie: Gehört Isis auch dazu? Bist du vielleicht auch eine Isistochter?“
    „Nein. Die Isistöchter sind direkte Abkömmlinge der leiblichen Töchter der Isis. Zu ihnen gehöre ich nicht.“
    Er glaubte ihr. Und doch gab es noch etwas, das sie ihm verheimlichte. Nur jetzt, da sie von Osiris und Anubis erwartet wurden und die goldene Waage über ihr Schicksal entscheiden sollte, war nicht der Augenblick, weiter in sie zu dringen. Möglicherweise waren es Dinge, die sie vor den anderen nicht aussprechen wollte. Das war zu verstehen, und so gab er sich fürs Erste zufrieden.
    Die eine Schale der Waage war leer, auf der anderen lag schimmernd eine weiße Feder. „Das ist die Feder der Ma-at“, erklärte er Bryn, „die Feder der Wahrheit. Weißt du, wie diese Zeremonie abläuft?“ Lokan blickte ihr aufmerksam ins Gesicht.
    Sie schüttelte den Kopf. Sie sah blass aus, und ihre Pupillen waren geweitet. Lokan war sich sicher, dass sie noch blasser werden würde, wenn sie gleich miterlebte, was ihm gleichbevorstand. Nach einem Seitenblick auf Anubis verschloss sich Osiris vollständig. Nichts verriet, was man mit ihnen vorhatte. Aber eines stand für Lokan fest: Bryn durfte auf keinen Fall den Preis für die Weiterreise mit ihrem Blut bezahlen. Er würde schon einen Weg finden, sie vor dieser entsetzlichen Qual zu bewahren. Er hatte zwar nicht die geringste Ahnung, welchen Regeln Walker wie Bryn unterworfen waren, aber diese Prüfung durfte sie nicht erdulden. Das war seine Sache.
    „Hat sich an deinem Bekenntnis etwas geändert, seitdem du das letzte Mal diesen Gang angetreten hast?“ Anubis’ Stimme dröhnte in seinem Kopf, ohne dass dieser den Mund aufgetan hatte. Ein Blick auf Bryns verstörtes Gesicht genügte, und er wusste, dass sie die Stimme des Schakals in ihrem Innern auch vernommen hatte. „Es geht um das negative Glaubensbekenntnis“, erläuterte er flüsternd. „Zweiundvierzig Sünden, die man bekennen muss, nicht begangen zu haben.“
    Das Bekenntnis in vollem Umfang abzulegen wäre, das wusste Lokan, eine allzu offensichtliche Lüge und der direkte Weg ins Verderben. Die volle Wahrheit zu bekennen garantierte ihm das Weiterkommen aber auch nicht. „Meine Erklärung ist dieselbe wie beim letzten Mal“, sagte er. Es gab nichts hinzuzufügen und nichts wegzulassen. Dass er von seinem Vater ermordet worden war, sprach ihn nicht von der Last seiner eigenen Sünden frei.
    „Die Zeremonie will es, dass du dein Herz hergibst“, sagte Anubis und hielt Lokan das goldene Ankh, den Lebensschlüssel hin.
    „Das Verfahren ist mir bekannt.“ Lokan wusste, worum es ging, und er war nicht begeistert davon.
    Das Ankh schmiegte sich in seine Hand. Es lag perfekt darin. Als er es hob, hatte sich das untere Ende in eine Klinge verwandelt, die im Licht aufblitzte.
    „Lokan?“ Bryns Stimme klang alarmiert und besorgt.
    „Alles gut“, meinte er nur und bemühte sich, sie nicht anzusehen. Er wollte die Angst und die Sorge um ihn nicht in ihrenAugen sehen. Es hätte alles nur noch schwerer gemacht. Stattdessen blickte er starr auf die Waage und sagte mit gedämpfter Stimme. „Großer Osiris, darf ich dir eine Frage stellen?“
    „Du hast nichts zu bieten, was einer Antwort wert wäre.“
    Gut gekontert. „Wenn ich diese Prüfung bestehe und mein früheres Selbst wiedererlange, hätte ich dir etwas zu bieten.“
    „Du wirst dein früheres Selbst nie wiedererlangen. Hat dir das deine Führerin nicht gesagt?“
    Die Worte trafen ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er fuhr zu Bryn herum. „Was?“, rief er.
    „Nein.“ Panik

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