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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende
Autoren: Eve Silver
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geblieben war. „Was noch?“
    „Magische Kräfte.“
    Der zweite Streich.
    „Und Wissen.“
    Der dritte. Weder hatte er das Totenbuch noch das alte Ägyptische Pfortenbuch parat, auch Zaubersprüche und Zaubertränke waren ihm nicht geläufig. Wenn er auch früher außergewöhnliche Kräfte besessen hatte, jetzt waren sie erschöpft. Sie hatten zwar genügt, seinen Körper und seine Seele wieder zu vereinigen, aber er war nahe am Verhungern. Er war schwach und hielt sich nur mit schierer Willenskraft aufrecht.
    Ihn beschlich, als er all das bedachte, das ungute Gefühl, dass die Sache kein gutes Ende nehmen konnte.
    Oh, Scheiße. Da hatte er die eine einzige Chance, der Hölle zu entkommen, in die sein Vater ihn geschickt hatte, und jetzt sah er, dass ihm seine Ahnungslosigkeit einen Strich durch die Rechnung machte. Und dass sein Vater immer noch einen Plan B und einen Plan C in der Tasche hatte, egal was sein Sohn in Angriff nahm.
    Aber was blieb ihm anderes übrig, als diese Chance beim Schopf zu ergreifen, selbst wenn er der Situation nicht gewachsen war? Dorthin zurückzukehren, woher er gekommen war, oder hierzubleiben waren erst recht keine Optionen.
    Also bestieg Lokan das Boot. Es schwankte unter seinem Gewicht bedrohlich. Die Männer an Bug und Heck tauchten ihre Ruder ins Wasser, und die Barke setzte sich in Bewegung. Sanft glitt sie durch das tintenschwarze Wasser.
    Lokan betrachtete die Zeichnungen und gemalten Bilder an den Wänden, an denen sie vorbeifuhren. Götter, Göttinnen, Flammen, Sterne. Und Schlangen, jede Menge Schlangen, darunter eine, die bedeutend größer und Furcht erregender als die anderen war.
    Es war totenstill ringsum. Das Einzige, was zu hören war,waren die regelmäßigen Ruderschläge und sein Atem. Lokan warf einen Blick über die Schulter zurück und sah nichts als einen unendlich langen, dunklen Tunnel, der von der Wasserfläche wie von einem sich in der Ferne verlierenden Band durchzogen wurde. Die Wände waren grau und feucht und schlossen sich nach oben zu einem runden Gewölbe zusammen. Sie standen so eng, dass er sie, wenn er die Arme zur Seite ausstreckte, hätte mit den Fingerspitzen berühren können.
    Nach einer Weile erhob sich ein zischender Laut, der langsam anschwoll und dessen Schall vom Tunnelgewölbe zurückgeworfen wurde. Schlagartig hörte der Mann am Bug wie erstarrt auf zu rudern. Links neben dem Boot regte sich das Wasser. Der Kopf eines Reptils erschien über der Wasserfläche und tauchte gleich wieder unter.
    „Hat das mit den Schlangen hier eine besondere Bewandtnis?“, erkundigte sich Lokan, während er beobachtete, wie sich die Wellen wieder glätteten.
    Keiner der Ruderer antwortete. Fabelhafte Führer, dachte Lokan bitter. Man sollte sich beim Reiseveranstalter beschweren.
    Wenig später tauchten die beiden die Paddel wieder ein, und das Boot setzte sich erneut in Bewegung. Die Wasserfläche lag dunkel und ruhig da, bis Lokan plötzlich etwas aufschreckte. War es eine Bewegung gewesen oder ein Geräusch? Er hob den Kopf und staunte, als er eine in Blau und Gold eingefasste quadratische Öffnung vor sich sah. Die Seiten waren mit Zeichen und Symbolen versehen, aber er war noch zu weit entfernt, um sie erkennen zu können. Er konnte nur vermuten, dass es sich um Warnungen handelte.
    Wie auf Kommando stellten die beiden Fährleute das Rudern ein, und das Boot kam zum Stillstand. Eine Strömung, die es hätte weitertragen können, gab es hier nicht.
    Der Felsen um die Öffnung herum war in einer eigenartigen Form bearbeitet, die das Tor überragte. Es sah aus, als hätte sich eine Welle von flüssiger Lava aufgetürmt und wäre urplötzlich erkaltet, als sie gerade niederbrechen wollte.
    „Sprich den Namen aus“, sagte der Mann hinter Lokan.
    Lokan sah aus dem Augenwinkel unter der Wasseroberfläche etwas aufblitzen, das wie Fischschuppen und Schlitzaugen aussah.
    „Sprich“, drängte der Ruderer schon deutlich ungeduldiger. Man hörte ein ängstliches Beben in seiner Stimme.
    „Was für einen Namen?“ Lokan hatte nicht die geringste Ahnung, was er sagen sollte. Bevor er fragen konnte, kam Bewegung in die Welle über dem Tor, und jetzt war zu erkennen, was es wirklich war. Keine Lava, auch kein kunstvoll behauener Fels. Was da die Köpfe hob, war eine Unzahl von Schlangen, die alle ihre kalten Augen auf ihn gerichtet hatten.

4. KAPITEL
    Sein Befehl sah einen Platz für sie vor, den verborgenen
Berg, der Menschen verschlingt und Götter …
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