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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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müssen zurück“, sagte er.
    „Kommt nicht infrage“, antwortete Lokan. Zurück – das bedeutete, zurück an einen Ort, der weit schlimmer war als dieser hier. „Wir fahren weiter“, bestimmte er, und als der Ruderer darauf nicht reagierte, entriss er ihm das Paddel, kniete sich in das Boot und fing nun selbst an zu rudern. Dieses war die erste Pforte, die erste Station auf seinem Weg in die Oberwelt.
    Der Gedanke daran feuerte Lokan an, auch wenn sich Zweifel und Sorge in seine Entschlossenheit mischten. Er hatte für gewöhnlich keine Probleme mit irgendwelchen Reptilien, nur ahnte er, dass diese hier von einer besonderen Sorte waren. Schlangen waren Wesen, die gleichzeitig als heilig verehrt, gefürchtet und verabscheut wurden. Es gab Schlangengötter ebenso wie Schlangendämonen in der Unterwelt, aber Lokan hatte keinen Zweifel daran, unter welche Kategorie diese hier fielen.
    Eine Schlange dick wie sein Oberarm ließ sich vom oberen Ende der Pforte ins Wasser fallen, in dem dort gleich darauf ein wildes Getümmel entstand, bis eine andere, noch viel größere Schlange auftauchte und die erste mit weit aufgerissenem Rachen in einem Stück verschlang.
    Flüche und Beschwörungen murmelnd begann jetzt der Ruderer am Heck wie ein Wilder von der Pforte wegzupaddeln, während sich die Schlangen dort zuhauf ins Wasser gleiten ließen.
    „Hör auf damit“, sagte Lokan ruhig, aber bestimmt. „Panik bringt uns jetzt auch nicht weiter.“
    „Du musst etwas sagen“, erklärte der Angesprochene. „Sonst müssen wir umkehren.“
    „Etwas sagen? Was? Eine Zauberformel? Dann sag mir, wie sie lautet.“
    Sie waren jetzt fast schon unter der Durchfahrt der Pforte angelangt. Das wirre Knäuel aus Schlangen befand sich direkt über ihnen und drohte von beiden Seiten. Der Bug des Kahns war kurz davor, in die nachtschwarze Finsternis zu tauchen, die sich im Innern der Pforte auftat.
    Da fiel die nächste Schlange herab, dann noch eine. Gleich darauf folgte eine dritte, dick wie Lokans Oberschenkel, die auf dem nach oben gebogenen Bug des Schiffs landete. Ihre Schuppen glitzerten im Halbdunkel.
    „Los! Tu was!“, schrie der Mann hinter Lokan.
    „Was denn?“ Lokan drehte sich kurz um, bevor er mit dem Paddel versuchte, die Schlange vom Vordersteven zu stoßen. Der andere Ruderer hatte sich derweil zum Heck geflüchtet. Er war von Kopf bis Fuß schweißüberströmt.
    „Zeige, dass du reinen Herzens bist. Dass du magische Kraft besitzt und würdig bist zu passieren. Sonst sind wir verloren.“
    Lokan bezweifelte, dass er auch nur eine dieser Bedingungen erfüllen konnte.
    „Rede. Den geheiligten, geheimen Namen. Du musst ihn aussprechen“, drängte der Mann schon halb irre in seiner Panik.
    Da nun keiner mehr ruderte, kam das Boot in dem stehenden Wasser nicht von der Stelle. Dicht wie Regen fielen von oben die Schlangen herab, eine größer als die andere. Mithilfe des Paddels warf Lokan eine, die direkt ins Boot gefallen war, hinaus. „Ich würde den Namen der Pforte ja gern sagen“, erklärte er dabei, „wenn ich ihn nur wüsste. Warum sprecht ihr den Namen nicht aus? Ist es nicht eure Aufgabe, mich hier durchzulotsen?“ Er blickte von einem zum anderen. Der am Bug Positionierte hatte sich mittlerweile zu einer Kugel zusammengerollt und lag wimmernd am Boden. Von ihm war keine Hilfe zu erwarten. Der andere starrte Lokan mit seinen weißen Augen ausdruckslos an.
    „Wir sind nicht deine Führer. Wir sind nur zum Rudern da.“ Erschrocken hob er die Arme, als eine Schlange auf ihn herabfiel.
    Lokan fluchte leise. Wie ein Baseballspieler schlug er mit dem Ruder nach dem Reptil. „Das hättet ihr mir auch gleich sagen können“, knurrte er.
    Ihn beschlich ein unbehagliches Gefühl. Er hatte sich in der festen Überzeugung an das Schlangentor gewagt, dass seine Begleiter ihn hindurchschleusen konnten. Aber da sie dazu genauso wenig fähig waren wie er, brachte sie das alle in eine verdammt missliche Lage.
    Die Schlange, der er den Schlag versetzt hatte, fiel zurück ins Wasser. Im nächsten Moment erschien ein gewaltiger Schatten unter dem Boot. Mit ungeheurer Geschwindigkeit tauchte das Riesenvieh wieder auf, das schon eine seiner Schwestern verspeist hatte. Sein Kopf allein war ein Drittel so groß wie das Boot. Es klappte seine enormen Kiefer weit auseinander und verschluckte die von Lokan abgewehrte Schlange wie vorhin die andere in einem Stück. Zwei Beulen in seinem mächtigen Leib waren alles, was von den

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