Feuersuende
Mondlicht glitzerten. Ihr stockte der Atem. Sie wusste, wen sie vor sich hatte, schon bevor sie ihrem Gegenüber ins Gesicht sah.
„Jack“, sagte sie leise und sah ihm in die blauen Augen. Hellblau mit einem dunkleren äußeren Rand.
„Lange nicht gesehen, Brynja.“ Seine Stimme, die ihr so schmerzlich vertraut war, scheuchte ein ganzes Rudel an Erinnerungen auf. Einige gute, andere … nicht so gute.
Vor ihm halb auf dem Bauch zu liegen war entwürdigend. Also rappelte Bryn sich auf und half auch Dana auf die Beine, die sie dabei immer noch nicht losließ. Ihre Gedanken arbeiteten fieberhaft. Sie musste hier weg. Sie musste Dana von hier fortschaffen, wusste aber nicht, wie. Hundert Finten gingen ihr durch den Kopf, die sie aber alle gleich wieder verwarf.
„Was tust du hier?“, fragte sie mit unsicherer Stimme.
Er warf einen Blick auf Dana, die sich daraufhin angstvoll noch enger an ihre Mutter drängte und ihre kleinen Arme um Bryns Bein schlang.
Bryn biss sich auf die Zunge. Was für eine dumme Frage. Natürlich war Jack gekommen, um sie zu holen. Und – was noch schlimmer war – um Dana zu holen.
„Du kommst jetzt mit“, sagte er. Das war keine Aufforderung, es war ein Befehl. Nichts Neues. Jack fragte nicht. Es ging immer darum, was er wollte, und er erwartete von anderen, dass sie sich danach richteten. Er gab sich nicht einmal Mühe, ihnen den Glauben zu lassen, sie hätten so etwas wie die Möglichkeit einer freien Entscheidung.
„Leider kann ich deiner freundlichen Einladung nicht folgen.“ Bryn strich Dana durchs Haar. Würde sie ihrem Instinkt folgen, wäre sie jetzt losgelaufen, um sich mit dem Mädchen irgendwo zu verstecken. Aber sie unterdrückte diesen Impuls. Jack würde sie beide mühelos einholen und dann auch nicht wieder weglassen. Sie musste schon, wie Lokan es ihr beigebracht hatte, ihren Verstand gebrauchen anstatt in Panik zu verfallen.
Bryn konzentrierte sich, um ihre letzten Kräfte zu sammeln, die ihr nach dieser überstürzten Flucht noch geblieben waren. Sie musste sie jetzt gut einteilen. Den Trick mit der Tarnung durch die Abspaltung eines Teils ihrer Seele, konnte sie nicht mehr anwenden. Jack war jetzt darauf gefasst. Außerdem bezweifelte sie, dass sie noch einmal die Energie würde aufbringen können, die so eine Wandlung erforderte.
Sie sammelte ihre verbliebenen Kräfte. Ein knisterndes Licht umgab ihren Körper, das in der Dunkelheit geisterhaft leuchtete. So viel Energie besaß sie immerhin noch.
Jack zog verwundert die Brauen hoch. „Ich wusste gar nicht, dass du solche Tricks auf Lager hast.“
Hatte sie früher auch nicht. Als sie sich das letzte Mal begegnet waren, hatte Bryn nicht annähernd über ihre heutigen Kräfte verfügt.
„Ich bin eine andere geworden“, erklärte sie ruhig, obwohl die Anspannung, unter der sie stand, nahezu unerträglich war. Ja, sie war eine andere geworden. Die Frage war nur, ob diese andere Natur jetzt ausreichte. Nein, sie war nicht stark genug. Ihr einziger Trost war, dass er das nicht wissen konnte. Selbst wenn er eine Vermutung hatte, konnte er sich nicht sicher sein. Und Jack war nicht der Typ, der sich auf irgendwelche Vermutungen einließ.
„Pax.“ Frieden. Jack hob beschwichtigend die Hände. „Lass uns erst reden, Bryn. Nur reden.“
„Du erwartest von mir, dass ich dir traue?“
Sein Kopf schnellte zurück, als hätte sie ihm eine Ohrfeige gegeben. „Du hast mein Wort, dass ich dich gehen lasse, wenn du mir nur zuhörst, was ich dir zu sagen habe.“
Sein Wort. Wenn es jemanden gab, der hundertprozentig zu seinem Wort stand, war es Jack. Bei ihm musste man nur sehr darauf aufpassen, dass so eine Vereinbarung ihm keine Schlupflöcher ließ.
Er war der Boss. Sie war ihm nicht ebenbürtig. War es nie gewesen.
Der Gedanke wucherte wie Unkraut in ihrem Herzen. Aber sie musste ihn ignorieren. Dana brauchte sie, ihre Stärke, und deshalb würde sie auch stark sein. Den ganzen Ballast der Vergangenheit konnte sie getrost auf dem Müllhaufen verrotten lassen, wohin sie ihn schon vor sieben Jahren geworfen hatte, als sie Jack und die anderen hinter sich ließ.
„Lass uns das einmal anders formulieren“, meinte sie und war bemüht, sich nichts von ihrer Verzweiflung anmerken zu lassen. Dana fasste nach ihrer Hand und hielt sie mit ihren kleinen Fingern fest. Bryn ermutigte sie mit einem leichten Händedruck. „Der Deal ist der folgende: Ich höre, was du zu sagen hast, und wenn du fertig bist, können
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