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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende
Autoren: Eve Silver
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Gefressenen übrig blieb.
    Die Szene weckte unangenehme Erinnerungen bei Lokan. Wie diese Schlange pflegte Sutekh seinen Kiefer auszuhängen, um die Seelen zu verschlucken, die zu ihm kamen. Für diese bedeutete es das Ende, die vollständige Vernichtung ohne die Hoffnung auf eine weitere Existenz. Auf diese Weise wollte Lokan nicht enden. Er würde Dana nie wiedersehen. Oder seine Brüder. Oder Bryn.
    Bryn. Lokan wunderte sich, dass sich ihr Name in diese Aufzählung wie von selbst eingereiht hatte. Aber darüber konnte er sich jetzt keine Gedanken machen.
    Wieder glitt ein Schatten unter der dunklen Wasseroberfläche am Boot entlang. Der Bug wurde emporgehoben und wieder fallen gelassen. Das Wasser spritzte auf. Die schuppigen Leiber, die sie umgaben, gerieten in noch heftigere Bewegung. Lokan hielt sich an beiden Seiten fest und versuchte, das Kentern zu verhindern.
    Wieder landete eine Schlange im Boot und kroch auf ihn zu. In ihrem aufgesperrten Rachen konnte er ihre Giftzähne sehen.Der Versuch, auch sie mit dem Paddel aus dem Boot zu werfen, misslang. Das Ungeheuer schoss auf ihn zu, und Lokan konnte mit knapper Not ausweichen. Mit einem schnellen Griff erwischte er es genau hinter dem Kopf, wodurch er den langen, spitzen Fängen knapp entging. Er packte die Schlange mit der anderen Hand in der Mitte und schaffte sie nach einigem Ringen unter unmenschlichen Anstrengungen über Bord.
    Lokan drehte sich zu seinen Begleitern um. Von ihnen war wahrhaftig keine Hilfe zu erwarten. Während der eine winselnd am Boden lag, kauerte der andere wie angewurzelt auf seinem Platz, kreidebleich im Gesicht, und starrte mit leeren Augen auf das Wasser. Der Name. Er brauchte den verdammten Namen, um durch dieses elende Tor zu kommen.
    „Osiris“, rief er aufs Geratewohl und noch einmal lauter: „Osiris!“ Das war immerhin ein Name. Aber da sich nichts änderte, war es offensichtlich der falsche. Der wogende, sich windende Vorhang in der Pforte wurde jetzt so dicht, dass keine Hoffnung bestand, das Boot hindurchzusteuern.
    Und was geschah, wenn sie nicht durch diese Pforte kamen? Würde er dann auf alle Ewigkeit dazu verdammt sein, auf diesem verfluchten Kanal herumzupaddeln? Wäre das dann seine neue Hölle? Lokan schauderte es. Nur das nicht. Das hatten wir alles schon, dachte er.
    Wieder schäumte das Wasser. Die Riesenschlange schoss empor, bäumte sich hinter dem Boot auf und schnappte den einen der Ruderer von seiner Bank weg. Das Blut spritzte nach allen Richtungen und traf auch Lokan, der es heiß auf seiner Haut spürte. Der Schrei des Mannes hallte schaurig von den Wänden wider. Dann herrschte Stille.
    Das war es also, was passieren würde.
    „Zurück“, befahl Lokan dem verbliebenen Bootsmann und griff sich das Ruder.
    Das brauchte er nicht zweimal zu sagen. Zusammen legten sie sich ins Zeug und paddelten nach Leibeskräften von der Pforte weg.
    Währenddessen dachte Lokan angestrengt nach. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was es mit den zwölf Pforten auf sich hatte, aber anscheinend bedurfte es der Nennung eines bestimmten Namens, um sie passieren zu können. Bei dieser Pforte lag der Gedanke nahe, dass es der Name einer Schlange war. Der einzige, der Lokan einfiel, war nicht sehr vertrauenerweckend, und Lokan hatte seine Zweifel, dass ausgerechnet dieser ihnen helfen würde. Trotzdem probierte er es. „Apophis“, rief er mit lauter Stimme, und als sich darauf nichts tat, versuchte er es mit einer Abwandlung desselben Namens. „Apep.“
    Netter Versuch, nur leider ohne Erfolg.
    Stattdessen schrie der Ruderer, der jetzt hinter ihm saß, laut auf, und auch die Schlangen und mit ihnen der ganze Fluss um sie herum gerieten in Aufruhr.
    „Sprich diesen Namen nicht aus“, mahnte der Ruderer. „Wenn du es tust, rufst du ihn noch herbei, und das wäre unser sicherer Untergang.“
    Das sah Lokan ein. Apophis anzurufen war keine gute Idee gewesen. Wenn Sutekh schon der Unterweltgott des Chaos und allen Übels war, an Apophis gemessen war er noch ein Waisenknabe. Was Bosheit anging, rangierte Apophis in einer eigenen Liga. Sutekhs Handeln war, wie niederträchtig und finster seine Motive im Einzelnen auch sein mochten, immerhin noch von Vernunft gesteuert. Er verfolgte grundsätzlich das Ziel, das Kräftegleichgewicht zwischen den launischen Unterweltgottheiten zu erhalten.
    Für Apophis hingegen zählten logische Erwägungen oder Motive überhaupt nicht. Dieser Gott war das Böse schlechthin, die
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