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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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kurz die Brauen. „Hat Boone dir das erzählt?“
    „Ja.“
    Es folgte eine Pause, in der sich das Schweigen lange hinzog. Lokan wartete noch immer auf eine Erklärung, und Bryn fühlte sich zunehmend in der Klemme. Wenn sie ihm die Wahrheit darüber sagte, wie diese Reise enden würde, würde er keinen Schritt weiter tun. Wenn sie sich weigerte, ihm eine Erklärung zu geben, würde vermutlich dasselbe passieren. Und zu lügen kam auch nicht mehr infrage. Jetzt und an dieser Stelle musste es mit den Lügen und Halbwahrheiten vorbei sein. Sollten dieses die letzten Erinnerungen sein, die er an sie haben würde, sollten die nicht mit Unwahrheit befleckt sein. Es gab noch immer so viele Dinge, die sie nicht gewagt hatte, ihm anzuvertrauen, und ihm auch jetzt noch nicht anvertrauen konnte. Aber es war möglich, ihm ein paar Einzelheiten anzubieten, von denen sie sicher war, dass sie wahr waren.
    „Wie genau das funktioniert, weiß ich selbst nicht“, begann sie und wählte ihre Worte sorgfältig. „Meine Brüder haben mich lange im Unklaren gelassen. Sie hatten sich nur meiner Fähigkeiten bedient, ohne zu sagen, woher sie kommen.“
    Lokan runzelte die Stirn, aber Bryn unterbrach seinen möglichen Einwand, indem sie abwehrend die Hand hob.
    Über ihren Groll gegen ihre Brüder war sie zwar schon hinweg, aber immer noch haderte sie mit sich selbst. Wie hatte sie so naiv sein können zu glauben, dass sie bloß schwanger werden musste, um all ihre Probleme loszuwerden?
    Das hatte natürlich nicht geklappt – im Gegenteil. Die Probleme hatten sich nur verschärft. Während ihrer Schwangerschaft war etwas mit ihr geschehen. Ein Zeitpunkt dafür ließ sich nicht nennen. Es war ein stiller, allmählicher Wandel gewesen, der sich bei ihr vollzog.
    Die letzte Gewissheit stellte sich erst später ein. Nicht in dem Augenblick, da sie Dana zum ersten Mal im Arm hielt, nicht einmal, als sie sie zum ersten Mal stillte. Es war komischerweise der Augenblick, wo sie ihrer Tochter zum ersten Mal die Windeln wechselte. Bryns Kenntnisse über Babys waren recht begrenzt. Sie war noch nicht einmal sicher gewesen, ob die Windeln schon nass waren. Aber just als die Kleine nackt auf ihrer Windel lag, begann sie, ihr Pipi zu machen, sodass es Bryn über beide Hände lief. Dana öffnete ihre himmelblauen Augen und sah ihre Mutter mit einem Lächeln an, das man hätte verschmitzt nennen können.
    Es war die Sekunde dieses Lächelns, in der sich Bryn rettungslos in ihr Kind verliebte. War es vorher ihr Plan gewesen, Dana jemandem in Obhut zu geben und dann das Weite zu suchen, kam jetzt nur noch eine gemeinsame Flucht mit Dana infrage. Und so lernte Bryn, sich zu tarnen, ihre Spuren zu verwischen, sich vor ihren Brüdern zu verbergen.
    Hatte sie gedacht. Nur war dem nicht so. Ihre Brüder wussten zu jeder Zeit, wo sie zu suchen war, hatten aber beschlossen, sie nicht aufzustöbern. Das Verrückteste an der Geschichte war,dass Dana inzwischen bei Boone, Jack und Cahn am sichersten aufgehoben war, nachdem Bryn alles Menschenmögliche dafür getan hatte, sie von ihnen fernzuhalten.
    Lokan wartete noch immer auf eine Erklärung, die Bryn zögerte, ihm zu geben, bis sie sich endlich dazu durchrang, doch damit herauszurücken. Um Danas willen musste er Bescheid wissen.
    „Ich bin eine Führerin der Seelen. Der Fachausdruck dafür heißt Psychopomp. Ich bin aber nicht das, was die Jungianer unter dem Begriff verstehen. Ich vermittle nicht zwischen dem Bewussten und dem Unbewussten. Obwohl man bei etwas großzügiger Betrachtung da sogar eine Verbindung ziehen könnte, denn ich kann mich in Träume einklinken. In manche, nicht in alle …“
    „Bryn … bitte.“ Lokan hob leicht die Brauen. Mehr brauchte er nicht zu sagen. Bryn verstand, dass sie wieder ihrer alten Gewohnheit verfallen war, ins Blaue hineinzureden und ihre Unsicherheit hinter einem Schwall von Worten zu verstecken. Lokans kurze Ermahnung hatte durchaus nicht unfreundlich geklungen, sondern ein wenig amüsiert, beinahe liebevoll, sodass ihr ein leichter Schauer über den Rücken lief.
    „Das mit den Träumen ist nicht das Entscheidende. Ich bin ein Walker.“ Tatsächlich gelang es Bryn im zweiten Anlauf, in wenigen Worten auf den Punkt zu kommen. Es war besser so. Sie musste ihm nicht lang und breit von ihren sonstigen Fähigkeiten erzählen, davon, dass sie ihre Seele von sich abspalten konnte, dass sie sich zweiteilen konnte. Sie hatte keinen Grund, all ihre Geheimnisse

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