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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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in weinrote, mit schwarzem Faden durchwirkte Gewänder gekleidet waren, die sie vom Scheitel bis zur Sohle komplett einhüllten. Nicht einmal die Hände ragten aus den weiten Ärmeln hervor. Die Matriarchinnen waren erschienen.
    Es waren jedoch nicht sie, die Dagans Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Es war die Frau, die in ihrem Gefolge erschienen war.
    Mit einem unartikulierten Laut schnellte Dagan vor, um sie gegen die Glaswand zu werfen. So weit kam er aber nicht. Alastor hatte reaktionsschnell seinen Arm ausgestreckt. Dagan prallte mit der Brust dagegen. Von hinten hielt ihn Malthus am Hemd fest.
    „Ruhig, Alter“, mahnte Alastor, der selbst aufs Äußerste angespannt war.
    Dagan nahm ihn kaum wahr. Er sah nur Roxy. Sie sah müde und besorgt aus. Aber der Blick aus ihren grünlich-braunen Augen war fest und furchtlos. Sie stemmte eine Hand in die Seite und stellte die Hüfte ein wenig heraus. Es war eine herausfordernde Pose, die hier eigentlich deplatziert wirkte, die Dagan jedoch sofort richtig deutete. Es war ihre Art zu zeigen, dass mit ihr alles in Ordnung war. Dagan atmete tief durch. Seit dem Auftreten der Matriarchinnen hatte er die Luft angehalten. Das merkte er erst jetzt.
    Gleich hinter Roxy war Naphré Kurata aufgetaucht. Alastors Freundin wirkte ruhig und gefasst. Ihre Miene war ausdruckslos. Erst als sich Alastors und ihre Blicke trafen, huschte ein kaum wahrnehmbares Lächeln über ihr Gesicht. „Keine Sekunde zu früh … schon wieder. Reife Leistung“, sagte sie leise. Dennoch schien ihre Stimme die Stille um sie alle herum zu zerreißen. Dagan wusste mit diesen Worten nichts anzufangen, Alastor hingegen schon.
    Die Matriarchinnen drehten sich zu der Sprecherin um. Man konnte sicher sein, dass Naphré dadurch, dass sie das Schweigen brach, auch die protokollarischen Regeln verletzt hatte. Dagan war auf dem Sprung, bereit, Alastor zurückzuhalten, sollte der jetzt vom Zorn übermannt werden. Zu seinem Erstaunen jedoch blieb sein Bruder ruhig, und es geschah nichts weiter, als dass die drei vermummten Gestalten ihren Weg fortsetzten, wobei man nicht sicher entscheiden konnte, ob sie in ihren langen, bis auf den Boden reichenden Gewändern gingen oder knapp über dem Boden schwebten, so ebenmäßig und fließend war ihre Bewegung.
    Als sie das Podest erreicht hatten, setzten sie sich auf ihre Plätze. Die Wachen, die sie umgeben hatten, wichen in den Hintergrund zurück. Wieder herrschte tiefes Schweigen. Niemand sagte ein Wort, und je länger das Schweigen andauerte, desto unbehaglicher wurde es. Die Matriarchinnen schienen auf etwaszu warten, während Dagan sich alle Mühe gab, eine spitze Bemerkung darüber zu unterdrücken, wer hier den höheren Rang einnahm und wem demzufolge eine angemessene Begrüßung gebührte. Eine unbedachte Äußerung wäre kein guter Einstieg in ein Gespräch gewesen.
    Sein kurzer Ausflug in die Gefilde des Osiris, bei dem er sich hatte das Herz herausschneiden müssen, um es auf Ma-ats Waage der Gerechtigkeit zu legen, hatte ihn gelehrt, bei manchen Gelegenheiten die Zunge besser im Zaum zu halten. So kreuzte er nur die Arme vor der Brust und wartete gelassen ab. Seine Brüder folgten seinem Beispiel.
    Die Gestalt zur Linken ergriff zuerst das Wort. „Ich bin Amunet.“ Dann zeigte sie auf die neben ihr Sitzenden und nannte ihre Namen: „Beset, Hathor.“
    Dagan stellte nun seinerseits sich und seine Brüder vor, aber kaum hatte er ausgesprochen, als Malthus ein einziges Wort ausrief: „Calliope!“
    Diejenige der drei, die als Beset vorgestellt worden war, zuckte kaum merklich zusammen, genug allerdings, um Dagan zu zeigen, dass sie überrascht war. Dann drehte sie sich um und machte nach hinten ein Zeichen. Gleich darauf trat Calliope aus dem Schatten. Sie war begleitet von schwarz gekleideten Wachen in doppelter Anzahl wie die der Eskorte für Roxy und Naphré.
    Malthus fluchte vor sich hin. Dann trat er einen Schritt weiter vor und erklärte: „Sie kann nichts dafür. Ich habe sie gezwungen, uns hierher zu bringen. Ich habe ihr gedroht für den Fall, dass sie sich weigern sollte. Wenn jemand dafür verantwortlich ist, dann bin ich es. Ich will …“
    „… etwas entschuldigen, das unentschuldbar ist“, ergänzte Beset, indem sie ihm brüsk ins Wort fiel. „Ein Mitglied der Garde hat unseren Feind hier in unsere Mitte geführt.“
    Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Dieser Satz von Malthus klang Dagan in den Ohren, aber etwas dabei irritierte

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