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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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davon, dass Lokan sich im Takt mit ihr ebenfalls ins Zeug legte. Er blickte auf, als er spürte, dasssie ihn ansah, und meinte: „So kommen wir nicht weiter. Wir müssen aus dem Boot steigen.“
    Der Gedanke, den Feuersee schwimmend durchqueren zu müssen, war der blanke Horror. Bryn warf einen Blick auf die Schlange der Wartenden. Wenn sie sich dahinter anstellen sollten, war nicht abzusehen, wie lange sie hier festgehalten werden würden.
    Lokans Lächeln wirkte etwas verkrampft. „Auf die brauchen wir nicht zu warten.“ Dann legte er sein Paddel beiseite, schwang sich über die Bordkante und ließ sich ins Wasser gleiten.
    Bryn blieb das Herz fast stehen.
    Lokan stand im Wasser. Eine Weile passierte gar nichts. Dann knisterten plötzlich Funken an seinen Händen. Von den Fingerspitzen liefen sie bis zu den Schultern die Arme hinauf. Sein Gesicht verzog sich zu einer schmerzverzerrten Grimasse. Bald sah es aus, als beginne seine Haut zu schmelzen. Dennoch ließ er das Boot nicht los, sondern versuchte, es zu dem in einiger Entfernung liegenden Ufer zu schieben. Sein Atem ging schwer, und Bryn bemerkte, dass das Boot trotz all seiner Anstrengungen nicht von der Stelle kam.
    Es lag an ihr. Es ging nicht vorwärts, weil sie noch immer an Bord war. Da konnte er sich abmühen, wie er wollte. Bevor sie nicht auch ins Wasser stieg, nützte es alles nichts.
    Sie zitterte wie vom Fieber geschüttelt, und kalter Schweiß brach ihr aus. Was von Lokan aus dem Wasser ragte, war jetzt von züngelnden Flammen umgeben, und er stöhnte bei jedem Atemzug. Die Schmerzen, die er litt, mussten unvorstellbar sein. Bryn wollte sie sich gar nicht vorstellen. Sie war drauf und dran, sie selbst erdulden zu müssen. Die Angst davor fraß sie regelrecht auf. Tränen rannen ihr übers Gesicht. Aber dann dachte sie an ihre Tochter und hielt sich Danas Bild vor Augen. Sie war doch der Grund dafür, dass sie all das durchmachte. Mit einem Aufschrei ließ sich Bryn ins Wasser fallen.
    Rings um sie herum gellten die verzweifelten Schreie derer,die in Flammen standen. Krampfhaft hielt Bryn sich am Boot fest und versuchte mit aller Kraft, Lokan beim Schieben zu unterstützen. Währenddessen stand sie eine entsetzliche Angst aus, Lokan könnte die Etappe durch den Feuersee nicht heil überstehen. So wenigen war es vorbehalten, den Flammen zu entgehen. Und erst in diesem Augenblick fiel ihr auf, dass sie selbst vom Feuer verschont blieb. Es dauerte nicht lange, und sie wusste auch, warum.
    Instinktiv, gleichsam automatisch hatte sie ihre Seele von sich abgespalten, so wie sie es in jener Nacht gemacht hatte, um Dana zu schützen, als sie vor Jack weggelaufen waren. Deshalb war es auch reine Kraftvergeudung, das Boot bewegen zu wollen. Sie konnte ihre Fähigkeiten besser nutzen.
    Sie litt unsäglich. Es kam ihr vor, als würde sie mit Messern und Sägen gefoltert werden. Aber Bryn wusste mit diesem Schmerz umzugehen. Sie stellte sich nicht dagegen, erduldete ihn nicht nur, hieß ihn geradezu willkommen. Jede Welle nahm sie bewusst mit und nutzte sie, um den Schutzschild ihrer Seele auszuweiten, sodass dieser auch Lokan umfing und sie gewissermaßen beide wie in einer Blase steckten, die das Feuer von ihnen abhielt.
    Gleichzeitig stöhnten sie auf, Lokan vor Erleichterung und sie vor Schmerz. Der Terror und die Hitze übertrugen sich auf Bryn, da das Feuer unablässig an die schützende Hülle prasselte, die sie mit ihrer von sich losgerissenen Seele bildete.
    „Was zum Teufel machst du da?“, fauchte er. Sein Hemd hing in verkohlten Fetzen an ihm herunter. Auf seinem Oberkörper und an den Armen war die Haut bis auf das rohe Fleisch verbrannt. Die sprühenden Funken hatten deutliche Spuren bis zu seinem Gesicht hinauf hinterlassen und ihm die Haarspitzen angesengt. Was unterhalb der Wasseroberfläche lag, konnte sie nicht sehen, aber sie vermutete, dass er dort nicht weniger arg zugerichtet war.
    „Ich versuche, dir den Arsch zu retten“, brachte sie stockend hervor, wobei die Anstrengung, mit der sie ihre Seele von sichabspaltete und über sie beide ausbreitete, sie beinahe überwältigte, sodass sie sich jedes Wort einzeln abringen musste. Die Flammen brandeten unvermindert an, und wenn sie nicht standhielt, drohten sie, sie zu verzehren und nichts weiter von ihr übrig zu lassen als einen leeren, ausgebrannten Kokon. „Schwimm“, befahl sie ihm.
    Lokan warf ihr einen zornigen Blick zu, aber er gehorchte und begann zu schwimmen. Zug um Zug,

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