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Feuersuende

Feuersuende

Titel: Feuersuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Silver
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Oder im schlimmeren Falle hätte seine göttliche Kraft diese Hülle zerstört. Insofern war meine halb menschliche, halb göttliche Natur die ideale Lösung des Problems.“
    „Und was hält ihn davon ab, dich weiter zu verfolgen?“ Nichts natürlich. „Was spricht dagegen, dass Sutekh dasselbe noch einmal versucht, sobald du die zwölfte Pforte hinter dir hast?“ Auch nichts. Der Gedanke, dass alles wieder von vorn losging, war wenig erhebend.
    „Inzwischen habe ich seine Pläne ja durchschaut“, meinte er, um sie zu beruhigen. „Ich werde auf der Hut sein. Und da meine Brüder es offenbar irgendwie geschafft haben, mir meinen Körper zurückzugeben, heißt das wohl, dass sie wissen, was Sutekh getan hat. Der Rückhalt, den er bei ihnen hatte, dürfte damit restlos zerstört sein. Wenn er uns also nicht alle verlierenwill, wird er sich hüten, sich gegen einen von uns zu wenden, und nach einer anderen Möglichkeit suchen.“
    „Dana“, sagte Bryn mit einem Beben in der Stimme.
    Großartig. Er hatte sie beruhigen wollen, und nun hatte er sie auf eine noch schrecklichere Idee gebracht. Neuerdings besaß er wirklich ein Talent, kein Fettnäpfchen auszulassen.
    „Jetzt noch nicht“, erklärte er. „Sie ist noch ein Kind, und er wird nicht in den Körper eines Kindes fahren wollen. Außerdem ist sie – wenigstens noch eine Zeit lang – sterblich. Das heißt, so könnte es gar nicht funktionieren.“
    Eine ganze Weile schwieg Bryn. Dann meinte sie: „Vielleicht gibt es noch einen anderen Grund, warum er dir nicht noch einmal nachstellen wird. Vielleicht hat dich all das verändert, und du bist nicht mehr derselbe.“
    „Das bin ich in der Tat nicht mehr.“
    Sie nickte nur, sagte aber nichts weiter. Lokan überkam das Gefühl, dass sie etwas wusste, aber nicht damit herausrücken wollte. Offenbar wartete sie darauf, dass er von selbst darauf kam.
    Als sie der Pforte noch näher gekommen waren, bemerkte Lokan: „Hier sind ja gar keine Wachen.“
    Auch Bryn war das aufgefallen. Eigenartig war außerdem, dass sich ihr dieses Mal kein möglicher Name für die Pforte aufdrängte.
    „Ich glaube nicht, dass es eine der zwölf Pforten ist“, entschied sie.
    „Aber es sieht doch aus wie eine Pforte.“
    „Wie ein Torbogen, ja. Aber deshalb muss es nicht unbedingt eine der Pforten sein. Mir würden sonst blutige Tränen aus den Augen treten, und ich würde spontan irgendwelche Namen rufen.“
    „Also ist das hier keine der zwölf Pforten, sondern nur ein Durchgang oder eine Durchfahrt. Vielleicht die Durchfahrt zu einer Pforte?“
    Als sie sich noch dichter davor befanden, konnten sie erkennen, dass sich auf der anderen Seite des Torbogens ein grünlicher See mit brackigem Wasser ausbreitete. Alles mögliche Grünzeug schwamm auf der Oberfläche, ein Gewirr aus Stängeln und Blättern, die ein Aroma von Thymian, Salbei und anderen, weniger angenehmen Gerüchen verbreiteten. Bryn musste an Teufelsdreck denken, eine asiatische Pflanze, aus der ein übel riechendes Harz gewonnen wurde. Aber noch etwas mischte sich da hinein: der Gestank nach versengtem Haar und verbranntem Fleisch.
    Durch Flammen hindurch waren schemenhaft sich windende Menschenleiber auszumachen. Es waren genau zwölf, hatte Bryn nachgezählt. Und wenn eine der Gestalten mit einem letzten, entsetzlichen Aufschrei versank, trat aus einer endlos scheinenden Warteschlange am Ufer eine nächste Seele an den Uferrand und wagte die ersten zaghaften Schritte in die grüne Brühe.
    Einen Augenblick lang dachte Bryn, dieser hier würde es überstehen. Die Wasser verbrannten nur die, die sich schuldig gemacht hatten, und Bryn war sicher, dass es unter den Wartenden auch einige reine Seelen gab. In diesem Falle war es keine. Mit einem Fauchen ergriffen die Flammen die Gestalt, und ein durchdringender Schmerzensschrei mischte sich in die Schreie der anderen. Bryn umfasste ihr Ruder fester und ruderte weiter, indem sie ihre ganze Kraft in jeden einzelnen Zug des Paddels legte. Sie wollte weg von diesem Ort. Er ängstigte sie mehr als all die anderen, die sie schon hinter sich hatten. Möglicherweise lag es daran, dass das hier keine wirkliche Pforte war und ihr so auch die magischen Namen und Sprüche nicht zu Hilfe kamen. Hier gab es nur sie, Lokan und das Feuer für die verdammten Seelen.
    Bald wurde ihr klar, dass, ganz gleich wie eifrig sie paddelte, das Boot sich nicht von der Stelle rührte. Mit einem Blick über die Schulter überzeugte sie sich

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