Feuertanz
Mistgabeln und Schaufeln standen in einer Ecke, im Übrigen war der Stall leer. Sauber und ordentlich. Aber bei weitem nicht so blitzsauber wie das Büro. Erik hatte Recht. Jemand hatte diesen Raum erst kürzlich äußerst sorgfältig geputzt.
»Hier gibt es nicht viel zu sehen«, meinte Erik und machte eine Handbewegung, die den ganzen großen Stall einschloss.
Zielbewusst ging er auf eine alte, verzogene Tür zu, die schief in ihren Angeln hing. Im Gegensatz zu Irene musste er seinen Kopf nicht einziehen.
»Hier befindet sich ein großer Lagerraum. Oder eher eine Art Garage. Hier stehen ein alter Traktor, ein paar Maschinen und andere alte Dinge«, meinte er vage, denn er kannte sich mit Landwirtschaftsmaschinen nicht sonderlich gut aus.
Im Lagerraum war es recht dunkel, denn durch die kleinen schmutzigen Fenster, die voller Spinnweben waren, drang kaum Licht. Die Umrisse eines Traktors und eines Gegenstandes, der eine Egge zu sein schien, waren auszumachen.
»Gibt es eine Lampe?«, wollte Irene wissen.
»Klar. Just a moment«, ließ sich Eriks Stimme aus dem Halbdunkel vernehmen.
Einige Sekunden später begannen ein paar müde Leuchtstoffröhren an der Decke zu blinken. Staub und Spinnweben dämpften das Licht erheblich, aber trotzdem konnte man nun erkennen, was der große Lagerraum barg.
»Sie können da drüben anfangen, wo Sie gerade stehen, dann beginne ich hier. Wenn Sie was Interessantes entdecken, bloß nicht anfassen!«, sagte Irene.
»Okay, Chief Inspector!«, antwortete Erik und salutierte, was Irene erneut an die Beliebtheit amerikanischer Serien erinnerte.
Offenbar diente der große Raum schon seit Jahrzehnten als Rumpelkammer. Irene wurde richtig wehmütig, als sie ein hellblaues Moped erblickte, wie es ihr Vater einmal besessen hatte, nur die Reifen fehlten. Mit seinem Moped war ihr Vater bei jeder Witterung zur Arbeit gefahren, bis sie 1962 das erste Auto gekauft hatten. Irene war zu jung, um sich noch an die Zeit vor dem Auto zu erinnern, aber an das Moped erinnerte sie sich, weil ihr Vater es behalten hatte. Sie hatte es dann zu ihrem fünfzehnten Geburtstag geschenkt bekommen, ein unbeschreibliches Glück! Ihr Vater hatte es sorgfältig wieder instand gesetzt, und es war wie ein Uhrwerk gelaufen. Einige Mitschüler hatten sie wegen ihres alten Mopeds verspottet, aber das war ihr egal gewesen. Sie hatte ihr hellblaues Puch geliebt und war jahrelang darauf herumgedüst.
Eine Stimme vom anderen Ende des Lagerraums riss sie aus ihren Gedanken: »Schau an! Ein Bett!«
Irene bahnte sich einen Weg zu Erik. Er deutete auf den Verschlag unter der wackligen Holztreppe, die auf den Heuboden führte. Eingeklemmt zwischen zwei Spanplatten stand ein Feldbett. Irene erinnerte sich daran, wie sie in den Sommerferien bei ihren Großeltern väterlicherseits in Falkenberg auf so einem Bett geschlafen hatte. Der Rahmen war aus Holz und wies in der Mitte Scharniere auf. Es besaß einen Kettenrost, der beim Zusammenklappen quietschte.
»Es ist nicht so schmutzig wie die anderen Sachen«, erläuterte Erik mit unverkennbarer Erregung. Bei vielen Leuten zeitigte die polizeiliche Arbeit diese Wirkung.
»Sie haben Recht. Wir lassen es, wie es ist. Vielleicht finden wir ja noch mehr. Beispielsweise Kleider oder Bettwäsche«, meinte Irene.
Rasch erklomm Erik die knarrende Treppe zum Heuboden. Er schien keinen Gedanken daran zu verschwenden, dass sich seine hellen Hosen und seine Wildlederjacke kaum dafür eigneten, schmutzige, alte Ställe zu durchsuchen. Irene hörte seine Schritte auf den knarrenden Brettern. Hoffentlich bricht er nicht ein, dachte sie. Vermutlich besaßen Makler eine Versicherung, die Unfälle während der Arbeit abdeckte. Aber betätigte er sich momentan wirklich als Makler? Sie mussten es wohl behaupten, falls ihm etwas zustieß.
Irene untersuchte das Gerümpel, ohne noch etwas zu finden. Aber das Bett war interessant, das musste sie zugeben.
Erik kam wieder herunter und berichtete, dass es auf dem Heuboden nur altes Heu und eine erstaunliche Zahl Mäuse gebe. Ohne es zu merken, wischte er sich seine schmutzigen Hände an den hellen Hosen ab. Deutliche Handabdrücke waren auf seinen Oberschenkeln zu sehen. Noch schlimmer wurde es, als er sich über die Stirn fuhr. Er sah aus, als hätte er Tarnbemalung aufgetragen.
»Sie werden sich wohl waschen und umziehen müssen, ehe Sie heute Nachmittag den nächsten Kunden treffen«, lachte Irene.
»Kein Problem. Der nächste
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