Feuertanz
fertig werden musste. Glücklicherweise hatte sie bislang nie eine ernsthaftere Infektion oder Krankheit gehabt, Irene war jedoch klar, dass es Probleme geben würde, wenn es einmal soweit war.
»Wollen Sie Tänzer werden?«, fragte Krister.
Felipe lächelte und zuckte leicht mit den Schultern. »Ich bin es bereits. Ich begann schon als Dreijähriger mit dem Tanzen. Ich bin freischaffend tätig und gebe Unterricht in Capoeira. Aber ich habe keine Lust, nur zu tanzen, wie mein Vater das getan hat. Seine Gelenke sind vollkommen hinüber.«
»Ist er Rentner? Gisela Bagge sagte, dass sich Tänzer recht früh pensionieren lassen …«, meinte Irene vage.
»Er hat vor fünfzehn Jahren mit dem Tanzen aufgehört. Heute verkauft er bei Folksam Versicherungen.«
»Was könnten Sie sich denn anstelle des Tanzes vorstellen?«, fuhr Krister mit seinem vorsichtigen Verhör fort.
Nach so vielen Jahren zusammen mit einer Polizistin beherrschte auch er die Technik.
»Architektur. Aber meine Noten sind nicht gut genug. Ich bin etwa auf Platz 33 der Nachrückliste für das Wintersemester.«
»Gibt es nicht wahnsinnig viele arbeitslose Architekten?«
Felipe lächelte und warf seine rasselnden Zöpfchen nach hinten. »Das kommt ganz darauf an, was für Häuser man entwirft.«
Vielleicht war da was dran. Katarina schaute so, als seien das die klügsten Worte, die sie je gehört hatte. Irene unterdrückte einen Seufzer. Ihre Tochter war rettungslos verloren. Es war ihr aber trotz allem lieber, dass Felipe und nicht Marcelo das Objekt ihrer heißen Gefühle war.
Der erste Montag im November war so grau, wie man es vom ersten Montagmorgen im November erwartete. Ein feuchter Nebel klebte an der Windschutzscheibe, und die ganze Stadt troff vor Nässe. Es war nur wenige Grad über Null, und in der Wettervorhersage war für den Nachmittag von einem Wetterumschlag die Rede gewesen. Ein von Osten einziehendes Hochdruckgebiet würde einige Tage lang für klares Wetter und Minusgrade sorgen. Das war eine schöne Abwechslung zu dem traurigen Regen, der die vergangene Woche dominiert hatte.
Katarina hatte von Felipe zwei Freikarten für den FEUERTANZ erhalten und ihre kulturell ungebildete Mutter zur Premiere eingeladen. Irene ließ sich nicht zweimal bitten, denn sie war wirklich gespannt auf Sophies Tanzmärchen. Immerhin etwas, worauf man sich freuen kann, dachte sie und erhöhte die Geschwindigkeit des Scheibenwischers.
Die Woche begann hektisch mit einem unerfreulichen Fall von schwerer Körperverletzung, der eng mit einer laufenden Ermittlung verflochten war, die die Zeitungen »Bandenmord« getauft hatten. Der Anführer einer Immigrantengang aus Gårdsten und Lövgärdet war am vorhergehenden Wochenende auf dem Hauptbahnhof erstochen worden. Das Opfer hieß Roberto Oliviera, und seine Bande nannte sich »Pumas«. Der Tatverdächtige gehörte zu einer rivalisierenden Bande. Er war von dem jungen Mann, der jetzt schwer verletzt im Östlichen Krankenhaus lag, als Täter identifiziert worden. Der junge Mann war nach einer schweren Schädelverletzung immer noch ohne Bewusstsein. Der Mann, der unter Mordverdacht stand, besaß wasserdichte Alibis, sowohl für den Zeitpunkt des Mordes von vor einer Woche als auch für die schwere Körperverletzung vom Wochenende. Der Haken war nur, dass die Alibis von seiner Verwandtschaft stammten, die aus Großeltern väterlicher- und mütterlicherseits, Geschwistern, Cousins und Cousinen bestand. Alle jungen Männer aus diesem Kreis waren überdies Mitglieder seiner Gang. Zahlreiche Personen mussten verhört werden, manche benötigten einen Dolmetscher, manche wiederum nicht, da sie sich ohnehin weigerten, den Mund aufzumachen. Die Ermittlung zog immer weitere Kreise und nahm während der ersten Hälfte der Woche die gesamte Kapazität des Dezernates in Anspruch.
Irene rief einige Male bei Ingrid Hagberg an, um sich mit ihr für Freitag zu verabreden, aber niemand hob ab. Das musste also bis zur folgenden Woche warten. Sie hatte mit den Verhören zum Bandenmord und der schweren Körperverletzung ohnehin genug zu tun.
Am Mittwoch nahm Irene drei Pizzen zum Abendessen mit. Ihre Töchter und sie aßen sie rasch direkt aus der Schachtel. Jenny hatte sich eine vegetarische Pizza ohne Käse bestellt. Irene hatte sich in der Wartezeit die Speisekarte angesehen. Es gab 111 verschiedene Pizzen. Wie einfallslos, immer dieselbe zu kaufen, wie Frej das getan hatte. Obwohl er dann offenbar auf Kebab
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