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Feuertaufe

Feuertaufe

Titel: Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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dich nicht auf. Aber schau der Wahrheit ins Gesicht. Du hast Ciri an Kindes statt angenommen und hältst dich für ihren Beschützer. Aber das ist kein gewöhnliches Mädchen. Das ist ein Königskind, Geralt. Ihr steht, was gibt's da groß zu reden, ein Thron zu. Ein Palast. Eine Krone. Ich weiß nicht, ob ausgerechnet die von Nilfgaard. Ich weiß nicht, ob Emhyr der beste Ehemann für sie ist...«
    »In der Tat. Du weißt es nicht.«
    »Und du weißt es?«
    Der Hexer schlang die Decke um sich. »Du strebst offensichtlich auf eine Schlussfolgerung zu. Aber gib dir keine Mühe, ich weiß, wie sie lautet. Es hat keinen Sinn, Ciri vor einem Schicksal zu retten, das ihr von Geburt an zusteht. Denn die gerettete Ciri ist bereit, uns von ihren Trabanten die Treppe hinunterwerfen zu lassen. Also lassen wir es sein. Ja?«
    Rittersporn öffnete den Mund, doch Geralt ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    »Das Mädchen«, fuhr er fort, und seine Stimme änderte sich immer stärker, »hat ja kein Drache und kein böser Zauberer geraubt, es haben sie keine Piraten entführt, um Lösegeld zu erpressen. Sie sitzt nicht im Turm, im Kerker oder im Käfig, man foltert sie nicht und lässt sie nicht hungern. Ganz im Gegenteil. Sie schläft auf Damast, speist von Silber, trägt Seide und Spitze, ist mit Schmuck behängt, und es fehlt nicht viel, dass sie gekrönt wird. Kurzum, sie ist glücklich. Aber irgend so ein Hexer, der ihr irgendwann einmal durch eine unglückliche Fügung über den Weg gelaufen ist, hat sich in den Kopf gesetzt, dieses Glück zu stören, zu verderben, zu vernichten, es mit seinen löchrigen Stiefeln zu treten, die er von irgendeinem Elf geerbt hat. Ja?«
    »Das habe ich nicht gemeint«, murmelte Rittersporn.
    »Er hat nicht zu dir geredet.« Milva tauchte plötzlich aus der Finsternis auf, setzte sich nach kurzem Zögern neben den Hexer. »Das ging an mich. Es waren meine Worte, die ihm so zugesetzt haben. Ich hab's aus Wut gesagt, ohne mir was dabei zu denken... Verzeih mir, Geralt. Ich weiß, wie das ist, wenn man Salz in eine frische Wunde streut... Na, sei nicht böse. Ich tu das nie wieder. Verzeihst du mir? Oder soll ich dir einen Versöhnungsschmatz geben?«
    Ohne eine Antwort oder Erlaubnis abzuwarten, schlang sie ihm kräftig die Arme um den Hals und küsste ihn auf die Wange. Er drückte ihr fest die Schulter.
    »Rück näher.« Er räusperte sich. »Du auch, Rittersporn. Zusammen ... haben wir's wärmer.«
    Lange schwiegen sie. Über den vom Feuerschein erhellten Himmel zogen Wolken, verdeckten die blinkenden Sterne.
    »Ich will euch etwas sagen«, ließ sich Geralt schließlich vernehmen. »Aber ihr müsst versprechen, dass ihr nicht lacht.« »Red.«
    »Ich hatte seltsame Träume. Im Brokilon. Erst dachte ich, es seien Wahnbilder. Dass etwas mit meinem Kopf nicht stimmt. Schaut ich habe auf Thanedd ordentlich was auf den Kopf bekommen. Aber seit ein paar Tagen habe ich immerzu den gleichen Traum. Fortwährend den gleichen.«
    Rittersporn und Milva schwiegen.
    »Ciri«, fuhr er nach einer Weile fort, »schläft nicht in einem Palast unter einem Brokatbaldachin. Sie reitet durch irgendein staubiges Dorf... Die Bauern zeigen mit Fingern auf sie. Sie nennen sie bei einem Namen, den ich nicht kenne. Hunde jaulen. Sie ist nicht allein. Da sind noch andere. Ein Mädchen mit kurzen Haaren, sie hält Ciri bei der Hand ... Ciri lächelt ihr zu. Dieses Lächeln gefällt mir nicht. Mir gefällt nicht, wie grell sie geschminkt ist... Und am wenigsten gefällt mir, dass ihr auf ihren Wegen der Tod folgt.«
    »Wo also ist das Mädchen?«, schnurrte Milva und schmiegte sich wie eine Katze an ihn. »Nicht in Nilfgaard?«
    »Ich weiß nicht«, brachte er mit Mühe hervor. »Aber ich hatte den Traum mehrere Male. Das Problem besteht darin, dass ich nicht an solche Träume glaube.«
    »Dann bist du dumm. Ich glaube dran.«
    »Ich weiß nicht«, wiederholte er. »Aber ich fühle etwas. Vor ihr ist Feuer, hinter ihr der Tod. Ich muss mich beeilen.«
     
    Im Morgengrauen begann es zu regnen. Nicht so stark wie am Tag zuvor, als mit dem Gewitter ein starker, aber kurzer Regenguss gekommen war. Der Himmel wurde grau und überzog sich mit einer bleiernen Decke. Es begann zu nieseln, ein dünner, gleichförmiger und lästiger Sprühregen.
    Sie ritten nach Osten. Milva führte. Als Geralt sie darauf hinwies, dass die Jaruga im Süden lag, kanzelte ihn die Bogenschützin ab und erinnerte ihn daran, dass sie die Führerin sei und

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