Feuerteufel: Roman (German Edition)
Christer sagen, dass das ziemlich schrecklich aussah, vor allem in Kombination mit den gestreiften Stuhlkissen, die er selbst vor ein paar Jahren in Bergvik erstanden hatte.
Er konnte sich nicht mehr recht entsinnen, wie das Tuch da hingekommen war, außer dass es irgendwann im Frühjahr gewesen sein musste. Vielleicht im Mai. Eines Tages hatte Gunvor es aus einer Tüte geholt und auf den Plastiktisch gelegt.
»Ein bisschen Farbe frischt immer auf«, hatte sie festgestellt. »Und dann sieht man die Flecken auch nicht. Das ist doch schön, oder?«
Christer hatte geknurrt und genickt. Die Möglichkeit, auch nur im Geringsten ihre Fürsorge zu kritisieren, existierte in seiner Welt nicht. Das war schlicht undenkbar.
Auffrischen. Er war nun mal so einer, um den man sich kümmern und den man auffrischen musste.
Er nahm einen Schluck aus dem Bierglas und schaute übers Geländer zum Parkplatz vor dem Coop. Nein, es war überhaupt nicht verwunderlich, dass niemand, weder seine Nachbarn noch Leute aus den anderen Häusern ringsherum, den nächtlichen Anrufer gesehen hatte. Die Telefonzelle, aus der die Anrufe an Mirjam Fransson getätigt worden waren, war zur Hälfte hinter dem grauen Betonsockel verborgen, der als eine Art Dekoration des Platzes aufgestellt worden war. Die Kollegen würden am folgenden Tag mit der Befragung weitermachen, aber Christer gab sich keinen großen Hoffnungen hin, dass sie etwas herausfinden würden.
Da fiel ihm Petra wieder ein, wie sie mit der Kaffeetasse vor dem Fenster stand, als würde sie frieren. Das Bild hatte sich ihm eingebrannt. Vermutlich war sie viel mehr erschüttert, als sie zugegeben hatte. Er kannte sie, Petra gehörte nicht zu denen, die sich beklagten oder jammerten.
Auf dem Apfeltuch vibrierte das Handy. Christer nahm es auf und sah aufs Display. Was konnte Tina von ihm wollen? Um diese Tageszeit? Es war doch wohl nichts mit den Eltern?
»Hallo, Chrille«, sagte sie, als er ranging. »Du warst hoffentlich noch nicht im Bett, oder?«
Sie klang genauso wie immer, und er atmete durch.
»Nein, nein, kein Problem. Wie geht es euch? Ich habe gehört, dass ihr ein Haus gekauft habt. Herzlichen Glückwunsch.«
Ihm wurde klar, dass sie über einen Monat nicht miteinander gesprochen hatten.
»Ja, hat Mama das erzählt? In Partille. Es kommt mir noch total unwirklich vor, dass es jetzt tatsächlich durch sein soll. Das Bieten war ein Albtraum. Du musst unbedingt mal runterkommen und uns besuchen, wenn wir eingezogen sind. Da freut sich Xerxes.«
Sie sprachen oft davon, dass er mal nach Göteborg kommen sollte, und er wollte das auch, wollte einen guten Kontakt zu seinem Neffen haben, doch aus irgendeinem Grund wurde nie etwas draus. Irgendetwas stand da im Weg.
»Ich werde es versuchen.«
Christer nahm noch einen Schluck Bier und stellte das Glas auf den Tisch.
»Ja, ich habe gehört, dass du dieses Jahr wieder aushilfsweise Chef bist«, fuhr Tina fort. »Wie toll! Du machst echt fett Karriere, Brüderchen.«
»Na ja, was man so Karriere nennt.«
Im Vergleich zu ihrem schnellen Aufstieg bei AstraZeneca war sein sporadisches Chef-Dasein nichts, womit er sich brüsten konnte. Von Mats Bauunternehmen ganz zu schweigen. An Ostern hatte er einhundertzwanzig Angestellte gehabt, und inzwischen waren es sicher noch mehr.
»Du, und noch was«, begann Tina.
»Ja?«
»Ich habe heute mit Mama geredet.«
Christer lehnte sich wieder an die Wand.
Ich weiß, dass ich es sollte. Ich weiß.
»Es strengt sie an«, fuhr Tina fort. »Jetzt haben sie zwar die von der Sozialstation, die Papa helfen zu duschen und sich anzuziehen und so, aber es ist so viel anderes zu tun. Der Garten und das Auto und alles.«
»Schon klar, ich weiß«, sagte Christer und schloss die Augen.
»Findest du es belastend, ihn jetzt zu sehen?«, fragte Tina. »Oder woran liegt es, dass du nicht mehr so oft hingehst wie früher?«
»Hat Mama was gesagt, oder wie?«
Christer machte die Augen wieder auf. Der Himmel war von Hellblau in Orange übergegangen.
»Nein, nicht direkt«, meinte Tina, »aber aus dem, was sie gesagt hat, höre ich raus, dass sie deine Hilfe brauchen.«
»Du hast gut reden, sitzt dreihundertfünfzig Kilometer weit weg und verlangst eine Menge Sachen von mir«, sagte er. »Ich habe ja vielleicht auch ein Leben.«
Tina schlug sofort zurück.
»So leicht ist das nicht, wie du denkst. Ich mache mir hier wie blöd Sorgen, wenn sie nicht ans Telefon gehen, rufe ich wie eine Bekloppte alle
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