Feuertochter: Roman (German Edition)
Herz zu stoßen.
Zum ersten Mal kamen ihm Zweifel, ob es wirklich klug gewesen war, Ciara zu heiraten, nur um sich das Wohlverhalten der Iren zu sichern. Vielleicht hätte er sich zuerst das Land geben und dann unter den Töchtern der englischen Siedler eine Frau suchen sollen. Allerdings hätte er sich die Iren damit doppelt zum Feind gemacht.
»Wie man es auch immer anfängt, ist es falsch«, murmelte er, verabschiedete sich von dem Hafenbeamten und stieg zu Ciara in die Kammer hinauf. Sie lag bereits im Bett und hatte das Gesicht zur Wand gedreht.
»Ich dachte, wir wollten essen?«, fragte er verärgert.
»Mir ist nicht gut! Ich würde jetzt keinen Bissen hinunterbringen. Vielleicht heute Abend wieder.«
»Ich hoffe, du bist heute Abend noch zu etwas mehr in der Lage, als nur zu essen.«
Simon ließ keinen Zweifel daran, dass er sein Recht als Ehemann einfordern würde. In dieser Hinsicht hatte er es nicht schlecht getroffen, dachte er. Ciara war schön, und es machte ihm Freude, sie zu nehmen. Außerdem erinnerte sie ihn immer an seinen Triumph über Ferdinand. Wenn er ehrlich zu sich war, hatte er den Burschen bereits gehasst, als dieser noch ein kleiner Junge gewesen war. Sein Oheim Franz hatte Ferdinand wie einen Sohn behandelt, während er selbst nur der Neffe aus einer Ehe gewesen war, die das Haupt der Familie missbilligt hatte.
Verwundert, dass ihm ausgerechnet jetzt solche Gedanken durch den Kopf schossen, verließ Simon die Kammer wieder und betrat die Wirtsstube. Der Wirt brachte ihm einen Krug schäumenden Ales und berichtete lang und breit, welche Leckerbissen seine Frau in der Küche zaubern konnte.
Simon entschied sich für eine Pastete aus Schweinefleisch, Zwiebeln, Äpfeln und Pflaumen und aß diese anschließend mit gutem Appetit. Irgendwann erschien Deasún und meldete, dass die Pferde sich im Stall der Herberge befänden. Dabei äugte er so hungrig auf Simons Teller, dass es auffallen musste.
In dem Bewusstsein, dass er seinen Diener ernähren musste, befahl Simon dem Wirt, diesem ebenfalls etwas zu essen zu bringen, und fragte anschließend nach dem kürzesten Weg in die Hauptstadt.
9.
S imon hielt es nicht lange in Bristol. Ohne Rücksicht darauf, dass Ciara noch unter den Strapazen der Überfahrt zu leiden schien, brachen sie auf. Den größten Teil des Weges ritten sie, ohne es zu ahnen, auf denselben Straßen, die Robert Devereux, der Earl of Essex, bei seiner überstürzten Rückkehr aus Irland benutzt hatte. Nur übernachteten sie nicht in Herrenhäusern, sondern in Herbergen, die oft genug nur den einfachsten Ansprüchen genügten.
Obwohl Ciara den Kontakt mit den Engländern mied und lediglich gelegentlich ein paar Worte mit den Mägden wechselte, die sie bedienten, begriff sie bald, dass nicht alle Engländer dem Bild entsprachen, das sie sich von ihnen gemacht hatte. Genau wie bei den Iren gab es höfliche Menschen, die ihnen halfen, wie der Gutsherr, der nicht nur seinem Schmied befahl, das verlorene Eisen ihres Pferdes zu ersetzen, sondern ihnen auch Obdach für die Nacht anbot. Dennoch war Ciara froh, als die ersten Vororte von London vor ihnen auftauchten, denn sie nahm an, dass Simon von hier aus mit ihr zusammen in seine Heimat aufbrechen würde. Den Gedanken, nach Irland zurückkehren zu können, hatte sie aufgegeben.
War ihr Bristol bereits laut und übelriechend erschienen, so war es in London noch weitaus schlimmer. Als sie in die Stadt einritten, musste sie sich einen Zipfel ihres Mantels vor Mund und Nase halten, um wenigstens dem übelsten Gestank zu entgehen. Sauber waren die Straßen auch nicht gerade. Es gab zu viele Pferde hier, die ihre Äpfel fallen ließen und für kleine Überschwemmungen sorgten, und die Bewohner schienen ihre Abfälle einfach aus den Häusern zu werfen.
Ciara schauderte es, und sie sprach Simon ausnahmsweise von sich aus an. »Wir sollten nicht lange an diesem Ort verweilen. Hier verschlägt es mir schier den Atem!«
»Ein paar Tage werden wir bleiben, denn ich muss einige Herren aufsuchen und kann nicht damit rechnen, sofort vorgelassen zu werden«, antwortete Simon scheinbar bedauernd.
Im Stillen hoffte er, rasch Zutritt zu Robert Cecil zu erhalten, den Richard Haresgill einen guten Freund genannt hatte. Zwar hatte er auch Empfehlungsschreiben für zwei andere Herren erhalten, die sein Anliegen unterstützen konnten, doch er war sicher, dass diese eine Belohnung dafür verlangen würden. Sein Geldbeutel war mittlerweile so
Weitere Kostenlose Bücher