Feuertochter: Roman (German Edition)
Simon sich zufrieden vor dem O’Néill verbeugte, fühlte Ciara einen Stich in der Brust. Simons offen zur Schau getragene Gier nach Reichtum und Ansehen stieß sie ab. Ihr Blick wanderte zu Ferdinand, der nachdenklich wirkte. War er auch so hinter Besitz her wie sein Vetter? Wahrscheinlich schon, vermutete sie und befürchtete, dass ihr die zweite Enttäuschung an diesem Tag bevorstand. Ein kleiner Teufel hinter ihrer Stirn zwang sie dazu, die entsprechende Frage zu stellen. »Und wie steht es mit Euch, Herr Ferdinand? Wünscht auch Ihr die Hand einer Erbin und reichen Lohn zu erlangen?«
»Für beides müsste Ferdinand erst einmal etwas leisten!«, warf Simon spöttisch ein.
Einen Augenblick verfinsterte sich Ferdinands Miene, dann lachte er leise auf. »Mein Vetter spricht die Wahrheit, Maighdean Ciara. Um Anspruch auf höheren Lohn zu haben, muss ich mir erst noch Ruhm erwerben. Was ein Weib betrifft, so hoffe ich, dass meine Verhältnisse es mir einmal erlauben werden, selbst die Wahl treffen zu können.«
Das war ein gut gezielter Stich gegen seinen Vetter, fand Ciara, und es machte ihr Ferdinand noch sympathischer. Natürlich war er nicht der Mann, den sie einmal heiraten wollte. Zum einen war er kein Ire, und zum anderen …
Sie brach den Gedanken ab, da ihr nichts einfiel, was gegen Ferdinand sprach. Selbst der Umstand, dass er Ausländer war, hatte nichts zu sagen. Immerhin heirateten irische Edelleute auch Frauen aus Frankreich, ja sogar aus England, und so manche irische Maid war einem Fremden in dessen Heimat gefolgt. Verwundert darüber, wohin sich ihre Gedanken verirrten, trank sie einen Schluck Met, während sie den Anführern lauschte, die sich gegenseitig mittlerweile so belauerten, als seien sie Feinde.
Aodh Ruadh O’Domhnaill musterte seinen Verbündeten und Konkurrenten zufrieden. »Wie es aussieht, können wir bald nach Sligeach vorstoßen und die Stadt einnehmen.«
»Eines meiner nächsten Ziele wird Inis Ceithleann sein«, konterte der O’Néill diesen Trumpf.
So ging es eine ganze Weile hin und her. Beide Männer strichen ihre Bedeutung heraus und übertrafen sich mit ihren Plänen, wie sie die Engländer besiegen wollten. Im Grunde waren sie sich jedoch bereits so gut wie einig. Da die Engländer sich in ihre altüberlieferten Rechte einzumischen gewagt hatten, mussten sie in ihre Schranken gewiesen werden. Aodh Mór O’Néill hatte erleben müssen, wie einer seiner Vettern von Henry Bagenal um sein Land gebracht worden war. Dabei war er von dem Engländer sogar gezwungen worden, ihn dabei zu unterstützen. Angesichts der Macht der englischen Königin hatte er lange Zeit gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Nun aber ging es um die Frage, ob er weiterhin das Oberhaupt der Ui’Néill von Uladh bleiben oder ein beliebiger Landedelmann werden wollte, der vor einem englischen Friedensrichter das Haupt beugen musste.
O’Domhnaill berichtete seinerseits, dass man auch ihm ein größeres Gebiet hatte abpressen wollen. »Der Landhunger der Engländer ist unersättlich! Besitzt einer von ihnen ein Gut mit zehn Pächtern, will er eines mit zwanzig haben. Die nachgeborenen Söhne von Landedelmännern streben hier in Irland den Rang eines Barons an oder gar den eines Earls mit dem entsprechenden Land. Wir Iren sind für sie Wilde, die man ungestraft betrügen und fortjagen kann. Wenn wir ihnen nicht die Zähne ziehen, werden wir als Pächter auf dem eigenen Land enden.«
Während Simon von Kirchberg überlegte, wie viel Land er am Ende von den Iren für sich fordern konnte, gingen Ferdinands Gedanken ihre eigenen Wege. So siegessicher, wie sie sich nach außen hin gaben, schienen die beiden großen Rebellenführer nicht zu sein. Was aber war, wenn sie diesen Krieg verloren? Von Aithil hatte er erfahren, dass die Ui’Corra bereits einmal von ihrem Land vertrieben worden waren. Wenn dies wieder geschah, was würde dann aus Ciara werden? Ihre Kindheit und Jugend hatte sie in einem abgelegenen Turm an der Küste von Tir Chonaill verbracht, in einer Gegend, die so steinig war, dass dort nichts wachsen konnte. Würde sie im Fall einer Niederlage dorthin zurückkehren müssen? Was ihm noch wichtiger erschien, war die Frage, ob die Engländer und die mit ihnen verbündeten Clans Ciara und ihre Leute dort in Ruhe ließen.
In diesen Stunden schwor Ferdinand sich, alles zu tun, damit Ciara sicher und in Frieden leben konnte. Dies hieß für ihn, zu kämpfen und zu zeigen, dass er mehr war als nur
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