Feuerwellen: Ein erotischer Roman (German Edition)
bestellte zwei Espressi und nahm Phoebes Hand. Wenn sein Handeln wirtschaftlich auch richtig gewesen war, hätte er seine Tochter doch darauf vorbereiten müssen. Und das hatte er nicht getan, weil er zu feige gewesen war. Er seufzte.
»Ich hätte mit dir darüber sprechen müssen, Phoebe. Ich weiß das. Aber ich habe es immer vor mir hergeschoben, und dann war es plötzlich zu spät. Bitte, glaub mir, dass es mir sehr leid tut. Ich werde so etwas nie wieder tun, das verspreche ich dir.«
Dazu wirst du auch keine Gelegenheit haben, dachte Phoebe und entzog ihrem Vater die Hand. Matthew seufzte. Seine Tochter war genauso dickköpfig wie er.
»Also – was soll ich tun, Phoebe? Rückgängig kann ich es nicht machen. Und ich kann Dariusz auch nicht zurückholen, aber wenn ich es könnte, dann säße er in diesem Augenblick hier bei uns, believe me .«
Phoebe schluckte. »Ich werde mich mit dem Projektleiter treffen. Ich habe ihn vorhin angerufen. Keine Ahnung, ob der Job etwas für mich ist, aber ich werde mir seine Ideen anhören. Zufrieden, Vater?« Ihre Stimme zitterte. Es war immer dasselbe. Matthew setzte sich durch, und sie gehorchte ihm. Friedewald nickte zufrieden. Der Krieg war noch nicht gewonnen, aber eine wichtige Schlacht ging auf sein Konto. Er machte dem Kellner ein Zeichen, die Rechnung zu bringen. Phoebe leerte ihr Glas und wartete schweigend, bis ihr Vater bezahlt hatte. In dem Bewusstsein, dass es noch einige Zeit dauern würde, bis sich ihr Verhältnis zueinander wieder als entspannt bezeichnen ließe, traten sie auf den Gendarmenmarkt. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Während sie in Richtung Friedrichstraße schlenderten, hakte sich ihr Vater bei ihr unter. Phoebe war irritiert über die vertraute Geste, die sie von ihm nicht kannte. Dann räusperte er sich und blieb plötzlich stehen. Touristen, denen sie im Weg standen, liefen murrend an ihnen vorbei. Auch das ist Berlin, dachte Phoebe, will ich das?
»Mädchen.« Matthew sah ernst aus. »Ich habe eine Idee. Aber ich verwirkliche sie nur, wenn du ja dazu sagst.« Jetzt leuchteten seine Augen spitzbübisch auf. »Ich nehme mir hier eine Wohnung.«
Phoebe blickte ihn mit Erstaunen an, fing sich aber schnell wieder und sagte dann mit ironischem Unterton: »Da wird sich Leon aber freuen.«
»Ich dachte eher, du würdest dich freuen. Ich habe gemerkt, wie schön es ist, wenn du in meiner Nähe bist, und da dachte ich …« Er zuckte mit den Schultern.
Jetzt war es Phoebe, die wie ein Spitzbube grinste. Sie tippte mit dem Finger auf seine Brust und sagte schelmisch: »Du willst nur kontrollieren, ob ich den Museumsjob gut mache, hab ich recht?«
Matthew nahm den Ball auf und spielte ihn zurück. »Du sagst es. Und Leon braucht auch ein bisschen – wie sagt man? – Supervision.«
Phoebe schüttelte den Kopf. Ihr Vater war wirklich unglaublich. »Du wohnst aber nicht zufällig auch in der Mollstraße, oder?«
»Nein.« Jetzt strahlte Friedewald über das ganze Gesicht. »Ich kenne einen Kunsthändler, der hat eine Villenetage am Nikolassee zu vergeben. Für elf Monate. Zur Untermiete. Und was danach wird – das sehen wir ja dann.«
Dariusz öffnete seine Mailbox. Mein Vater zieht nach Berlin. Ist das nicht der Hammer? LG Phoebe. PS: Wie geht es dir, und wie geht deine Installation voran ?
Friedewald, der alte Fuchs. Weiß genau, was er an seiner Tochter wiedergutzumachen hat. Dariusz lächelte in sich hinein, dachte an die letzten Tage vor der Vernissage. Und schon wieder war es da, dieses nagende Gefühl, das tief in seinem Bauch saß und ihm die Tränen in die Augen trieb. Gott, er litt unter Heimweh und Liebeskummer im Doppelpack. Er musste hier weg. Er klickte auf den Antwort-Button und schrieb: Liebe Phoebe, das freut mich. Dein Vater hat ein schlechtes Gewissen, und das ist gut so. Und Leon kann ein bisschen Kontrolle gebrauchen, denke ich … Zu mir: Ich werde herumgereicht wie ein Wanderpokal, den jeder mal anfassen darf. Europäische Künstler findet man hier genauso cool wie wir einen alten Ford Mustang. Woods ist ein kultivierter Mensch und interessanter Gesprächspartner, und er tut alles, um mir meine Zeit hier angenehm zu machen. Nächste Woche fliegen wir mit einem weiteren Geschäftsfreund nach New York. Soll ich dir etwas Schönes mitbringen? LG Dariusz
Dariusz musste mit sich kämpfen, um kein PS anzuhängen. PS: Du fehlst mir so. PS: Bitte komm nach New York. PS: Ich brauche dich, ich will dich, ich …
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