Feurige Schatten - Carriger, G: Feurige Schatten - Heartless (04)
eine Andeutung mir gegenüber gemacht.« Alexia war nicht oft perplex. Sie fand das Gefühl recht gewöhnlich und fragte sich, ob es wohl so war, wie sich Ivy die meiste Zeit über fühlte. Allerdings verlieh ihr die Enthüllung ihrer Freundin ein gewisses Maß an Zuversicht in Bezug auf ihren nächsten Schritt. Trotz all ihrer Leichtsinnigkeit war Mrs Tunstell offenbar durchaus in der Lage, ein Geheimnis zu bewahren, und wie sich gerade herausgestellt hatte, auch viel besser, als Alexia es ihr bisher zugetraut hatte.
»Nun, Alexia, ich dachte, es wäre dir peinlich. Ich wollte keine dir unangenehme persönliche Unzulänglichkeit ansprechen. Dazu bin ich viel zu sensibel und übe zu viel Rücksicht auf die Gefühle anderer!«
»Ah. Oh, nun ja … Natürlich bist du das. Wie dem auch sei, als Außernatürliche bin ich gegenwärtig in gewisse Nachforschungen verwickelt, bei denen ich gehofft hatte, deine Hilfe in Anspruch nehmen zu können. Es hat mit der Arbeit meines Gatten zu tun.« Alexia wollte Ivy zwar nicht alles erzählen, aber sie wollte auch nicht schwindeln.
»Für BUR ? Spionage! Oh, wirklich? Wie schrecklich glamourös!« Mrs Tunstell klatschte entzückt in die gelb behandschuhten Hände.
»Zu diesem Zweck hatte ich gehofft … na ja, dich in eine Art Geheimgesellschaft einzuführen.«
Ivy sah aus, als habe sie ihrer Lebtage noch nichts derart Aufregendes gehört. »Ich?«, quiekte sie. »Wirklich? Wie wunderbar. Wie heißt sie denn, diese Geheimgesellschaft?«
Alexia zögerte, dann fiel ihr eine Formulierung ein, die ihr Ehemann einmal, als er reichlich verärgert gewesen war, geäußert hatte. »Das Parasol-Protektorat?«, schlug sie versuchsweise vor.
»Oooh, was für ein absolut famoser Name! So voller Ausschmückung!« In ihrer Aufregung hüpfte Mrs Tunstell regelrecht auf dem lavendelfarbenen Sofa auf und ab. »Muss ich dazu einen Schwur leisten oder einen heiligen Verhaltenskodex auswendig lernen oder an irgendeinem heidnischen Ritual teilnehmen?« Auf Ivys Gesicht legte sich ein erwartungsvoller Ausdruck, der besagte, dass es sie sehr enttäuscht hätte, wäre dies nicht der Fall.
»Nun … ja, natürlich«, stammelte Lady Maccon, während sie versuchte, sich etwas der Sache Angemessenes einfallen zu lassen. Sie konnte Ivy nicht niederknien lassen, nicht mit dieser Kleidung. Ivy trug ein Tageskleid aus fliederfarbenem Musselin mit einem äußerst breiten, engen Mieder, wie Schauspielerinnen es bevorzugten.
Nach kurzem Nachdenken erhob sich Alexia mühsam und watschelte hinüber zum Schirmständer, um ihren Sonnenschirm zu holen. Diesen spannte sie auf und stellte ihn mit der Spitze nach unten in die Mitte des Zimmers. Da das Zimmer so überaus klein war, nahm der aufgespannte Schirm fast den gesamten freien Raum ein. Nachdem sie Ivy bedeutet hatte aufzustehen, reichte Alexia ihr den Griff und sagte: »Dreh den Parasol dreimal um seine Achse und sprich mir nach: Ich beschirme mich im Namen der Mode, schmücke mich mit Accessoires zu aller Wohl. Die Suche nach der Wahrheit ist meine Passion, das schwöre ich beim großen Parasol.«
Ivy tat, wie ihr geheißen, mit ernster und konzentrierter Miene. »Ich beschirme mich im Namen der Mode, schmücke mich mit Accessoires zu aller Wohl. Die Suche nach der Wahrheit ist meine Passion, das schwöre ich beim großen Parasol.«
»Jetzt heb den Sonnenschirm und halte ihn hoch zur Decke. Ja, genau so. Na bitte!«
»Ist das alles? Sollte der Schwur nicht mit Blut besiegelt werden oder etwas in der Art?«
»Oh, findest du?«
Mrs Tunstell nickte begeistert.
Alexia zuckte mit den Schultern. »Wenn du darauf bestehst.« Sie nahm ihren Sonnenschirm wieder entgegen, machte ihn zu und drehte am Griff. Zwei gefährlich spitze, lange Stacheln schnellten aus der Spitze hervor, einer aus Silber, der andere aus Holz.
Anerkennend keuchte Ivy auf.
Lady Maccon drehte den Schirm um, dann zog sie einen ihrer Handschuhe aus. Nach einem Augenblick des Zögerns tat Mrs Tunstell es ihr nach. Mit der silbernen Spitze ritzte Alexia sich in die Kuppe ihres Daumens und wiederholte den Vorgang bei Ivy, die ein kleines, besorgtes Quieken ausstieß. Dann presste Alexia ihre beiden Daumen aneinander.
»Möge das Blut der Seelenlosen deine Seele beschützen«, intonierte Alexia. Sie fühlte sich entsetzlich melodramatisch, wusste jedoch, dass Ivy dies mehr liebte als alles andere.
So war es auch. »O Alexia, das hier ist so überaus ergreifend! Das sollte Teil eines
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