Feurige Schatten - Carriger, G: Feurige Schatten - Heartless (04)
Channing.
»Aber Lady Maccon«, rief er wenig überzeugend. »Ich war nur auf der Suche nach …«
»… einem Buch?«
Major Channing Channing von den Chesterfield Channings und Lady Maccon hatten einen schlechten Start miteinander gehabt, und es war ihnen nie gelungen, ihre Beziehung zu festigen, und das, obwohl er ihr bei mehr als einer Gelegenheit das Leben gerettet hatte. Soweit es Alexia betraf, war Major Channing unangenehm gut aussehend, ein strammer Blondschopf mit eisblauen Augen, markanten Wangenknochen und herrisch gewölbten Augenbrauen. Er war durch und durch Soldat, was an sich keine so üble Sache gewesen wäre, wäre diese vornehme Profession nicht zusätzlich noch von einer überheblichen Haltung und einem extrem affektierten Tonfall gekrönt worden. Was Channings Meinung über seine Herrin anbelangte … nun, je weniger er darüber nach außen dringen ließ, desto besser, und selbst er war klug genug, das zu begreifen.
»Wonach suchen Sie, Mylady?«
Alexia sah keinen Grund, damit hinter dem Berg zu halten. »Nach Aufzeichnungen über das gescheiterte Attentat des Kingair-Rudels auf Königin Victoria. Erinnern Sie sich an irgendetwas darüber?«
Dem Gamma gelang es nicht ganz, den Ausdruck der Beunruhigung zu verbergen, der ihm übers Gesicht huschte. Oder war es irgendein Schuldgefühl? »Nein. Warum?«
»Ich denke, es könnte in unserer gegenwärtigen Situation von Bedeutung sein.«
»Das halte ich für wenig wahrscheinlich.«
»Sind Sie sicher, dass Sie sich an nichts erinnern?«
Channing wich der Frage aus. »Schon etwas gefunden?«
»Nein, zum Kuckuck, nichts!«
»Nun …« Channing zuckte mit den Schultern und machte sich nonchalant wieder auf, die Bibliothek zu verlassen – ohne Buch. »Ich glaube, Sie befinden sich auf der falschen Fährte. Es kann nichts Gutes dabei herauskommen, wenn Sie in der Vergangenheit herumstöbern, Mylady.« Nur Channing schaffte es, eine derart herablassende Abneigung an den Tag zu legen, ohne dabei die Haltung zu verlieren.
Danach wurde Alexia bei ihren Recherchen nicht mehr gestört, bis wenige Stunden vor Sonnenaufgang ihr Gemahl hereingepoltert kam.
Als sie den Blick hob, gewahrte sie, dass Conall sie liebevoll aus goldbraunen Augen ansah, während er mit seiner mächtigen Schulter eines der Bücherregale stützte.
»Ah, hast du dich endlich meiner erinnert?« Sie lächelte mit sanften dunklen Augen.
Er trat auf sie zu und küsste sie zärtlich. »Hab dich nicht vergessen. Musste mich nur um Rudelangelegenheiten und Protokoll kümmern.« Er zog spielerisch an einer ihrer dunklen Locken, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte und sich an ihrem Hals kringelte.
»Irgendetwas Wichtiges?«
»Nichts, was dich berührt.« Er hatte inzwischen dazugelernt, und so setzte er eilig hinzu: »Obwohl ich dir gern alle unbedeutenden Einzelheiten erzähle, falls du sie hören möchtest.«
»O nein, vielen Dank. Wie geht es Biffy?«
»Nicht so gut.«
»Ich fürchte, deine raue Art funktioniert nicht so, wie sie sollte, wenn du ihn damit ins Rudel einbringen willst.«
»Da könntest du recht haben. Ich mache mir Sorgen, mein Liebes. Ich musste mich noch nie mit einem widerwilligen Werwolf auseinandersetzen. Natürlich hatten sie es damals im Finsteren Zeitalter andauernd mit so etwas zu tun. Gott weiß, wie sie das geschafft haben! Aber unser Biffy ist so ein einzigartiger Fall in dieser modernen Zeit der Aufklärung, dass nich’ einmal ich es schaff …« Er zögerte und stotterte dann beinahe auf der Suche nach den richtigen Worten. »Ich schaff es nich’, was gegen seine Traurigkeit zu unternehmen.«
Er räumte sich zwischen den um seine Frau herum verstreuten Stapeln aus Büchern und Manuskripten etwas Platz frei und setzte sich so dicht neben sie, dass er sie berührte und sterblich wurde.
Alexia nahm seine große Pranke in beide Hände und streichelte mit dem Daumen seine Handfläche. Ihr Gatte war ein prächtiges Raubein von einem Mann, und sie musste sich selbst gegenüber zugeben, dass sie sowohl seine Größe als auch sein Temperament vergötterte, aber seine gluckenhafte Fürsorglichkeit war es, die sie am meisten liebte. »Ich schätze sowohl Biffy als auch Lord Akeldama, aber Biffy muss aufhören, Lord Akeldama zu lieben.«
»Oh? Und wie macht man das, aufhören, jemanden zu lieben?«
»Leider habe ich nicht die geringste Ahnung.«
»Du wirst dir schon etwas einfallen lassen. Und wie geht es meinem köstlichen Weib? Keine
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