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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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stehen.
    Aber lange konnte ihr Aufenthalt an Bord nicht mehr dauern. Schon bei Tagesanbruch würde sie wieder festen Boden unter den Füßen haben, und es war klar, daß sie die folgende Nacht nicht in ihrer Koje schlafen würde. Diesmal würde sie zusammen mit der Infanterie ihr Lager aufschlagen. Ihre kleinen Brüder waren beim Großvater in Nye geblieben, sie mußte also nicht mehr jeden Abend zum Quartier ihres Vaters zurückkehren. Zum ersten Mal gehörte sie uneingeschränkt zur Truppe.
    Zum ersten und letzten Mal. Sobald ihr Vater von ihren Visionen erfuhr, würde er sie aus der Infanterie nehmen und zu sich holen. Beinahe war sie enttäuscht, daß sie Sehen konnte. Sie hatte gehofft, ihre Fertigkeiten im Kampf noch weiter zu verbessern. Visionäre waren Führer und zu wertvoll für den Kampf. Jewel wüßte schon lange, daß sie das Zeug zur Anführerin hatte, aber sie wäre zu gerne ein tüchtiges Mitglied der Infanterie oder Spionin geworden.
    Sie umfaßte ihr langes schwarzes Haar und schwang es über die rechte Schulter. Dann flocht sie es schnell und geschickt zu einem Zopf, wickelte ihn um den Kopf und bedeckte den Schopf mit einem großen Barett. Anschließend schlüpfte sie in Reithosen, Stiefel und Lederwams. Zu guter Letzt warf sie ein Wollcape über, das einer der berühmtesten Weber der Fey angefertigt hatte. Der Zauber in dem Stoff wies jede Flüssigkeit ab, auch Blut.
    Sie konnte jetzt auf dem Bett liegen bleiben, bis das Schiff die Felsenwächter passiert hatte. Die monumentale Formation war am Nachmittag gesichtet worden. Aber wenn sie sich jetzt nicht bewegte, würde sie verrückt werden. Außerdem wollte sie wach sein, um den ersten Blick auf die Blaue Insel zu werfen, den Schauplatz ihres letzten Feldzugs.
    Sie nahm die Laterne von der Decke, hob das Glas hoch und blies die Lampe aus. Die Dunkelheit beruhigte sie. Sie stellte die Laterne wie immer neben der Tür ab und trat aus der Kabine.
    Das Deck war schlüpfrig von Regen und Gischt. Jewel hielt sich an der nassen hölzernen Reling fest, um nicht auszugleiten. Die Luft war kalt, und sie fror. In der Kabine der Zauberhüter brannte Licht. Jewel spähte durch die Eingangstür. Die Hüter hatten einen Steuermann aus Nye in Hypnose versetzt.
    Fünf von ihnen standen im Kreis um den Mann herum und hatten einen monotonen Gesang angestimmt, mit dem sie ihn in tiefster Trance hielten. Für diesen Teil der Reise kam alles auf sein Wissen an. Ohne ihn konnten sie die Felsenwächter nicht überwinden.
    Jewel stieg die Treppe zum Bug hoch. Dort hatte sie ihren Vater zuletzt gesehen. Er war jetzt mit der Planung beschäftigt und hatte wahrscheinlich keine Zeit für sie. Trotzdem wollte sie in seiner Nähe sein. Sie wollte dabeisein, wenn er seinen ersten Triumph errang.
    Die Argumente, die der Schwarze König in Nye gegen diesen Feldzug vorgebracht hatte, hatten ihr eingeleuchtet. Aber seit die Flotte ausgelaufen war, glaubte sie mehr und mehr an das, was ihr Vater gesagt hatte, obwohl sie mit ihm nicht mehr über den Angriff gesprochen hatte. Sie war eine junge Soldatin, war nur in den letzten Jahren des Feldzugs gegen Nye dabeigewesen, und sie vermißte den Kampf. Sie konnte sich nur ungefähr vorstellen, wie sich die Berufssoldaten fühlten. Die meisten Fey nahmen an den Kriegen teil. Diejenigen, die zu Hause blieben, standen in niedrigem Ansehen, obwohl auch sie von Nutzen waren. Aber ohne Kampferfahrung war man kein echter Fey.
    Ihrem Großvater hatten Jahre, selbst Jahrzehnte ohne Kriege vorgeschwebt. Die Fey würden ihre Identität verlieren und ebenso verweichlicht und feige werden wie die Nye. Ihr Vater hatte recht – das durfte niemals geschehen.
    Als Jewel am Bug ankam, war ihr Vater von einigen seiner Adjutanten umgeben. Der Regen fiel immer noch gleichmäßig, im Halbdunkel erkannte sie nur einige Gesichter: Oswel, der Befehlshaber der Infanterie, stand ohne Kopfbedeckung an der Reling. Seine schmalen Gesichtszüge hatten sich zu einer Grimasse verzogen. Caseo, Anführer der Hüter des Zaubers, sprach gerade. Die Kapuze seiner Kutte war herabgezogen, und er hatte die Hände zum Himmel erhoben. Ihr Vater wandte ihr den Rücken zu, und schüttelte bedächtig den Kopf hin und her, während er zuhörte.
    Jewel setzte auf den nassen Planken vorsichtig einen Fuß vor den anderen und näherte sich langsam der Gruppe. Sie trat unauffällig neben ihren Vater und legte einen Arm um ihn. Eigentlich hatte sie bei diesen hochrangigen Zusammenkünften

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