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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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verteilte sich über seine Haut. Er verabscheute diesen Teil seiner Arbeit. Er roch nach Eisen und Tod, und dieser Geruch würde ein paar Tage lang an ihm haftenbleiben.
    Leicht schwankend ging Fledderer zwischen den Gebäuden auf der Straße entlang, auf der überall Leichen lagen. Als er den Infanteristen zuvor auf dieser Straße zum Palast gefolgt war, hatte er einen eigentümlichen Fischgeruch bemerkt. Jetzt nahm er nur noch seinen eigenen Gestank wahr.
    Vor ihm, am steinigen Flußufer, lagen die Lagerhäuser und Docks. Dahinter glitzerte das bräunliche Wasser des Cardidas, kein Schiff war zu sehen. Nur ein kleiner, unnatürlicher Lichterkreis verriet, daß die Schiffe im Schattenland verborgen waren. Im hellen Sonnenlicht war der Kreis fast nicht zu erkennen. Trotzdem warf Fledderer einen Blick in seine Richtung. Die vertrauenerweckende Nähe von etwas Bekanntem gab ihm ein Gefühl der Sicherheit.
    Die Umgebung der Docks war genauso verlassen wie der Fluß. Die Brücke, noch vor wenigen Stunden bevölkert von panischen Pferden und schreienden Inselbewohnern, war leer. Nur über dem Geländer hingen noch einige leblose Körper. Fledderer sah nirgendwo Rotkappen bei der Arbeit, aber sie waren schließlich nicht sehr groß und hinter der Steinmauer nicht einfach zu erkennen. Reiche Ernte, und so nahe am Schattenland. Hätte er doch auch einmal soviel Glück.
    Als er das Lagerhaus endlich wieder erreicht hatte, kam es ihm vor, als sei er bereits mehrere Meilen gelaufen. Mit der Last, die er in den Beuteln am Gürtel trug, fühlte er sich doppelt so schwer. Die Beutel wurden nur von den geschicktesten Domestiken aus Schafsblasen mit einem besonderen Zauber belegt. In ihnen ließ sich noch das glitschigste Material sicher aufbewahren. Einmal hatte Fledderer eine Rotkappe mit undichten Beuteln gesehen. Der arme Mann hatte auf dem Weg zum Lager eine Spur blutiger Tropfen hinter sich hergezogen, und einer der Hüter hatte ihn dafür verprügelt.
    Fledderer war umsichtig genug, keine Spur zu hinterlassen. Sein ganzes Leben hatte er darauf geachtet, keinen Fehler zu begehen. Aber es hatte ihn nicht weitergebracht. Rotkappen blieben ihr Leben lang Opfer ihrer Abstammung: Zu klein, gedrungen und der Zauberkraft nicht kundig, erfüllten sie nur im Krieg eine Funktion. In Friedenszeiten lebten die Kappen in Siedlungen außerhalb der Wohngebiete der anderen Fey, damit sie die ›echten‹ Fey nicht daran erinnerten, daß nicht alle Angehörigen ihrer Rasse hochgewachsen, schlank und wohlgeraten waren.
    Dennoch sehnte sich Fledderer nach Frieden. Im letzten Jahr hatte er sich die Hände nicht schmutzig machen müssen, war er keinen einzigen Tag mit Unrat verschmiert gewesen. Er hatte keine Befehle von Infanteristen befolgen und auch keine Hautstreifen irgendwelcher armer Teufel in die Hand nehmen müssen.
    Fledderer schluckte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Er stöhnte auf, als er das Blut schmeckte. Er trat auf den abschüssigen Pfad, der zu den Lagerhallen führte, glitt aus und rutschte die Böschung hinunter. Er stützte sich mit einer Hand auf, damit die Beutel an seiner Taille nicht aufplatzten, und als er das Ende des Abhangs erreichte, waren seine eigenen Handflächen aufgerissen und blutig. Er wischte sich die Hände an den Hosen ab und eilte in das neue Versteck der Hüter.
    Sie hatten in der größten Lagerhalle in Flußnähe Quartier bezogen. Die Türen bestanden aus grauem, verwittertem Holz, das an manchen Stellen abgesplittert war. Davor lagen einige tote Inselbewohner, noch mehr lagen am Strand, und die meisten von ihnen waren nicht von den Fußtruppen, sondern von der Infanterie getötet worden. Das große Blutbad stand ihnen allen, falls es überhaupt stattfinden würde, erst noch bevor.
    Schnell ging Fledderer die hölzerne Rampe hoch und öffnete die Tür. Das Gebäude roch nach verdorbenem Fisch und brackigem Wasser. Er nieste und war dankbar, daß etwas anderes als Blutgeruch in seine Nase drang. Jemand hatte sich bereits darangemacht, Fey-Lampen herzustellen und sie eine neben der anderen auf den Holzboden zu stellen. Die darin gefangenen Seelen klopften gegen das Glas, das Licht leuchtete hell und freundlich. Fledderer blieb stehen und starrte in eine der Lampen. Ein schlanker Mann, dessen winziges Gesicht einen verwirrten Ausdruck trug, flatterte darin umher. Wahrscheinlich hatten die Inselbewohner noch niemals Fey-Lampen gesehen, und der arme Mann hatte vermutlich keine Ahnung, daß er

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