Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
Vom Netzwerk:
darin gefangen bleiben würde, bis seine Seele erlosch. Er erinnerte sich vielleicht nicht einmal mehr daran, wie man ihn gefangen hatte. Die Irrlichtfänger verrichteten ihre Arbeit mit der Unterstützung der Domestiken rasch und geschickt.
    »Bist du eine Kappe oder jemand, um den ich mich kümmern sollte?« Caseos tiefe Stimme erhob sich grollend in den Tiefen der Lagerhalle.
    Mit klopfendem Herzen blieb Fledderer stehen. Von allen Hütern war Caseo nicht nur der mächtigste, sondern auch derjenige, der seine Macht besonders gern ausspielte. »Nummer fünfzehn«, rief Fledderer, und seine Stimme hob sich auf der letzten Silbe.
    »Nun, dann tritt näher, mein Junge. Der Tag hat gerade erst angefangen.«
    Junge. Ärgerlich preßte Fledderer die Lippen aufeinander. Seit über dreißig Jahren war er kein Junge mehr. Er verfügte zwar nicht über Zauberkräfte und besaß keinen hochgewachsenen, gertenschlanken Körper, aber deswegen war er noch lange kein Junge. Er war ebenso ein Fey, ein erwachsener Fey, wie alle anderen.
    Er atmete tief durch. Er wollte sich keinesfalls von seinem Zorn leiten lassen, wenn er mit einem Hüter zusammentraf. Diesen Fehler hatte er nur einmal begangen. Danach mußte er mit fünf Tage alten Leichen auf einem Schlachtfeld bei Uehe arbeiten. Er war damals fast zwanzig Jahre alt und hatte noch niemals zuvor derart verweste Leichen gesehen oder gerochen. Seitdem hatte er es auch tunlichst vermieden.
    »Ich komme, Herr«, sagte Fledderer. Er folgte dem Schein der Lampen. Sie beleuchteten kahle Wände aus rohem Holz. An mehreren Haken hingen eine Handvoll zerrissener Netze. Die meisten Haken waren jedoch leer.
    Als er um die Ecke bog, befand er sich plötzlich in einem Raum, der so hell erleuchtet war wie eine sommerliche Wiese zur Mittagszeit. An allen Wänden und Decken hingen Fey-Lampen, einige standen auch auf dem Boden. Die Einrichtung war zum größten Teil an die Wand geschoben worden, nur ein überdimensional großer Tisch und zehn Stühle für die älteren Hüter standen noch im Raum. Hier waren alle zwanzig Hüter versammelt. Sie beugten sich über kleine Papierstücke und hatten ihre Roben fest geschlossen. Solanda, die Gestaltwandlerin, war ebenfalls anwesend und schritt wie ein gehetztes Tier auf und ab.
    Fledderer sah sie einen Augenblick an. Ihr gelbbraunes Haar, die goldene Haut und ihre natürliche Anmut machten sie zur perfektesten aller Fey. Das dunkelbraune Geburtszeichen auf dem Kinn, das alle Gestaltwandler trugen, erhöhte ihre Schönheit sogar noch.
    Caseo hatte die Hände auf den Tisch gestützt und beugte sich vor. Auch er studierte irgendein Papier, vielleicht eine Landkarte, aber Fledderer war nicht nahe genug, um es genau zu erkennen. Caseo hatte die Kapuze, die sein hageres Gesicht sonst meistens verdeckte, abgestreift. Als er sich Fledderer zuwandte, sahen seine Augen wie dunkle Löcher in seinen schmalen Gesichtszügen aus.
    »Na, mein Junge«, sagte Caseo, »bring es hierher. Ich bin sicher, da draußen wartet noch mehr Arbeit auf dich.«
    Fledderer schluckte die Beleidigung und trat vor. Die Hüter am Tisch wichen ihm aus. Solanda beugte sich vor, nahm das vor Caseo liegende Papier und steckte es blitzschnell in ihren Ärmel. Dann drehte sie Fledderer den Rücken zu, als fühlte sie sich durch seine Häßlichkeit persönlich beleidigt.
    Fledderer blieb am Rand des Tisches stehen, der sich gegen seine Brust drückte. Der Tisch war sehr lang und aus besonders dickem Holz. Alte Blutspuren zeichneten sich auf der Platte ab, und er wußte, daß die Inselbewohner hier Fische ausgenommen hatten. In diesem Raum war der Fischgeruch besonders ausgeprägt.
    Fledderer zog die Beutel vom Gürtel und reckte sich, um sie auf den Tisch zu legen. Obwohl ihm dies sichtlich Schwierigkeiten bereitete, half ihm niemand. Die Beutel nahmen die Form langer, schwabbeliger, blasenartiger Schläuche an, widerliche Verpackungen widerlicher Inhalte. Jetzt verstand er, warum Solanda sich abgewandt hatte.
    Caseo ergriff einen davon, hob ihn abschätzend hoch und grinste Fledderer zu. »Woher hast du sie?«
    »Vom Palast«, erwiderte er. »Sie sind schon drinnen.«
    Caseos Grinsen wurde noch breiter. »Vielleicht dauert alles gar nicht so lange, wie wir dachten. Der Uferstreifen und die meisten Läden sind bereits in unserer Hand. Ein paar von diesen mitleiderregenden Geschöpfen müssen wir am Leben lassen, damit sie uns helfen, das Land zu bestellen.«
    Caseo beugte sich über den Beutel

Weitere Kostenlose Bücher