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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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war, hatte sie ihn erkannt. Sie hatte seinen Gestaltwechsel Gesehen; die Kleider, die er jetzt trug, hatte er angelegt, als er den Mann im Hof getötet hatte.
    Aber es war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um sich über ihre eigene Lage den Kopf zu zerbrechen. Die Schwarzkittel kamen zur Tür herein, und der Gestank der Verwesung, den sie aus ihrer früheren Vision kannte, breitete sich aus; das glitzernde, todbringende Wasser der Schwarzkittel gab den Ausschlag. Jewels Körper erschlaffte. Die Männer, die sie festhielten, konnten mit ihr machen, was sie wollten. Sie hatte jetzt nur eine Aufgabe: Sie mußte ihr Volk retten. Shima hatte sich nicht geirrt. Sie befanden sich an einem Ort des Todes.
    »Lauft!« schrie sie auf Fey. »Lauft um euer Leben!« Die Fey in ihrer Nähe blickten sie fassungslos an. Burden hob den Kopf. Sein Mund war leicht geöffnet.
    »Lauft!« wiederholte sie. »Diese Inselbewohner hinter euch bringen den Tod. Ich habe es Gesehen! Ich bin die Tochter Rugars, und ich gebe euch diesen Befehl! Lauft!«
    Der Mann aus ihrer Vision schüttelte sie leicht. Schattengänger verstärkte den Griff um ihren Arm. Plötzlich wußte sie, welches Gefühl von ihm ausging. Angst. Er war vor Angst wie gelähmt. Sie hatte es auf seinem fremden Gesicht nicht gleich erkennen können.
    Burden kam auf sie zu, aber sie schüttelte den Kopf. »Ich bin verloren«, sagte sie ohne Umschweife zu ihm. »Diesmal mußt du auf mich hören! Schaff unsere Leute von hier weg! Sonst werden sie alle sterben!«
    Er mußte einfach verstehen, daß sie ihm einen Befehl erteilte. Er mußte verstehen, daß sie nicht als Freundin oder verängstigte Soldatin zu ihm sprach, sondern als seine zukünftige Befehlshaberin. Er nickte und hob das Schwert über den Kopf.
    »Die Enkelin des Schwarzen Königs befiehlt uns zu fliehen!«
    Die Schwarzkittel kamen immer näher. Schattengänger zog Jewel am Arm. Er sagte etwas in der Sprache der Inselbewohner zu dem Mann neben ihr, dem Mann aus ihrer ersten Vision, und gemeinsam schoben sie Jewel in Richtung Treppe.
    Sie rutschte auf dem blutigen Boden aus, stolperte über Leichen. Sie war es nicht gewohnt, sich ohne Hilfe ihrer Arme zu bewegen, nicht aus eigener Kraft vorwärts zu gehen. Schattengänger vermied es, sie anzusehen. Sein Gesicht war schmal, die Nase gekrümmt, das Haar lang und blond. Vielleicht hatte sie sich ja getäuscht. Vielleicht hatte sie in der Verwirrung, die auf ihre Vision folgte, einen Inselbewohner für einen ihrer Leute gehalten.
    »Schattengänger«, sagte sie hastig, den Blick starr auf Burdens Rücken geheftet. »Schattengänger, wenn du es bist, dann drücke dreimal meinen Arm. Sonst werde ich jetzt versuchen, zusammen mit meinen Leuten zu kämpfen.«
    Ihr Arm wurde rasch und kaum spürbar dreimal zusammengepreßt: eins, zwei, drei. Der Mann ihrer Vision sah sie erstaunt an. Er äußerte etwas zu Schattengänger, der eine barsche Antwort gab.
    Vier tote Inselbewohner lagen am Fuß der Stufen. Ein weiterer lag mit unnatürlich verrenkten Gliedern quer über der Treppe. Der Gestank folgte Jewel und ihren beiden Bewachern, zusammen mit dem dumpfen Aufschlagen von Körpern und gellenden Todesschreien. Es waren die Todesschreie der Fey.
    Jewels Nackenhaare sträubten sich.
    Sie stolperte. Der Mann aus ihrer Vision stützte sie. Auch er schien sie zu kennen. Er beschützte sie ebenso, wie sie ihn beschützt hatte. Schattengänger warf einen Blick über die Schulter und biß sich auf die Unterlippe. Der Mann legte einen Arm um ihren Rücken. Seine Berührung war ihr seltsam vertraut.
    »Wir bringen dich zum König«, sagte er auf Nye.
    »Meine Leute liegen hier unten im Sterben.«
    »Sei froh, daß dir dieses Schicksal erspart bleibt.«
    Immer mehr Körper brachen auf den Stufen zusammen. Die meisten Inselbewohner waren in der Küche geblieben, hatten aber aufgehört zu kämpfen. Schreie gellten, viele davon rissen abrupt ab. Ein Soldat der Fey war an der Tür zusammengesunken, seinen Schwertverletzungen erlegen. Jewel öffnete den Mund, um die Fey zu warnen, die weiter oben standen, aber es war niemand mehr da. Entweder hatten sie ihren Befehl vernommen oder bereits aus eigenem Entschluß den Rückzug angetreten.
    Rückzug. Kein typisches Fey-Wort. Sie schloß die Augen und ließ sich von den Männern noch eine Treppe höher ziehen. Die Fey zogen sich nicht zurück. Sie fragte sich, ob ihr Vater noch am Leben war und von alledem erfuhr. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihm

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