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Fey 02: Das Schattenportal

Fey 02: Das Schattenportal

Titel: Fey 02: Das Schattenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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durchschaut. Mit etwas Glück könnte es sogar funktionieren. Niemand hatte eine genaue Vorstellung davon, wie die Inselmagie funktionierte. Nicht einmal die Inselbewohner selbst.
    Suchers Handflächen waren feucht. Er würde rasch handeln müssen. Er konnte nicht mehr warten, bis er wußte, wo sich das Gift befand.
    »… der Roca dachte daran, sie eigenhändig niederzustrecken, doch dann überlegte er: ›Hieße das nicht, daß ich mich für besser als Gott halte? Denn da Gott nicht gewillt ist, solches zu tun, so muß Er in Seiner Weisheit einen Grund dafür haben …‹«
    Mit einer raschen, wohlgeübten Bewegung packte Sucher den Kopf des Rocaan mit einer Hand und schnitt ihm mit der anderen die Kehle durch. Sofort rückten die anderen Fey auf und hielten den Ältesten die Hände fest, während das Blut auf Sucher sprudelte. Andere Fey drängten in die Kirche und bemächtigten sich eines Daniten, der gerade dabei war, den Stöpsel von seiner Giftflasche zu ziehen.
    Nicht hinsehen, nicht hinsehen, ermahnte sich Sucher. Statt dessen starrte er den Rocaan an, dessen Mund sich immer noch bewegte und die Worte der Zeremonie weitersprechen wollte, während er Sucher mit seinem Blut bespritzte. Er schwang sich über den Rocaan, schlang die Beine um den Oberkörper des alten Mannes, um ihn an Ort und Stelle festzuhalten, und bohrte ihm die Ellbogen in den Nacken, um seine Arme zu umfassen. Das Blut klatschte ihm voll gegen die Brust, die Haut wurde schon bleich. Es war schon fast zu spät.
    Sucher stieß die Finger in die Augen des Rocaan und die Daumen in seinen Mund. Rings um ihn schrien Leute. Der Älteste Andre war mit vor Schock verzerrtem Gesicht einen Schritt zurückgewichen, die Hand vor den Mund gepreßt. Die Daniten schrien in der Inselsprache durcheinander, irgend etwas von ›Feinden‹.
    Sucher zwängte dem alten Mann die Zähne auseinander und drückte die Faust fest gegen den Rachen. Dann fing Sucher an zu ziehen und zu ziehen. Einen Augenblick lang spürte er, wie er sich von seinem eigenen Wesen löste, aber der alte Mann lag im Sterben. Er konnte nicht kämpfen. Sucher war froh, daß er es nicht mit dem Blut eines anderen versucht hatte. Er zog mit aller Kraft. Die Essenz des alten Mannes brach hervor und flatterte einen Moment zwischen ihnen.
    »Die Aufnahme!« schrie der Älteste Timothy und packte Sucher am Rücken. Er spürte einen kurzen Widerstand, dann mußte ihn jemand weggezogen haben.
    Sucher biß in den Dunst, zu dem der alte Mann geworden war, und saugte ihn ein. Dann formte sich Suchers Körper, er zuckte und dehnte sich aus, bis er untersetzt und alt und vor Entsetzen wie gelähmt war. Sucher durchforstete den Geist des Rocaan. Das Geheimnis war da, aber auf qualvolle Weise außerhalb seiner Reichweite. Vermischen, vermischen, vermischen. Er wünschte es herbei.
    Rugar befahl ihn mit einem Wink nach draußen. Erst dann sah sich Sucher um und nahm das allgemeine Chaos wahr. Mehrere der Rocaanisten hatten ihr Gift gezückt. Die Flasche des Rocaan lag auf dem Boden vor seinen Füßen. Angst erfüllte ihn, eine tiefgreifende, anhaltende Angst, und in dieser Angst erkannte er das Geheimnis des Wassers. Es enthielt ein Rezept, wie Wein, bestehend aus Kräutern und Zaubertränken, die es nur auf dieser Insel gab.
    Sucher bahnte sich seinen Weg zum Eingang. Er mußte hinauskommen. Er konnte Rugar das Rezept nicht zurufen; ausgesprochen ergab der Zauber keinen Sinn. Sucher mußte ihn sorgfältig erläutern und dann für die Hüter des Zaubers aufschreiben.
    Jetzt würden die Fey gewinnen. Die Blaue Insel gehörte ihnen.

 
41
     
     
    Das Ding, das wie der Rocaan aussah, torkelte auf den Eingang zu. Es trug keine Kleider, sein ausgemergelter Greisenkörper war blaß und faltig. Titus packte seine Weihwasserflasche und hielt sie mit der linken Hand fest, während er mit der rechten versuchte, den Stöpsel herauszuziehen. Die anderen Auds waren davongerannt. Er nicht. Die Fey hatten die ganze Zeremonie zu einem Possenspiel erniedrigt. Der Rocaan hatte gelobt, ihnen nichts anzutun, und die Fey hatten ihn umgebracht und dabei sogar die Aufnahme in die Hand Gottes verhöhnt.
    Seine Hände zitterten, ein wenig von dem Wasser spritzte auf den Fey, der neben ihm stand und auch sofort zu kreischen anfing. Der alte Fey, derjenige, der mit Titus gesprochen hatte, sah es und sprang zur Seite. Er schrie in dieser gutturalen Sprache auf dieses Rocaan-Wesen ein, aber das Rocaan-Wesen antwortete nicht. Es eilte

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