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Fey 03: Der Thron der Seherin

Fey 03: Der Thron der Seherin

Titel: Fey 03: Der Thron der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Schärpe hatte er so lose gebunden, daß der Talar wie ein unförmiger Sack von seinen Schultern hing. Im Tabernakel ging er stets barfuß, und seine Füße waren schmutzig.
    »Vergebt mir, Heiliger Herr«, sagte er, »aber die Ältesten suchen überall nach Euch.«
    »Das hier ist ein Andachtsraum«, erwiderte Matthias. Er war froh, daß sie Reece geschickt hatten. Reece war leicht zu beeinflussen.
    Reece neigte den Kopf, zog sich aber nicht zurück. »Ich weiß, Heiliger Herr, aber wir suchen seit der Morgendämmerung nach Euch. I … I … Ich dachte nur, noch ein letzter Versuch …«
    »Ich komme zu euch, wenn ich soweit bin«, beschied ihn Matthias. Er war noch nicht soweit. Er war immer noch verstört von der unmittelbaren Reaktion Jewels auf das Weihwasser.
    Und von Nicholas’ Wut.
    Bisher war es in der gesamten Geschichte des Tabernakels noch nie zu einem Bruch mit dem Palast gekommen.
    »Vergebt mir, Heiliger Herr, aber Porciluna hat gesagt …« Reece hielt inne und neigte wieder ehrfürchtig den Kopf. Durch die Fenster fiel das Licht auf seine ausgemergelten Züge, die vor Furcht angespannt waren.
    »Ja?« fragte Matthias. Sie hatten einen Schüchternen geschickt, weil er die Nachricht überbringen würde. Manchmal vergaß er über all seinen mehr oder weniger wichtigen Angelegenheiten, die den Tabernakel betrafen, daß keiner der anderen Ältesten über seine Ernennung erbaut gewesen war. Warum auch? Jeder von ihnen wäre gerne an seiner Stelle gewesen.
    »Porciluna sagte, sie würden auch ohne Euch beginnen«, sagte Reece und duckte den Kopf, als erwarte er einen Schlag. »Vergebt mir, Heiliger Herr.«
    »Womit beginnen?« fragte Matthias.
    »Mit der Besprechung der Ältesten. Sie … äh … Porciluna … vergebt mir, Heiliger Herr, aber alle fragen sich, ob Ihr wahnsinnig geworden seid.«
    »Wahnsinnig?« wiederholte Matthias. »Und wie kommen sie darauf?«
    »Wegen des Todes der Königin, Heiliger Herr. Einer der Geistlichen sagt, Ihr hättet alles geplant.«
    »Tatsächlich?« Ein Schauder überlief Matthias. Das hätte er sich denken können. In einem weit entfernten Teil seines Bewußtseins fragte er sich, warum er es nicht vorausgesehen hatte. »Ihr wart dabei, Reece. Glaubt Ihr, daß ich wie ein Wahnsinniger gehandelt habe?«
    »Ihr … äh, bitte, Heiliger Herr, ich überbringe Euch nur diese Nachricht.«
    »Tatsächlich?«
    Reece ließ die Türklinke los und starrte auf seine Hände. »Heiliger Herr, Ihr habt verhindert, daß der Anführer der Fey und seine Tochter den Saal während der Zeremonie verlassen durften.«
    »Und das ist ein Zeichen von Wahnsinn?«
    »Es … äh, machte einen sonderbaren Eindruck, Heiliger Herr.«
    Matthias holte tief Luft. Er hatte damit gerechnet, daß er Schwierigkeiten mit dem Palast haben würde. Aber Kritik von seiten des Tabernakels traf ihn völlig unvorbereitet. »Teilt ihnen mit, daß ich der Versammlung in Kürze beiwohnen werde.«
    Reece machte keine Anstalten zu gehen.
    »Richtet es ihnen aus«, wiederholte Matthias.
    »Vergebt mir, Heiliger Herr«, sagte Reece. »Sie warten seit dem Morgen auf Euch. Sie sagten, ich sollte Euch mitbringen, wenn ich Euch fände.«
    Wie einen Gefangenen. Aber Matthias würde es nicht zulassen, daß man ihn wie einen Gefangenen behandelte. »Ich komme, wenn ich soweit bin. Seid ihr im Audienzsaal?«
    »Ja, Heiliger Herr.« Reece rührte sich nicht. Matthias wurde zusehends gereizter.
    »Reece, ich bin durchaus in der Lage, den Weg dorthin selbst zu finden.«
    »Ja, Heiliger Herr.« Endlich verließ Reece den Raum und zog die Tür hinter sich ins Schloß.
    Matthias lehnte sich an die Wand, deren Kälte sofort durch seinen Talar drang. Wahnsinnig. Sie suchten einen Vorwand, um ihn loszuwerden. Sie wollten ihn nicht mehr als Rocaan. Keiner hatte ihn je gewollt, abgesehen vom Fünfzigsten Rocaan, und auch der hatte gewiß nicht damit gerechnet, daß er noch am Tage von Matthias’ Ernennung sterben würde.
    Allein seine Position als Rocaan verlieh Matthias Macht. Der Rocaan war der Bewahrer der Geheimnisse. Im Unterschied zu seinen Vorgängern hatte Matthias diese Geheimnisse mit niemandem geteilt. Er hatte auch keine neuen Ältesten ernannt, um die Lücken zu füllen, die durch seinen Wechsel auf den Stuhl des Rocaan und das Verschwinden des Ältesten Andreas entstanden waren. Das kanonische Gesetz schrieb vor, daß die Ältesten nur dann gegen den Rocaan vorgehen konnten, wenn sie sich alle einig waren. Alle zehn.
    Er holte

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