Fey 03: Der Thron der Seherin
Händen deiner Familie. Aber wenn die Insel nicht vereint ist, wird alles Weihwasser der Welt die Fey nicht aufhalten. Gegen die Hüter meines Großvaters sind Rugars Hüter blutige Anfänger. Sie werden das Rätsel eurer Waffe lösen und es gegen euch wenden.«
»Und was wird aus dir?«
»Wenn ich dann noch am Leben bin, wird man mich umbringen. Mein Geschlecht wird ausgelöscht. Wir werden alle sterben, Nicky. Du, ich, Sebastian und dieses Kleine hier.« Jewel tätschelte ihren Bauch.
Nicholas ließ ihre Hand los. »Du hast nie gesagt, daß sie uns töten werden. Du hast immer gesagt, wir werden Ehrenbürger der Fey. Ein wichtiger Teil des Imperiums. Ich erinnere mich genau. Du hast es gesagt, als wir uns entschlossen zu heiraten. Es klang wie ein Versprechen.«
»Es ist ein Versprechen, Nicholas. Glaube mir.«
»Aber du würdest deinen eigenen Vater verraten.«
Jewel wußte nicht, wie sie ihm das alles hier in diesem Korridor erklären sollte, während die ganze Insel in Erwartung der Krönung im Saal versammelt war. Aber sie wußte, daß sie nicht zögern durfte. Man hatte ihn bereits aufgefordert, sich von ihr zu trennen. Wenn er glaubte, keine andere Wahl zu haben, würde er es wohl tun.
»Genau wie dich«, sagte sie langsam. »Ich bin mein Leben lang dazu erzogen worden, eines Tages zu herrschen. Aber anders als du bin ich mitten im Krieg aufgewachsen. Verrat, Staatsstreiche, Attentate. Bündnisse und Gegenbündnisse. In meinem Volk kann jeder plötzlich zum Feind werden. In der Welt der Fey kann man niemandem trauen. Keinem einzigen, Nicky. Jeder Verrat wird registriert, und wenn es genug ist, wird aus einem Freund ein Feind. Es geht nicht anders.«
»Also kann ich dir nur so lange vertrauen, wie ich dich gut behandle«, gab Nicholas zurück.
Jewel hob die Hand. Zu ihrer eigenen Überraschung zitterte sie. »Laß mich ausreden. Der wahre Schwarze König – oder die Schwarze Königin – darf keine Rücksicht nehmen. Anders ist ein Überleben nicht möglich. Niemand ist versessener darauf, einen Schwarzen König zu töten, als sein nächstes Geschwisterkind oder sein leibliches Kind. Aber die Familie des Schwarzen Königs darf nicht innerhalb ihrer eigenen Reihen töten. Das bringt unsagbares Unglück. Also müssen wir es unauffällig tun, indem wir Mörder anheuern und indirekte Befehle erteilen oder durch noch subtilere Methoden. Mein Großvater hatte einen Grund, meinen Vater wegzuschicken. Aber mein Vater hat mich als Garantie mitgenommen, um den eigenen Anspruch nicht aufs Spiel zu setzen. Seine Rechnung ging nicht auf, weil er nicht damit gerechnet hat, daß die Insel derart heftigen Widerstand leisten würde.
Mein Vater ist hier der Anführer, und ich habe dieses Amt ohne Blutvergießen von ihm übernommen, als ich den Pakt mit dir geschlossen habe. Er weiß es, und ich weiß es auch. Und bevor er das nicht akzeptiert, muß er wissen, daß ich genauso rücksichtslos sein kann wie er. Das ist nicht nur wichtig für mich, sondern auch für dich. Für Sebastian. Für dieses Kind in meinem Bauch. Wenn wir meinen Vater nicht zu unserem Verbündeten machen, werden wir einen Guerillakrieg gegen mein eigenes Volk führen müssen, bis der Schwarze König kommt. Und an diesem Tag sind wir alle so gut wie tot.«
»Aber was ist mit mir, Jewel? Wie kann ich sicher sein, daß du dich nicht plötzlich gegen mich wendest?«
Sebastian beobachtete seine Eltern. Sein kleiner Mund bewegte sich, während er an seinem Zeigefinger nuckelte. Die Kinderfrau starrte in die Richtung des Krönungssaals. Bestimmt verstand sie etwas Nye. Sie hätten lieber Fey sprechen sollen.
Jewel schluckte. Auf diese Frage gab es keine einfache Antwort.
»Weil ich es bis jetzt nicht getan habe«, sagte sie schließlich. »Und ich werde es auch in Zukunft nicht tun.«
Nicholas ergriff ihre Hand und berührte jeden einzelnen Finger, bevor er sie umklammerte und Jewel an sich zog. Dann küßte er sie so leicht, daß es sich anfühlte wie ein Windhauch auf ihren Lippen. »Gemeinsam schaffen wir es«, sagte er.
Jewel nickte.
Nicholas ergriff wieder ihre Hand und streckte die Hände ein wenig nach vorne, wie er es den ganzen Weg bis hierher getan hatte. Als sie durch die große Flügeltür schritten, wurde sein Griff fester.
Jewel hatte den Krönungssaal noch nie betreten. Auf seine gewaltigen Ausmaße war sie nicht vorbereitet. Von den Emporen herab spürte sie die Blicke der Inselbewohner. Zehn ebenfalls mit Inselbewohnern besetzte
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