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Fey 09: Die roten Klippen

Fey 09: Die roten Klippen

Titel: Fey 09: Die roten Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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war grau, obwohl der Stein der umliegenden Berge rot war. Noch nie in ihrem Leben hatte Licia so hohe Berge gesehen, nicht einmal in den Eccrasischen Bergen, der Wiege der Fey. Auch das gab ihr zu denken.
    Die Inselbewohner verfügten über mehr Macht als die Völker anderer Länder, gegen die Licia bisher gekämpft hatte.
    Das hatte etwas zu bedeuten, ebenso wie die sonderbaren Berge und jenes Gefühl, das kurz vor Sonnenaufgang von ihr Besitz ergriffen hatte. Es war, als habe sie ein jäher, bösartiger Wind durchweht, ein Wind, der die Saat der Zerstörung in sich trug. Ein eiskalter Hauch hatte Licia überlaufen und eine Stelle in ihr berührt, an der ihre Zauberkraft verborgen war, eine Stelle, an die sie sonst nie dachte. Dann war der eigenartige Wind wieder verschwunden.
    Seither saß sie auf diesem Berggrat und wartete auf die Morgendämmerung, um eine endgültige Entscheidung zu treffen.
    Zu ihrer Linken, auf der anderen Seite des Flusses und in einiger Entfernung von der Anhöhe, auf der sie stand, hatte jemand ein Loch in die Bergwand gegraben. Man hatte eine tiefe Grube ausgehoben, eine Art Steinbruch, aus dem die Inselbewohner sich offensichtlich mit den Steinen versorgten, mit denen sie ihre Häuser bauten. Der Rand des Steinbruchs war ebenso grau wie die Häuser, wohingegen das Innere rot leuchtete. Es schien, als würde die Farbe aus dem Stein auslaufen, sobald man ihn aus der Felswand herausgebrochen hatte.
    Licias Nackenhaare sträubten sich.
    Sollte das der Wahrheit entsprechen, dann hatten diese Berge eine noch tiefere Bedeutung, als sie angenommen hatte. Sie mußte besonders vorsichtig sein. Vorsichtig, entschlossen und listig. Die List war wahrscheinlich ihre wichtigste Waffe.
    Licia erhob sich und klopfte sich den Schmutz von der Hose. Darüber trug sie nichts als ein Wams, das sie in ihrer Bewegungsfreiheit am wenigsten einschränkte. Ihr schwarzes Haar war zu einem Zopf geflochten, der mittlerweile so lang war, daß sie mit dem Gedanken spielte, ihn einmal um ihren Kopf zu schlingen, damit er sie nicht störte.
    Licia hatte genügend Soldaten, um bei Tageslicht anzugreifen. Trotzdem beschlich sie ein merkwürdiges Gefühl. Rugad hatte darauf bestanden, daß Ay’Le, die Hexerin, mit den Inselbewohnern sprach, damit sie sich von selbst ergaben.
    Aber Ay’Le war Rugads Befehl nicht nachgekommen. Offenbar hatten sie und Boteen eine kleine Kampfeinheit von Inselbewohnern getroffen, die sie aufgefordert hatten zu verschwinden, und die Hexerin hatte Boteen das Reden überlassen. Es war ein offenes Geheimnis, daß Zaubermeister nur wenig von Hexerei verstanden und ihre geringen Kenntnisse obendrein häufig ungeschickt einsetzten. Alles war anders verlaufen, als Rugad geplant hatte, und das war die dritte Sache, die Licia ärgerte.
    Man hatte sie gebeten, den Angriff zu planen, und das würde sie auch tun. So gut sie es unter den schwierigen Umständen eben vermochte.
    Es verlangte ja niemand von ihr, daß sie an den schwierigen Umständen Gefallen fand.
    Unten im Tal wurde es langsam lebendig. Die Städter erwachten früh zum Leben und gingen ihren Geschäften nach. Licia sah winzige Gestalten der Stadtmitte zustreben, wo sich die eng bebauten Straßen zu einem großen Platz hin öffneten.
    Sie war zu weit entfernt, um sehen zu können, was dort geschah.
    Aber das würde sie noch früh genug herausfinden.
    Bei einem normalen Feind wäre dies ein einfacher Angriff gewesen. Sie hätte erst die Infanterie und anschließend die Fußsoldaten über den Kamm ins Tal vorstoßen lassen und eine kleine Vorhut von Vogelreitern eingesetzt, um die Aufmerksamkeit der Inselbewohner von den herannahenden Streitkräften abzulenken.
    Aber hier handelte es sich um keinen normalen Feind, und wenn sie einfach nur Rugads Vorgaben ausführte, würden sich innerhalb kürzester Zeit Probleme mit dem üblichen Angriffsplan einstellen. Zuerst würden sie beispielsweise in dem schmalen Paß steckenbleiben, der zum Tal führte.
    Licia mußte diesmal bei ihrem Angriff mit etwas mehr Phantasie vorgehen.
    Die Trappen hielten sich in einem kleinen Tal hinter dem Hügelkamm verborgen. Es waren insgesamt fünfhundert Männer, zweimal soviel, wie Licia unter normalen Umständen für ein Gebiet dieser Größe für nötig gehalten hätte, und wieder ein Beweis dafür, wie vorsichtig Rugad sich verhielt. Licia warf einen letzten Blick auf das Städtchen. Es würde schwierig sein, Häuser aus Stein abzubrennen. Dort unten lebten viele

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