Fey 09: Die roten Klippen
berufen, deretwegen sie ihn beinahe getötet hätte. »Ich glaube schon. Ich hoffe es. Gerade jetzt könnten wir sie gut gebrauchen.«
Sie holte tief Luft. »Was können wir gegen diese Langen unternehmen?«
»Ich habe einige Ideen«, antwortete er. »Alle ohne jede Garantie. Zunächst müßt ihr wissen, daß sie sterblich sind, genau wie wir. Sie sterben auf die gleiche Weise. Ein Stich ins Herz tötet sie ebenso wie einen von uns. Allerdings verfügen sie über mehr Zauberkräfte als wir.«
An dieser Stelle hielt er inne, runzelte die Stirn und dachte nach. Vielleicht stimmte das nicht mehr. Er erinnerte sich an die Macht des geflüsterten Singsangs: Weiche! Hinfort mit dir! Weiche! »Zumindest wissen sie mit ihrer magischen Begabung umzugehen.«
Sie nickte.
»Ruft alle Stadtbewohner zusammen. Sie sollen versuchen, den Feind mit der Macht ihrer Worte zu vertreiben, so wie ihr es neulich mit mir getan habt. Möglicherweise verfügt ihr über eine Macht, mit der die Fey nicht rechnen.«
Sie verschränkte die Arme. Sie hatte nicht gedacht, daß er wußte, wie es funktionierte.
»Und dann«, fuhr er fort, »müßt ihr mich zu den Worten bringen.«
»Nein«, erwiderte sie kategorisch. »Außer den Weisen darf dort niemand hin.«
»Pausho.« Er beugte sich vor, weil er seinen Worten auf andere Weise keine Dringlichkeit verleihen konnte. »Ich habe viele Fey mit Weihwasser getötet. Das Rezept stammt vom Roca. Wir benutzten das Rezept, bei dem Seze verwendet wird, ein Kraut aus dieser Gegend. Ich vermute, daß Varin und mehrere andere Dinge hier von den Klippen den gleichen Effekt haben. Wer hätte gedacht, daß sie mit Wasser, einfachem Weihwasser zu töten sind? Niemand. Wir haben es zufällig entdeckt, und inzwischen wissen sie sich gegen diesen Effekt zu wehren. Aber es gibt Dutzende anderer Geheimnisse. Ich kenne sie, und ich kenne auch die Rezepte dafür, doch ich hatte kaum Gelegenheit, sie auszuprobieren. Das einzige, was ich probiert habe, nämlich ein Schwert aus Varin zu schmieden, hat nicht funktioniert.«
»Es funktioniert«, sagte Pausho leise.
Freudige Erregung stieg in ihm auf. Sie wußte es. Er versagte sich ein Lächeln. Er traute sich nicht. »Dann sind in den ursprünglichen Worten Informationen verborgen, die wir benutzen können.«
Sie schloß die Augen. Einen Moment lang sah es aus, als würde sie ohnmächtig. Dann öffnete sie die Augen wieder. Ihr Blick richtete sich sofort auf Tri, als machte sie ihn für das alles verantwortlich.
»Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht«, sagte sie leise, »mein Volk vor Dämonenbrut wie dir zu schützen. Und jetzt hat es den Anschein, als müßte ich mit dir gemeinsame Sache machen, um mein Volk zu retten.« Sie schluckte. »Woher soll ich wissen, daß es sich nicht um einen Trick handelt? Eine Methode, um an Wissen heranzukommen, das du dir auf keine andere Weise beschaffen kannst?«
Matthias’ Herz schlug heftig. »Glaubst du im Ernst, ich wäre mit diesem Vorschlag zu dir gekommen, wenn ich die Streitmacht dort oben hierhergeführt hätte? Glaubst du nicht, ich wäre statt dessen einfach in Constantia eingeritten und hätte sämtliche Bewohner abgeschlachtet?« Er biß sich auf die Unterlippe. Er mußte ihr gegenüber absolut ehrlich sein. Etwas anderes würde sie nicht akzeptieren.
»Wären das meine Soldaten«, sagte er, »hätte ich sie in tiefster Nacht in die Stadt geführt und sie auf euch gehetzt, bevor auch nur einer von euch aus dem Schlummer erwacht wäre. Und zuallererst hätte ich sie dich, Pausho, töten lassen und anschließend gleich die restlichen Weisen.«
Er vernahm rings um sich her erstauntes Keuchen. Paushos Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Sie musterte ihn mit herabgezogenen Mundwinkeln und traurigen Augen. »Du glaubst also, es gibt noch ein größeres Übel als dich?«
Tri faßte ihn am Arm. Matthias schüttelte ihn ab. Jewel war tot, gestorben von seiner Hand. Burden auch. Und viele andere mehr, wenn man dem Glauben schenkte, was manche erzählten. Wenn der Sieg der Fey, ihr zweiter Sieg, seiner Verbohrtheit zuzuschreiben war, mithin der Prüfung, die er vor fünfzehn Jahren Nicholas’ Ehefrau Jewel unterzogen hatte, dann hatte er einiges an Buße zu leisten.
Er konnte Pausho nur eine Antwort geben.
»Ja«, sagte er sanft. »Ich glaube, daß es ein größeres Übel als mich gibt. Es steht dort oben auf den Hügeln.«
»Und du bist der Meinung, ich müsse mich mit dir verbünden, um es unschädlich
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