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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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zu versinken, obwohl er die Sonne immer noch sehen konnte.
    Auch das Licht von unten, der breite, flache Strahl, ging aus.
    Coulter hatte Adrian erreicht, packte ihn und drückte ihn wehklagend an sich. Nicholas hatte Coulter noch nie zuvor diesen gebrochenen Klang ausstoßen hören, aber das war nicht nötig. Er wußte es auch so.
    Adrian war tot.
    Und Coulter würde ihm bald folgen, wenn Nicholas ihn nicht zurück in die Höhle schaffte. Es hatte den Anschein, als stünde dieses Licht, diese Waffe, mit dem Licht aus den Kugeln in Verbindung, aber das konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Er kämpfte gegen den Schwarzen König aller Fey und wagte es nicht, ihn zu unterschätzen.
    Nicholas eilte nach draußen. Überall waren Blutflecken zu sehen, als hätten die anderen Adrians trotz allem ein Stück echtes Leben besessen.
    Aber das hatte jetzt nichts mehr zu besagen. Adrian lag mit unnatürlich verdrehten Beinen am Rand des Plateaus, gleich neben den Stufen. Sein Oberkörper ruhte an Coulters Brust.
    Coulter schluchzte so heftig, daß seine ganze Gestalt vibrierte. Der Junge hatte seit Anbeginn des Gemetzels auf der Kippe gestanden; jetzt schien er die Grenze überschritten zu haben. Nicholas fluchte leise. Er durfte Coulter nicht verlieren, nicht jetzt. Coulter war so wertvoll für ihn und ihren Kampf wie die Höhle selbst.
    Bevor er neben Coulter in die Hocke ging, warf Nicholas noch einen Blick den Berg hinunter. Seine Wahrnehmung wies Lücken auf, als fehlten ganze Teile des Berges. Ein Stück weiter unten lagen Leichen, schrecklich verbrannt, die Gesichter beinahe unkenntlich, und dann waren da zwei große graue Flecken. Nicholas konnte kaum den Fluß hinter ihnen erkennen. Hinter den Flecken kam ein zweites Leichenfeld, gefolgt von einem weiteren grauen Flecken.
    War dieses Grau etwa eine Art Schattenland? Hatte der Schwarze König seine Verteidigung so rasch aufgebaut?
    Es mußte so sein. Und aus dieser Verteidigungsstellung heraus hatte er einen Weg gefunden, Nicholas’ eigene Waffe gegen ihn zu richten.
    Bislang bewegte sich dort unten nichts – zumindest nicht, soweit Nicholas etwas erkennen konnte. Er erinnerte sich an Ariannas Ermahnung, auch nach oben zu schauen, aber er sah keine ungewöhnlichen Vögel und auch keine Vorrichtung, die den Anführer der Fey durch die Lüfte trug.
    Dann widmete er sich Coulter. Der Junge hielt Adrian so fest an sich gedrückt, daß Adrians Gesicht nicht zu sehen war. Nicholas legte Coulter eine Hand auf die Schulter. Sie bebte vor Schmerz und Erschütterung.
    »Coulter«, sagte Nicholas leise. »Du mußt mit mir kommen.«
    Coulter reagierte nicht darauf. Er schien Nicholas nicht einmal gehört zu haben. Nicholas blickte noch einmal die Bergflanke hinab. Immer noch nichts, aber er traute dem Frieden nicht.
    »Coulter«, sagte er noch einmal mit trockenem Mund. Er mußte zu dem Jungen durchdringen, aber er durfte nicht Arianna dazu einsetzen. Er wollte sie in der Sicherheit des Schattenlandes wissen. »Wir müssen Adrian in die Höhle bringen.«
    »Warum?« fuhr ihn Coulter an. »Er ist tot.«
    Soviel Reaktion hatte Nicholas von dem Jungen gar nicht erwartet. »Wir können ihn hier nicht liegenlassen. Man weiß nie, was die Fey ihm antun.«
    »Doch«, sagte Coulter. »Ich weiß es.«
    Damit hatte er wahrscheinlich recht. Coulter wußte mehr über die Fey als die meisten anderen Inselbewohner.
    »Coulter, ich bitte dich«, flehte Nicholas. »Wir müssen hier weg.«
    »Warum?«
    Nicholas schluckte. Wenn nötig, würde er den Jungen tragen. »Adrian ist für dich gestorben. Also solltest du jetzt zumindest dein Leben in Sicherheit bringen.«
    »Adrian ist für dich gestorben«, erwiderte Coulter, ohne sich zu regen. »Für dich und für dein lächerliches Ziel und für deine Insel, die du ohnehin verloren hast. Und jetzt willst du, daß wir anderen auch noch sterben.«
    »Aber nein«, sagte Nicholas.
    »Doch. Ich und Fledderer und Leen … wir sollen alle sterben.«
    »Und Gabe? Und Arianna?« Nicholas ließ seine Worte einwirken. »Glaubst du etwa, ich möchte sie auch umbringen?«
    Stöhnend senkte Coulter den Kopf.
    Nicholas ging zu Adrians Füßen und packte sie mit beiden Händen. »Komm, wir bringen ihn hinein«, sagte er abermals.
    Coulter erhob sich, Adrian noch immer fest umschlungen. Die eigenartige Haltung erschwerte es Nicholas, fest zuzupacken, aber es gelang ihm irgendwie. Adrians Körper war erstaunlich leicht, als sei alles, was ihn zusammengehalten hatte,

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