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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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dem er dieses Schattenland verließ, bis er draußen alle Kontrolle verlor, verblieben ihm nur wenige Sekunden. Ohne den Schild wagte er sich nicht hinaus, schließlich wußte er nicht einmal, ob das Licht noch immer den Berghang herunterfloß. Außerdem konnte er das Licht nicht bündeln, wenn er es nicht noch einmal sah.
    Er trat durch den Torbogen.
    Das Licht strömte immer noch die Flanke des Berges herab, heller als alles, was er jemals gesehen hatte. Blendendes Licht. Lähmendes Licht.
    Von den Schreien war fast nichts mehr zu hören. Die meisten Fey waren tot.
    Er warf den Schild in die Luft, ließ ihn wachsen, bis er größer als Rugad selbst war, und schon spürte er, wie das Licht davon abprallte und der Druck nachließ. Mit Hilfe seiner visionären Kräfte sah er durch den Schattenlandschild, sah die Quelle des Lichts und packte sie, kehrte sie um und bündelte sie so, wie er es geplant hatte. Dann zielte er damit auf die Bergspitze.
    Das Licht rann wie ein breiter Strom herab, traf auf den Schild und sprang in einem faustgroßen Strahl zum Berg zurück. Rugad flachte den Strahl ab, formte ihn zu einer ebenen Fläche, hielt die gewünschte Ausdehnung ein und zielte damit auf den Ort der Macht. Die gewaltige, dem Licht innewohnende Kraft verblüffte sogar Rugad. Er würde sie nicht lange kontrollieren können.
    Jetzt hoffte er nur noch, daß er lange genug durchhielt.

 
40
     
     
    Das Schreien ließ nach. Nur hier und da noch ein abgerissener oder erstickter Schrei, mehr nicht. Nicholas hielt zwei Glaskugeln an der Hüfte. Seine Hände waren heiß und angeschwollen, auch die Haut unter dem Hemd war heiß.
    Coulter hatte sich nicht von der Stelle gerührt, außer um die nächsten Kugeln in Empfang zu nehmen. Noch immer rannen ihm Tränen über das Gesicht. Die Vorderseite seines Hemdes war durchnäßt, und das bereitete Nicholas Sorgen. Nicht nur wegen Coulter, der ihn in diesem Augenblick an Sebastian erinnerte, der es auch nicht hatte verwinden können, daß er für die Auslöschung von Leben verantwortlich war, sondern auch weil er befürchtete, daß die salzige Nässe die Verbrennungen noch verschlimmern konnte.
    Der Angriff der Fey war zum Erliegen gekommen. Nicholas konnte es in Adrians Gesicht ablesen. Aber Adrians Gesicht war bleich geworden, beinahe farblos. Er schien von dem, was er da sah, völlig gelähmt zu sein.
    Nicholas hoffte nur, daß die Kugeln ausreichten, um die gesamte Armee zu vernichten. Inzwischen hatten sie schon die Hälfte verbraucht, und Nicholas wußte nicht, wie er noch mehr von ihnen herstellen sollte. Aber darüber würde er sich zu gegebener Zeit Gedanken machen.
    Das Licht strömte aus ihnen heraus wie eine breite, goldene Mauer, die ihren Schutz ausstrahlte. Er fand Trost darin und gewöhnte sich an ihr Leuchten, an ihre -
    »Sire!« Adrian wandte sich mit erschrockenem Gesicht um, und mit ihm hundert weitere Adrians. »Etwas hat sich verändert!«
    Aber er mußte es nicht näher erklären. Licht, dünn, hart und so konzentriert wie die lange Klinge eines riesenhaften Schwertes, erhob sich über den Klippenrand. Es sah aus, als hätte jemand Nicholas’ Lichtmauer genommen und in etwas Feineres, Präziseres umgeformt. Das Licht bohrte sich durch jeden einzelnen der Adrians, schnitt ihm durch die Brust. Das Licht unterschied nicht zwischen dem echten und den falschen Adrians – die falschen schienen es nicht einmal zu bemerken –, aber als es den echten erreicht hatte, keuchte er überrascht auf.
    Seine Augen weiteten sich – einhundert Augenpaare weiteten sich –, sein Mund öffnete sich, und Blut sprudelte heraus. Die anderen Adrians wiederholten die Bewegung noch einige Sekunden lang, dann verschwanden sie – waren auf einmal nicht mehr da, als hätte es sich lediglich um einen Schwarm Seifenblasen gehandelt.
    Adrian blieb aufrecht stehen, den Oberkörper von dem langen flachen Lichtstrahl halbiert. Blut tropfte von ihm herab. Dann kippte er vornüber.
    Coulter ließ seine Glaskugel fallen. Sie zerbrach nicht, aber das Licht ging aus. Er rannte auf Adrian zu, laut dessen Namen schreiend.
    Das Licht, das der Höhle entströmte, verminderte seine Leuchtkraft um die Hälfte, und einen Augenblick später war auch das zurückkommende Licht nur noch halb so stark.
    Jetzt ließ auch Nicholas seine Kugeln fallen, als würden sie Adrian umbringen – was womöglich sogar zutraf. Sie rollten über den Höhlenboden und verloschen. Die gesamte Bergspitze schien in Dunkelheit

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