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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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sie und strahlte ein schwaches Licht aus.
    »Wie erbärmlich«, sagte die Stimme. »Sind unsere Fähigkeiten in fünfzig Generationen so heruntergekommen?«
    Beinahe ohne darüber nachzudenken, entzündete Matthias seine übrigen Finger. Die Flamme leuchtete den dunklen Fleck aus.
    Er war leer.
    »Wer bist du?« fragte er.
    »Warum willst du das wissen?«
    »Weil du mich verspottest.«
    »Verspotten.« Die Stimme klang leicht gelangweilt. »Ich habe dich nicht verspottet. Ich habe mich mit dir unterhalten. Hat sich auch die Kunst der Unterhaltung in fünfzig Generationen so dermaßen verändert? Oder benutze ich diese verflixte Sprache falsch?«
    Matthias spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. »Welcher Sprache bedienst du dich denn lieber?«
    »Dieser Sprache, im Original«, erwiderte die Stimme. »Steigst du die Treppe jetzt hoch oder nicht?«
    »Ja doch«, sagte Matthias in der Alten Inselsprache.
    »Ein gebildeter Mann!« gab die Stimme in der gleichen Sprache zurück und hörte sich mit einem Mal fröhlicher an. »Wie schön! Sag noch etwas!«
    »Wo bist du?« erkundigte sich Matthias in jener Sprache.
    »Komm einfach die Treppe herauf«, antwortete die Stimme, »dann siehst du’s schon.«
    Matthias ging weiter. Es kam ihm dumm vor, die rechte Hand wie eine Fackel vor sich herzutragen, aber er tat es trotzdem. Noch immer fand er es seltsam, ganz nach Belieben allein per Gedankenkraft Feuer hervorrufen zu können.
    »Deine Aussprache klingt ein bißchen komisch«, sagte die Stimme. »Du betonst die falsche Silbe. Wir haben früher die erste betont.«
    »Dann klingt die Sprache aber ziemlich holprig, oder?« fragte Matthias, ohne die eigene Aussprache zu verändern. Er hatte die Alte Inselsprache so gelernt und seit seinen frühen Schultagen nicht mehr laut gesprochen, und nun verspürte er kein Bedürfnis danach, in dieser Sprache zu denken, in ihr zu sprechen und gleichzeitig auch noch die Betonung zu verändern.
    »Sehr betont«, sagte die Stimme, »das macht die Sprache sehr betont.«
    »Das auch«, brummte Matthias. Er war am Ende der Treppe angekommen und ließ seine Finger ausgehen. Der Korridor war lang, breit und gut beleuchtet.
    Und leer.
    »Ich hatte gehofft, dich hier zu treffen«, sagte er mit ein wenig mehr Schneid, als er eigentlich verspürte.
    »Ich bin doch hier«, erwiderte die Stimme.
    Unter der Decke bildete sich ein Nebel. Er dehnte sich aus, verformte sich zu einer Gestalt und wurde immer dichter, bis ein Mensch zu erkennen war, auch wenn es ein Mensch war, wie Matthias noch nie zuvor einen gesehen hatte. Hätte er nicht mit eigenen Augen gesehen, daß er eben aus einer Nebelwolke entstanden war, hätte er es nicht geglaubt.
    Der Mann fiel von der Decke und landete auf den Füßen. Er war kleiner als Matthias und eindeutig ein Inselbewohner, wenn auch von einem Schlag, der Matthias unbekannt vorkam. Der Mann war blaß, hatte hellblaue Augen, weißblondes Haar und eine helle Haut, die beinahe durchsichtig wirkte. Er trug ein weißes, in den Bund der dunklen Hose gestopftes Hemd und Fey-Stiefel.
    Matthias starrte ihn ungläubig an.
    Daraufhin errötete der Mann und strich mit den Händen über seine Kleidung. »So was tragt ihr doch heutzutage, oder nicht?«
    Matthias nickte verdutzt. Sah der Mann denn nicht, daß er ebenso gekleidet war?
    »Du hast mich so komisch angeglotzt …« Die Stimme des Mannes hatte ihren spöttischen Ton verloren.
    »Ich habe noch nie gesehen, wie ein Mann aus Nebel entsteht.«
    Der Mann setzte eine finstere Miene auf. »Du bist doch eindeutig einer von uns. Du siehst aus wie einer von uns. Wahrscheinlich gehörst du sogar zu Coulters Verwandtschaft …«
    »Ich heiße Matthias. Meine Eltern kenne ich nicht, aber ich bezweifle, daß ich mit Coulter verwandt bin.« Seine letzte Aussage kam ihm wie eine Lüge vor. Coulter war der junge brennende Bursche, der Matthias beigebracht hatte, wie man seine Finger in Flammen setzte. So wie Pausho redete, schienen sie beide – Matthias und Coulter – eine Menge gemeinsam zu haben. Vielleicht sogar die gleiche Familie.
    »Du bist nicht Matthias. Leider nicht. Dann könnte ich wenigstens mit jemandem reden.« Der Mann stemmte die Hände in die Hüften und schaute in den Korridor hinein, als könnte er bis an dessen Ende sehen. »Wer hat dich meine Sprache gelehrt?«
    »Ich habe sie in der Schule gelernt.«
    »Dann wird sie also noch von einigen gesprochen.«
    »Nur von wenigen«, erwiderte Matthias. »Die

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