Fida (German Edition)
früher in Vorratskammern einbaute, um den Raum zu belüften und zu temperieren. Tatjana runzelt die Stirn. Offensichtlich hat sie die Quelle des stotternden Mofa-Geräusches gefunden. Dafür braucht er also das Benzin. Doch weshalb führt das Kabel nach unten, statt zum Beispiel in die Küche, um dort den Herd mit Strom zu versorgen? Gibt es hier einen Keller? Und warum macht sich überhaupt jemand die Mühe, den Strom für ein Haus mit einem Generator zu fabrizieren, statt sich ganz normal über die Stromleitungen damit versorgen zu lassen? Prüfend betätigt sie den Lichtschalter an der Wand, doch nichts rührt sich. Sie zieht die Tür wieder zu und geht zur nächsten. Durch die betritt sie einen langen Flur, von dem weitere Türen in andere Räume und eine Treppe ins obere Stockwerk führen. Es ist finster hier, nur durch die Küchentür fällt ein wenig Licht herein. Tatjana erinnert sich an die Taschenlampe, die sie noch immer in der Hand hält, schaltet sie ein und leuchtet den Gang entlang. Der Strahl scheint von der Dämmerung verschluckt zu werden, sich in dem schlauchförmigen Raum zu verlieren, bis er am Ende auf ein metallisches Objekt trifft, das ihn funkelnd zu Tatjana zurück wirft. Langsam, mit wild klopfendem Herzen, geht sie darauf zu. Sie hat den Eingang zum Keller gefunden, dem Raum, in dem die Kabel enden, da ist sich Tatjana ganz sicher. Die Tür ist mit einem massiven Riegel und einem Vorhängeschloss gesichert. Sie muss wissen, was sich dahinter verbirgt. Prüfend rüttelt sie daran, doch das Schloss ist fest eingerastet und der Eingang wirkungsvoll verschlossen. Tatjana mustert den Riegel. Er ist auf der einen Seite mit dem Rahmen, auf der anderen mit der Tür verschraubt. Wenn sie im Werkzeugkasten beim Generator das passende Werkzeug fände, könnte sie damit die Schrauben lösen und nachsehen, was er da unten verbirgt. Tatjana geht zurück in die Kammer neben der Küche, findet dort einen Schraubenzieher und ist damit schon auf dem Weg zurück in die Küche, als ihr Blick den Nagel streift, und den kleinen Schlüssel, der daran hängt.
Vielleicht kann ich mir die Mühe auch sparen. Der könnte in das Vorhängeschloss passen , denkt Tatjana und nimmt ihn an sich.
Sie geht zurück in den Flur, probiert zuerst den Schlüssel aus, doch er passt nicht. Gerade will sie damit beginnen, die Verriegelung abzuschrauben, als sie jäh unterbrochen wird, durch das verräterische Quietschen der Küchentür.
Kapitel 25
18. April 2013
Tom stutzt, für den Bruchteil einer Sekunde, als er die Treppe hinaufgeht, und wundert sich darüber, dass die Küchentür ein kleines Stück offen steht. Eigentlich ist er immer sehr sorgfältig, wenn er dieses Haus verlässt und zieht sie richtig zu. Aber vorhin hatte er es eilig, wollte ohnehin nur ganz kurz weg, weil mal wieder der Sprit für den Generator ausgegangen war. Bestimmt war er nachlässig, hatte die Tür nicht richtig zugezogen oder der Wind hatte sie ein Stück aufgedrückt.
Die letzten Tage waren hektisch. Im Fitness-Studio herrschte zurzeit großer Andrang. Seine Kurse waren ausgebucht und weitere Anfragen nach Privatstunden musste er inzwischen ablehnen. Seine Unerbittlichkeit machte sich beruflich bezahlt. Tom war erbarmungslos – doch bei der Kundschaft dafür bekannt, dass niemand einen Körper so stählte wie er. Wenn er noch mehr Kunden annehmen würde, bliebe ihm bald gar keine Zeit mehr für sein Hobby.
Auch verbotene Aktivitäten, wenn man ihnen Tag für Tag nachgeht, werden irgendwann zur Gewohnheit , denkt Tom. Schon heute Mittag, als er zum ersten Mal herkam, war er in Eile. Seine Mittagspause war schon halb vorbei, doch da er am Vortag ebenfalls schon keine Zeit hatte und nicht bei Fida war, wollte er zumindest kurz nach dem Rechten sehen. Er parkte entgegen aller Gewohnheit vorn an der Straße und benutzte die Haustür, statt sich hinten herum rein zu schleichen. Man muss aufpassen, gerade bei den Dingen, die zur Routine werden, dass man sich nicht vom Alltag den vorsichtigen Blick vernebeln lässt , überlegt er weiter. Heute Mittag, als er sein Rad viel zu offensichtlich abstellte, war ihm egal, ob es jemand sah. Er hatte es eilig, wollte Fida nur den Schrank mit den Vorräten aufschließen. Vorher ärgerte er sich darüber, dass er ihn beim letzten Mal nicht einfach offen gelassen hatte. Nun ging seine Pause für die Versorgung von Fida drauf. Hinterher war er froh, dass er dort war, ärgerte sich aber über sich selbst,
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