Fida (German Edition)
Platte streicht auf der Lauras Name steht.
Tränen schimmern in ihren Augen, aber das ist ok. Natürlich tut es weh, hierher zu kommen. Trotzdem findet Tatjana an diesem Ort Frieden. Ihr Leben wird nie wieder sein, wie zuvor. Wie es war, als Laura noch am Leben und Jochen noch an ihrer Seite war. Vermutlich wird es nie ganz aufhören, weh zu tun. Tatjana glaubt nicht, dass die Zeit wirklich alle Wunden heilen kann. Aber seit sie weiß, was mit ihrer Tochter passiert ist, seit Laura hier ihre letzte Ruhe fand, ist es für sie einfacher, damit umzugehen. Sie hat nun einen Ort, an den sie gehen kann, wenn sie traurig ist, oder das Bedürfnis hat, Laura nahe zu sein. Tatjana kommt oft hierher. Mindestens einmal in der Woche. Sie erlaubt sich, zu trauern – aber nicht mehr in ihrer Trauer zu versinken, als wäre sie eine Nichtschwimmerin in einem Meer voller Tränen.
Langsam fängt sie an, auch wieder die positiven Seiten des Lebens zu sehen. Jochen kommt zwar nicht wieder zu ihr zurück, doch er wird sich nicht um das mit ihr streiten, was sie gemeinsam aufgebaut hatten. Tatjana hat ein Zuhause an dem ebenso wundervolle, wie auch schmerzhafte Erinnerungen hängen. Darüber, wie sie die Rechnungen zahlen soll, muss sie sich keine Sorgen machen. Sie hat nun Gewissheit – und kann endlich wieder ruhig schlafen. Und sie fühlt sich auch nicht vollkommen alleine. Sicher, sie hat viel verloren, mehr als sie einfach verkraften kann. Aber sie hat auch etwas gewonnen.
Tatjana hört leichte Schritte den Weg entlang kommen, der zum Grab führt. Sie muss nicht aufsehen, um zu wissen, wer sich neben sie kniet und stumm die Hand in ihre schiebt.
„Schön, dass du gekommen bist!“, sagt Tatjana.
Die junge Altenpflegerin nickt schweigend und legt ebenfalls ein paar Blumen auf Lauras Grab nieder. Tatjana weiß, dass Susanne große Dankbarkeit dafür empfindet, nicht selbst dort zu liegen. Obwohl es ihre Tochter ist, die hier liegt und Tatjana alles dafür geben würde, wenn nur ein anderer diesen Platz einnehmen könnte, nimmt sie ihr dieses Gefühl nicht übel. Sie hat die ernsthafte, junge Frau, der sie das Leben gerettet hat, tief in ihr Herz geschlossen.
„Es ist doch Lauras Geburtstag. Ich habe gewusst, dass ich dich hier finde!“, sagt Susanne schließlich. „Wollen wir noch eine Weile bei ihr bleiben und dann einen Kaffee trinken gehen?“
Tatjana wendet den Kopf. Sie weiß, dass die junge Frau noch nicht wieder gern aus dem Haus geht und unter schweren Angst- und Panikattacken leidet. Auch die Stelle an ihrem Hinterkopf, an der sie sich das Haar ausreißt, ist noch nicht wieder verheilt. Diese Gewohnheit kann sie sich nur schwer abtrainieren. Susanne trägt eine Mütze, um die kahle Stelle zu verbergen. Trotzdem ist sie hierhergekommen, damit Tatjana nicht allein ist, an diesem für sie besonders schweren Tag.
Tatjana lächelt Susanne an, nickt dankbar und sagt: „Ein Kaffee wäre gut. Und vielleicht sogar ein Stück Torte!“
Danksagung der Autorin
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei ein paar Menschen bedanken, die mir bei der Arbeit eine große Hilfe waren. Insbesondere an meine Testleserinnen. Hervorheben möchte ich da, wundern Sie sich nicht, wenn Ihnen die Namen bekannt vorkommen, Jutta Wenz und Heidi Likar, Dagmar Meyer und Kathleen Stemmler, die freundlicherweise auch das Korrektorat übernahm. Darüber hinaus meinem Lebensgefährten, für seine Unterstützung und Geduld.
Und auch bei Ihnen möchte ich mich bedanken, dafür, dass Sie mein Buch bis zum bitteren Ende gelesen haben.
Ihre Stefanie Maucher
Leseprobe: Rattenauge
Rattenauge ... etwas Besseres als den Tod ...
Roman von Jacqueline Spieweg
Leseprobe:
Vielleicht –
Ja, vielleicht hätte man es erklären können, wenn es warm gewesen wäre.
Doch – es ist nicht warm. Es ist März nach einem schneelosen Winter. Ein Winter, dessen Anfang so lange zurückliegt, dass Erinnerungen an Sonne und Licht wie Träume verblassen. Ein Winter, dessen Nächte nicht kürzer und Tage nicht länger werden, sondern zu einem einzigen Grau verschwimmen.
Vielleicht – fraßen Ratten die Erinnerung an etwas Besseres als den Tod.
1. Kapitel
„Patrik!“, stöhnte Irina, ohne aufzusehen. „Patrik ist doch ein Spinner!“
Die hagere Frau mit den öl- und rußverschmierten Fingern saß in ihre Arbeit vertieft auf dem Boden und nahm weder den
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