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Fieber

Titel: Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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hatte er Wichtigeres zu tun, als sich um Ellens Stimmungen und Verhalten zu sorgen. Verärgert schob erden Gedanken an sie beiseite und konzentrierte sich darauf, die Versuchsprotokolle, die auf seinem Schreibtisch lagen, zusammenzutragen und die letzten Auswertungen von seinem Arbeitstisch. Dann lief er den Flur hinunter zur Feuerleiter, während er in seinem Kopf schon zurechtlegte, was er sagen wollte.
    Argwöhnisch sahen ihm die Verwaltungssekretärinnen hinterher, als er an ihren Plätzen vorübereilte. Sie alle wußten, daß er das Canceran-Projekt übernehmen sollte und daß er nicht besonders glücklich darüber war.
    Charles achtete nicht auf ihre neugierigen Blicke, doch er fühlte sich wie ein entdeckter Wolf im Hühnerstall. Um ihren besonderen Status zu unterstreichen, war der Platz von Miß Veronica Evans, der Sekretärin von Dr. Carlos Ibanez, mit holzvertäfelten Trennwänden von dem übrigen Bürobetrieb abgesondert worden. Sie war sogar schon länger am Weinburger-Institut als ihr Chef, eine äußerst gepflegte Frau, die zur Körperfülle neigte. Sie war nicht mehr die Jüngste, ohne daß man ihr ein genaues Alter angesehen hätte.
    »Ich möchte den Direktor sprechen«, sagte Charles mit entschiedener Stimme.
    »Sind Sie angemeldet?« Niemand konnte Miß Evans einschüchtern.
    »Es genügt, wenn Sie ihm sagen, daß ich hier bin«, antwortete Charles.
    »Ich fürchte …« begann Miß Evans.
    »Wenn Sie ihm nicht sagen, daß ich hier bin, werde ich einfach hineingehen.« Charles konnte seine Stimme kaum noch beherrschen. Miß Evans warf Charles ihren berüchtigten geringschätzigen Blick zu und stand zögernd auf. Dann verschwand sie durch eine Tür. Als sie wieder erschien, hielt sie wortlos die Tür auf und winkte Charles herein.
    Das Büro von Dr. Ibanez lag in einem großen Eckzimmer, dessen Fenster nach Süden und Osten zeigten. Man konnte das Gelände der Universität von Boston sehen und einen Teil der Stadtsilhouette hinter dem teilweise zugefrorenen Charles River. Ibanez saß hinter einem ausladenden, antiken spanischen Schreibtisch, auf dem Stuhl davor saß Dr. Thomas Brighton.
    Dr. Carlos Ibanez lachte gerade über eine Bemerkung, die gefallen sein mußte, bevor Charles das Zimmer betreten hatte. Dabei gestikulierte er mit der langen, dünnen Zigarre, die er rauchte, daß Charles sich ebenfalls einen Stuhl heranziehen sollte. Ein Glorienschein aus Zigarrenqualm stand über seinem Kopf wie eine Regenwolke über einem tropischen Eiland. Er war von kleiner, zierlicher Statur, Anfang der Sechzig und neigte zu heftigen Bewegungen, besonders mit den Händen. Sein Gesicht, das immer tief gebräunt war, wurde von silbergrauem Haar und einem silberfarbenen Spitzbart umrahmt. Seine Stimme war überraschend kräftig.
    Charles setzte sich. Die Anwesenheit von Dr. Brighton störte ihn. Einerseits war er wütend auf ihn, aus beruflichen und auch persönlichen Gründen; andererseits tat es ihm leid, daß Brighton jetzt in einen Skandal verwickelt war, der sein ganzes Leben zerstören konnte.
    Dr. Brighton warf Charles einen schnellen, aber eindeutig geringschätzigen Blick zu, dann drehte er sich wieder zu Dr. Ibanez. Dieser eine Blick hatte genügt, um Charles’ Mitgefühl zu untergraben. Forschend sah er auf Brightons Profil. Charles schätzte ihn auf einunddreißig. Doch er sah jünger aus, blond und attraktiv wie ein ausgekochter Karrieremann.
    »Ach, Charles«, sagte Ibanez mit Verlegenheit in der Stimme. »Ich habe mich gerade von Thomas Brighton verabschiedet. Es ist eine Schande, daß er sich in seinem Eifer, das Canceran-Projekt zu beenden, so unklug verhalten hat.«
    »Unklug?« brach es aus Charles heraus. »Kriminell wäre wohl der passendere Ausdruck.« Brighton schoß die Röte ins Gesicht.
    »Aber Charles, er hatte die besten Absichten. Wir wissen, daß er das Institut nicht in Schwierigkeiten bringen wollte. Wirklich kriminell ist die Person, die den Hinweis an die Presse gegeben hat. Wir werden den Schuldigen suchen und ihn empfindlich bestrafen.«
    »Und Dr. Brighton?« fragte Charles in einem Ton, als ob Thomas Brighton nicht anwesend wäre. »Billigen Sie etwa, was er getan hat?«
    »Natürlich nicht«, antwortete Dr. Ibanez. »Aber die Schmähungen, die ihm von Seiten der Presse zuteil geworden sind,waren Strafe genug. In den nächsten Jahren wird er Mühe haben, einen Arbeitsplatz zu finden, der seinen Fähigkeiten entspricht. Das Weinburger-Institut kann seine Berufskarriere mit

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