Fieber
Gerichtsuhr, Euer Ehren.«
Richter Pelligrino sah Patrick über die Halbgläser seiner Brille hinweg forschend an. Offensichtlich überlegte er, ob die Antwort nur ausgesprochen geistreich oder unverschämt anmaßend gewesen war. Er entschied sich für das erstere und lächelte dünn. »Sehr schön, Mr. Murphy. Diese Erklärung kann ich akzeptieren. Und jetzt erzählen Sie mir bitte etwas zu Ihrem Vormundschaftsersuchen.«
Während Patrick ausführlich die Umstände von Michelles Krankheit und Behandlung beschrieb und nachdrücklich das merkwürdige Verhalten von Charles herausstellte, prüfte Richter Pelligrino die eingereichten Formulare. Man hätte denken können, daß er dem Anwalt überhaupt nicht zuhörte.
Aber als Patrick bei seinen Ausführungen einmal ein grammatikalischer Fehler unterlief, sah der Richter sofort auf und korrigierte ihn.
»Und wo sind die eidesstattlichen Erklärungen von Dr. Wiley und Dr. Keitzman?« fragte Richter Pelligrino, als Patrick geendet hatte.
Der Anwalt beugte sich vor und durchblätterte eilig die Unterlagen, die ihm der Richter entgegenhielt. Besorgt griff er dann nach seiner Aktentasche und entdeckte zu seiner Erleichterung die beiden Dokumente auf den ersten Blick. Mit einer Entschuldigung reichte er sie über den Tisch.
Der Richter las sie mit aller Sorgfalt.
»Ich nehme an, daß Sie die Adoptivmutter sind«, sagte Richter Pelligrino zu Cathryn gewandt.
»So ist es«, antwortete Patrick. »Und sie ist verständlicherweise besorgt, daß die richtige Behandlung für das junge Mädchen beibehalten wird.«
Richter Pelligrino sah Cathryn prüfend an. Ihre Unsicherheit ließ ihr das Blut in die Wangen schießen.
»Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen«, fügte Patrick hinzu, »daß zwischen Cathryn und Charles Martel keine ehelichen Probleme bestehen. Die einzige Absicht unseres Ersuchens ist es, die Beibehaltung einer angemessenen Behandlung, wie sie von der medizinischen Fachwelt anerkannt und befürwortet wird, zu garantieren.«
»Das habe ich bereits verstanden«, sagte Richter Pelligrino. »Was ich nicht verstehe ist, daß der leibliche Vater nicht zur Einvernahme zugegen ist.«
»Aber das ist es doch gerade, weshalb Mrs. Martel die zeitweilige Vormundschaft beantragt«, sagte Patrick. »Erst vor wenigen Stunden hat Mr. Martel ohne erkennbaren Anlaß ein Treffen mit Mrs. Martel und Michelles Ärzten verlassen. Als letztes brachte er noch zum Ausdruck, daß die Behandlung, die Michelles einzige Überlebenschance ist, abgebrochen werden sollte. Und, das werden Sie zwar nicht in den Dokumenten finden, die Ärzte machen sich ernsthafte Sorgen über seinen Gemütszustand.«
»Das hört sich aber so an, als ob es in den Unterlagen festgehalten werden sollte«, sagte der Richter.
»Ich stimme Ihnen zu«, sagte Patrick. »Aber das würde voraussetzen, daß Mr. Martel einen Psychiater aufsucht. Vielleicht kann das bis zur großen Anhörung arrangiert werden.«
»Möchten Sie noch etwas hinzufügen?« fragte der Richter Cathryn. Sie verneinte mit kaum hörbarer Stimme.
Während Richter Pelligrino nachzudenken schien, schob er die Papiere auf seinem Schreibtisch hin und her. Schließlich räusperte er sich geräuschvoll. »Ich werde in diesem Notfall der zeitweiligen Vormundschaft zustimmen für den alleinigen Zweck, die allgemein anerkannte und ärztlich gutgeheißene Behandlung der Patientin sicherzustellen.« Mit einem Schwung aus dem Handgelenk unterzeichnete er den Antrag. »Weiterhin werde ich einen Vormund ad litim ernennen, der im Sinne dieses Beschlusses eingesetzt bleibt, bis bei der großen Anhörung die wesentlichen Punkte des Antrags geklärt werden können. Die Anhörung sollte in drei Wochen stattfinden.«
»Das wird schwierig werden«, sagte der Gerichtssekretär, der bisher geschwiegen hatte. »Ihr Terminkalender läßt das nicht zu.«
»Zum Teufel mit dem Terminkalender«, sagte Richter Pelligrino. Er unterschrieb das zweite Dokument.
»Aber drei Wochen sind eine viel zu kurze Zeit für uns zur ausreichenden Vorbereitung auf die Anhörung«, protestierte Patrick. »Wir werden medizinische Gutachten beibringen müssen. Außerdem muß die Rechtslage genau geklärt werden. Dafür brauchen wir mehr Zeit.«
»Das ist Ihr Problem«, sagte der Richter kühl. »Sie werden sich ohnehin schnellstens auf die vorläufige Anhörung vorbereiten müssen. Das Gesetz verlangt, daß sie in drei Tagen anberaumt wird. Am besten machen Sie sich also gleich an
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