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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Mike und Mister Jeffers, die müßten Bescheid wissen. Das sind wirklich gute Männer, und es könnte sein, daß Sie sie noch einmal ganz gut gebrauchen können.«
    »Sie gebrauchen?« fragte Joshua. »Wie das denn, Abner?« »Was geschieht denn, wenn einer Ihrer Leute Ihr Spezialgetränk nicht mag?«
    Joshua Yorks freundliches Lächeln erstarb sofort. Er stand auf, ging durch die Kabine und schenkte sich einen Drink ein: Whiskey, pur. Als er sich wieder umdrehte, runzelte er noch immer nachdenklich die Stirn. »Vielleicht«, sagte er. »Ich muß mir das mal durch den Kopf gehen lassen. Wenn man ihnen wirklich trauen kann . . . Ich habe gewisse düstere Vorahnungen hinsichtlich unserer Fahrt in den Bayou.«
    Diesmal ließ Valerie nicht den erwarteten Protest hören. Marsh streifte sie mit einem Seitenblick und sah, daß sie die Lippen krampfhaft zusammenpreßte, und in ihren Augen flackerte es, vermutlich die ersten Vorboten furchtbarer Angst. »Was ist los?« fragte Marsh. »Sie beide sehen auf einmal seltsam aus.«
    Valeries Kopf zuckte hoch. » Er «, sagte sie. »Ich habe Sie schon weiter oben auf dem Fluß gebeten, umzukehren. Ich bäte erneut darum, wenn ich erwarten könnte, daß einer von euch auf mich hört. Er ist unten in Cypress Landing.«
    »Wer?« fragte Marsh verwirrt. »Ein Blutmeister«, sagte Joshua. »Abner, Sie müssen wissen, daß nicht alle Angehörige meiner Rasse genauso denken wie ich. Sogar unter meinen Getreuen gibt es solche . . . Nun, Simon ist mir treu ergeben, Smith und Brown sind eher passiv, aber Katherine - von Anfang an habe ich bei ihr einen gewissen Widerspruch gespürt. Ich glaube, es gibt in ihrem Innern einen düsteren Bereich, der sich nach dem alten Leben sehnt, der dem Schiff nachtrauert, das sie verfehlt hat, und der unter meiner Befehlsgewalt leidet, sich dagegen auflehnt. Sie gehorcht, weil sie muß. Ich bin Blutmeister. Aber das gefällt ihr nicht. Und die anderen, jene, die wir entlang des Flusses an Bord genommen haben - bei denen bin ich mir auch nicht ganz sicher. Außer Valerie und Jean Ardent traue ich keinem vollständig. Erinnern Sie sich noch, daß Sie mich vor Raymond Ortega gewarnt haben? Ich teile Ihr Mißtrauen ihm gegenüber. Valerie bedeutet ihm nichts, daher irrten Sie sich, daß Eifersucht ein Motiv sein könnte, aber ansonsten hatten Sie wohl recht. Um Raymond in Natchez an Bord zu bringen, mußte ich ihn besiegen, so wie ich Simon vor langer Zeit in den Karpathen besiegt habe. Mit Cara de Gruy und Vincent Thibaut gab es ebenfalls Auseinandersetzungen. Nun folgen sie mir, weil sie müssen. Das ist so Sitte bei meinem Volk. Dennoch frage ich mich, ob nicht wenigstens einige wenige unter ihnen abwarten. Abwarten, um zu sehen, was wohl geschieht, wenn die Fiebertraum zum Bayou hinunterdampft und ich demjenigen gegenübertrete, der ihrer aller Meister ist.
    Valerie hat mir viel von ihm erzählt. Er ist alt. Älter als Simon oder Katherine, älter als jeder von uns. Sein Alter allein beunruhigt mich schon. Nun nennt er sich Damon Julian, doch davor war er Giles Lamont, derselbe Giles Lamont, dem dieser armselige Mulatte dreißig sinnlose Jahre lang gedient hat. Ich habe gehört, daß er mittlerweile einen neuen menschlichen Diener hat . . . «
    »Sour Billy Tipton«, murmelte Valerie voller Abscheu.
    »Valerie hat Angst vor diesem Julian«, erklärte Joshua York. »Die anderen sprechen ebenfalls voller Furcht von ihm, aber manchmal auch mit einer gewissen Gefolgschaftstreue. Als Blutmeister hat er für sie gesorgt. Er gewährte ihnen Zuflucht, bot ihnen Wohlstand und Festbankette. Sie labten sich an Sklaven. Kein Wunder, daß er sich dort niedergelassen hat, wo er sich jetzt aufhält.«
    Valerie schüttelte den Kopf. »Laß ihn in Ruhe, Joshua! Bitte! Tu es für mich, wenn schon aus keinem anderen Grund. Damon wird sich über dein Erscheinen nicht freuen, er wird die Freiheit, die du bringst, sicher nicht gutheißen.«
    Joshua verzog unwillig das Gesicht. »Er hat immer noch einige von unseren Leuten bei sich. Willst du, daß ich auch sie im Stich lasse? Nein. Und du kannst dich in Julian auch irren. Er lebt seit Jahrhunderten unter dem Einfluß des Roten Durstes, und ich vermag dieses Fieber zu lindern.«
    Valerie verschränkte die Arme, wobei ihre violetten Augen wütend funkelten. »Und wenn er nicht besänftigt werden kann? Du kennst ihn nicht, Joshua.«
    »Er ist gebildet, intelligent, kultiviert, er liebt alles Schöne«, sagte York beharrlich.

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