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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Ich habe mein ganzes Volk verraten, habe es ins Unglück gestürzt. Wir hätten sie niemals mitnehmen dürfen.« »Sie hatte ihre Wahl getroffen«, wandte Marsh ein. »Wenigstens hat sie sich von ihm befreien können.«
    »Frei«, sagte Joshua York bitter. »Ist das die Freiheit, die ich meinem Volk bringe? Ein trauriges Geschenk. Eine Zeitlang, ehe Damon Julian in mein Leben trat, wagte ich sogar zu träumen, daß Valerie und ich eines Tages vielleicht ein Paar werden könnten. Nicht nach Art meines Volkes, füreinander entflammt durch den Ruf des Blutes, sondern mit einer Leidenschaft füreinander, geboren aus Zärtlichkeit und Zuneigung und gegenseitiger Hingabe und Sehnsucht zueinander. Wir haben darüber gesprochen.« Sein Mund verzog sich traurig. »Sie hat an mich geglaubt. Und ich habe sie getötet.«
    »Einen Teufel haben Sie«, widersprach Marsh. »Am Ende sagte sie, daß sie Sie liebte. Sie mußte ja nicht mit uns kommen. Sie wollte es so. Wir alle müssen uns entscheiden, haben Sie mal selbst gesagt. Ich glaube, sie hat die richtige Wahl getroffen. Sie war eine ungemein schöne Lady.«
    Joshua York erschauerte. »In Schönheit wandelt sie wie wolkenlose Sternennacht«, sagte er leise und starrte auf die geballten Fäuste. »Manchmal frage ich mich, ob es irgendeine Stunde gibt, da meine Rasse in Ruhe leben kann, Abner. Die Nächte sind voller Blut und Schrecken, aber die Tage sind gnadenlos.«
    »Wo wollen Sie denn hin?« fragte Marsh.
    Joshua biß die Zähne zusammen. »Zurück.«
    Marsh schüttelte den Kopf. »Das können Sie nicht!«
    »Ich habe keine andere Wahl.«
    »Sie sind doch gerade erst von dort geflohen«, sagte Marsh hitzig. »Nach allem, was wir auf uns genommen haben, um von dort zu verschwinden, können Sie nicht einfach aufstehen und wieder zurückgehen. Warten Sie ab! Verstecken Sie sich im Wald oder sonstwo, gehen Sie in irgendeine Stadt. Ich werde auch irgendwann von hier verschwinden, und dann treffen wir uns und schmieden Pläne, wie wir das Dampfschiff zurückerobern.«
    »Schon wieder?« Joshua schüttelte den Kopf. »Es gibt da eine Geschichte, die ich Ihnen noch nicht erzählt habe, Abner. Es passierte vor langer Zeit, während meiner ersten Monate in England, als mich der rote Durst noch regelmäßig überkam und mich hinaustrieb auf die Suche nach Blut. Eines Abends hatte ich mich dagegen gewehrt und verloren, und ich schlich durstig durch die mitternächtlichen Straßen. Ich traf ein Pärchen, einen Mann und eine Frau, die eilig irgendwohin unterwegs waren. Meine Gewohnheit war, solche Beute aus Sicherheitsgründen entkommen zu lassen und nur jene anzugreifen, die allein waren. Aber der Durst hatte mich schrecklich gepackt, und selbst auf diese Entfernung konnte ich sehen, daß die Frau sehr schön war. Sie zog mich an, wie eine Flamme die Motten anlockt, und ich näherte mich ihr. Ich griff aus der Dunkelheit an, legte die Hände um den Hals des Mannes und riß ihm die halbe Kehle weg, wie ich annahm. Dann stieß ich ihn beiseite, und er fiel. Es war ein großer Mann. Ich nahm die Frau in die Arme und beugte mich sanft mit den Zähnen zu ihrem Hals hinunter. Meine Augen fixierten sie, versetzten sie in einen Trancezustand. Ich hatte gerade den ersten heißen süßen Schwall Blut geschmeckt, als ich von hinten erfaßt und von ihr weggerissen wurde. Es war der Mann, ihr Begleiter. Ich hatte ihn überhaupt nicht getötet. Sein Hals war kräftig und dick von Muskeln und Fett, und als ich ihn aufriß, blutete er heftig, aber er war noch immer auf den Beinen. Er sagte kein Wort. Er hob einfach die Fäuste wie ein Preisboxer und schlug mir mitten ins Gesicht. Er war ziemlich stark. Der Schlag betäubte mich und führte zu einer Platzwunde über dem Auge. Ich war bereits reichlich abgelenkt. So von seinem Opfer weggerissen zu werden, ist ein widerwärtiges Gefühl, macht einen benommen und durcheinander. Der Mann schlug mich erneut, und ich versetzte ihm einen brutalen Hieb. Er brach zusammen, hatte lange Risse in seiner Wange, und eines der Augen hing ihm halb aus dem Schädel. Ich wandte mich wieder der Frau zu und preßte den Mund auf die offene Wunde. Und dann stürzte er sich erneut auf mich. Ich riß seinen Arm von mir los und fetzte ihn fast aus dem Gelenk, und dann brach ich ihm noch schnell mit einem Tritt das Bein - als Denkzettel sozusagen. Er brach zusammen. Diesmal beobachtete ich ihn. Mühsam raffte er sich wieder auf, hob die Fäuste kampfbereit und kam auf mich

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