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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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miterlebt, wie Rom zu Staub wurde. Nur wir überdauern.« Er zuckte die Achseln. »Und vielleicht finden wir auch einen zweiten René Garoux.«
    »So lange wir mit dir zusammen sind«, sagte Cynthia ängstlich. Sie war eine zierliche hübsche Frau mit braunen Augen, und sie war Julians Favoritin, seitdem er Valerie hatte ziehen lassen, doch selbst Sour Billy konnte erkennen, daß sie sich ihrer Position nicht sicher war. »Es ist schlimmer, wenn wir allein sind.«
    »Demnach hast du nicht den Wunsch, mich zu verlassen?« fragte Damon Julian sie lächelnd. »Nein«, antwortete sie. »Bitte.« Kurt und Armand schauten ihn ebenfalls hilfesuchend an. Julian hatte vor einem Monat ziemlich überraschend begonnen, sich von seinen Gefährten zu trennen. Valerie wurde als erste weggeschickt, wie sie es gewünscht hatte, obwohl er sie flußaufwärts hatte ziehen lassen, und zwar nicht mit dem lästigen Jean zusammen, sondern mit dem dunklen und attraktiven Raymond, der grausam und stark war und - angeblich - Julians eigener Sohn. Raymond würde schon darauf achten, daß ihr nichts geschähe, sagte Julian spöttisch, als Valerie in jener Nacht vor ihm kniete. Jean durfte in der darauffolgenden Nacht von dannen ziehen, und er machte sich allein auf den Weg, und Sour Billy dachte, daß damit alles erledigt wäre. Er irrte sich. Damon Julian verfolgte einen neuen Plan, und so wurde Jorge eine Woche später weggeschickt und dann Cara und Vincent und dann die anderen, allein oder paarweise. Und die, die zurückblieben, wußten nun, daß dieses Schicksal auch sie treffen könnte.
    »Ah«, sagte Julian mit einem amüsierten Grinsen zu Cynthia. »Nun, wir sind nur noch zu fünft. Wenn wir uns in acht nehmen und immer nur wenig trinken und jedes Mädchen ein, zwei Monate lang reicht - nun, dann werden wir es wohl bis zum Winter schaffen. Bis dahin wird sich vielleicht einer der anderen gemeldet haben. Wir werden sehen. Bis dahin darfst du bleiben, Liebling. Und Michelle ebenfalls und auch Kurt.«
    Armand machte ein verzweifeltes Gesicht. »Und ich?« stieß er hervor. »Damon, bitte.«
    »Ist es der Durst, Armand? Zitterst du deshalb? Nimm dich zusammen. Wirst du wieder reißen und zerfetzen, wenn wir Billys Freunde treffen? Du weißt genau, wie sehr ich das verabscheue.« Seine Augen verengten sich. »Ich mache mir noch immer Gedanken über dich, Armand.«
    Armand senkte den Blick und starrte in sein leeres Glas.
    »Ich bleibe«, erklärte Sour Billy.
    »Ah«, meinte Damon Julian. »Natürlich. Ja, Billy, was würden wir ohne dich anfangen?« Sour Billy Tipton gefiel es gar nicht, wie Julian in diesem Moment lächelte, aber es gab nichts, das er hätte tun können.
    Kurz darauf brachen sie zu dem Etablissement auf, das Billy ihnen hatte zeigen wollen. Das Haus stand außerhalb des Vieux Carré, im amerikanischen Teil von New Orleans, war aber noch zu Fuß zu erreichen. Damon Julian ging voraus und spazierte mit Cynthia Arm in Arm durch die engen, von Gaslampen erleuchteten Straßen. Ein ganz eigenes Lächeln spielte um seine Lippen, als er die Eisenbalkone betrachtete, die Tore, die sich zu Höfen mit ihren Fackeln und Brunnen öffneten und die Gaslampen auf ihren Eisenpfählen. Sour Billy wies ihm den Weg. Bald gelangten sie in den dunkleren, primitiveren Teil der Stadt, wo die Gebäude aus Holz oder aus bröckeligen Mörtelziegeln bestanden, die sich aus zermahlenen Muschelschalen und Sand zusammensetzten. Selbst die Gasleitungen waren nicht bis hierher vorgedrungen, obgleich die Stadt schon seit über zwanzig Jahren über eine umfangreiche Gasversorgung verfügte. An den Straßenecken baumelten Öllampen an schweren Eisenketten, die quer über die Straßen gespannt waren und von Haken gehalten wurden, die in den Seitenwänden der Gebäude steckten. Sie verströmten ein sinnliches, rauchiges Licht. Julian und Cynthia wechselten auf ihrem Weg von Lichtfleck in Schatten und wieder zurück in Lichtfleck, dann wieder in Schatten. Sour Billy und die anderen folgten.
    Eine Gruppe von drei Männern trat aus einer Gasse heraus und kreuzten ihren Weg. Julian beachtete sie nicht, aber einer der Männer gewahrte Sour Billy, als er in den Lichtkegel einer Straßenlampe geriet. » Sie! « stieß er hervor.
    Sour Billy wandte sich zu ihnen um und sagte nichts. Es waren junge Kreolen, halb betrunken und deshalb gefährlich. »Ich kenne Sie, Monsieur «, sagte der Mann. Er näherte sich Sour Billy, und sein Gesicht war von Alkohol und Wut

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