Fiese Finsterlinge
hätten wir eine Wahl gehabt«, sagte Richie leise. »Die Sturmtruppen haben uns ja praktisch in die Stadt zurückgeschleppt. «
Lilli flüsterte ihm ins Ohr: »Du traust der Tussi auch nicht?«
»Nee«, antwortete er.
Die stellvertretende Bürgermeisterin, deren Name, wie sie erfuhren, Celia Strange war, warf ihnen einen scharfen Blick zu. »Ich werde bei dem Gespräch dabei sein, um sicherzustellen, dass ihr nichts falsch versteht.« Dann huschte sie davon.
Sandy konnte nicht anders, sie verneigte sich.
»Oh Gott, Sandy, kam dir die Frau nicht total falsch vor?«, fragte Lilli.
»Falsch? Es ist doch aufregend, hier zu sein. Wir lernen den Bürgermeister kennen!«
Lilli schüttelte den Kopf. »Aber hast du sie nicht gehört, sie kommt mit rein und fungiert als eine Art Babysitter .«
»Vielleicht kriegen wir ja eine Belohnung, weil wir die Fähre gerettet haben«, sagte Richie mit sich aufhellender Miene.
»Kein Wort über das, was wirklich geschehen ist«, warnte Lilli. »Kein einziges Wort.«
Sandy stöhnte auf. »Wir sprechen hier vom Bürgermeister. Wir sollten alle Fragen, die er uns stellt, wahrheitsgemäß beantworten.«
»Ja, genau«, sagte Lilli. »Ich sehe uns schon, wie wir ihm erzählen, dass ein kleiner geflügelter Dämon aus einer Art Zauberwürfel rausgeflogen ist und die leibhaftigen Wasserhände eines anderen Dämons zerschreddert hat, der die Fähre auf den Meeresgrund hinabzerren wollte.«
»Okay«, sagte Sandy. »Die Details können wir ja weglassen. Solange wir ehrlich sind.«
»Ich finde es komisch, im Zusammenhang mit einem Politiker das Wort ›ehrlich‹ zu verwenden«, erwiderte Lilli. »Und was soll das Gerede von ›wir‹? Du warst doch gar nicht dabei.«
Sandy zuckte zusammen und verstummte.
Lilli hatte ein schlechtes Gewissen, sobald sie es gesagt hatte. Die kluge, bebrillte Assistenzbibliothekarin war
kein Dämonenhüter. Sie wohnte nicht in dem alten Haus. Sie konnte die Dämonen nicht sehen, solange sie sich nicht freiwillig zeigten. Ihr Freund hatte sie sitzenlassen, um aufs Meer zu fahren. Lilli übernahm nun sogar Sandys Rolle als Richies große Schwester. Sie machte Sandy praktisch an allen Fronten überflüssig, und das hatte sie ihr soeben jäh in Erinnerung gerufen. Das war nicht nett.
Plötzlich kehrte Celia Strange zurück, öffnete wortlos die Tür zum Bürgermeisterbüro und bedeutete ihnen hineinzugehen. Der Bürgermeister saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem riesigen Schreibtisch, wie ein frecher Siebtklässler, dessen Lehrerin gerade das Klassenzimmer verlassen hatte.
»Hallo, Celia«, sagte er lächelnd.
»Sir, das sind die Kinder von der Fähre. Und der Polizeichef kommt auch gleich. Ich habe am Empfang Bescheid gegeben, ihn hereinzuschicken, sobald er eintrifft.«
»Wenn der Polizeichef kommt, dann lassen Sie ihn ruhig warten. Diesen Kindern gilt jetzt meine Priorität. Und würden Sie bitte auch draußen warten, Celia.«
»Ich habe nichts dagegen, mich dazuzusetzen«, sagte die Frau.
»Ich weiß«, erwiderte der Bürgermeister. »Aber es gibt genügend Notfälle, die Ihrer Aufmerksamkeit bedürfen.«
»Ich bleibe aber gerne hier«, entgegnete Celia.
»Das weiß ich zu schätzen«, sagte der Bürgermeister. »Aber ich kann mich auch ohne Ihre Aufsicht mit den Kindern unterhalten.«
Celia runzelte die Stirn. »Na gut, ich warte draußen«, sagte sie zähneknirschend und marschierte hinaus.
Lilli blickte ihr nach und fragte sich, ob Celia an der Tür lauschen würde.
»So, das wäre erledigt«, sagte der Bürgermeister.
»Ja, endlich«, brummte Richie.
Bürgermeister Douglas rutschte vom Schreibtisch. »Schön, lasst uns zur Sache kommen«, sagte er. »Zunächst einmal möchte ich euch beglückwünschen und euch meinen Dank aussprechen.« Plötzlich machte er einen Satz nach vorn und schüttelte jedem von ihnen die Hand. »Für eure Heldentat auf der Fähre werdet ihr morgen im Blog über die Rettungsaktivitäten in Seattle an oberster Stelle stehen. Kinder retten Kinder. Sehr heroisch.«
»Vielen Dank, Sir«, sagte Sandy.
»Sie war aber gar nicht dabei«, bemerkte Richie.
»Ich meine, ich danke Ihnen im Namen der beiden«, verbesserte sich Sandy.
»Dann habt also ihr beiden mit eurer schnellen Auffassungsgabe, eurer Tatkraft und, wie es scheint, mit einer guten Portion Glück das Leben vieler Menschen gerettet. Die Leute sagen, es sei Zauberei gewesen.«
Sandy trat vor. »Die Ereignisse auf der Fähre lassen sich mit
Weitere Kostenlose Bücher