Fieses Karma
gelangweilt und fühlt sich sichtlich unwohl.
»Ich weiß nicht, warum du mich hierhergeschleift hast«, sagt er und steckt die Hände nervös in die Hosentaschen. »Ich wirke wie ein Perverser mitten in einem Haufen Damenunterwäsche.«
Leslie verdreht die Augen und wühlt weiter in den Bikinis herum. »Tust du nicht. Nicht, solange du neben mir stehen bleibst.Dann wirkst du nur wie der Freund eines Mädchens, das heiße Dessous trägt. Ich dachte, das gefällt dir.«
Er verschränkt die Arme, ohne zu antworten. Seine Körpersprache spricht Bände. Offenbar frustriert das Leslie, denn nun stampft sie leicht mit dem Fuß auf und sagt: »Ich sag dir, warum wir hier sind, Ryan. Ich habe neulich einen Gutschein zugeschickt bekommen, der nur noch heute gültig ist! Hast du eine Ahnung, wie wertvoll ein Gutschein über fünfzig Prozent Rabatt in Eve’s Dessous ist?«
Ryan seufzt und zeigt dadurch, dass er keine Ahnung hat.
»Hab Geduld«, sagt Leslie in mütterlichem Tonfall. »Ich brauche bloß neue Unterwäsche und vielleicht ein paar BHs.«
Und er lässt sich tatsächlich auf einen Stuhl sinken, der in der Nähe steht, und begnügt sich damit zu schmollen.
Ich rücke vorsichtig ein bisschen nach links und verstecke mich hinter einem runden Kleiderständer voller sexy Shorts für Jungen, während ich mein Handy aus der Tasche ziehe und Jade eine SMS schicke: Hinten im laden am tisch mit den knappen bikinis
Dann fange ich an, die Jungenshorts durchzusehen, während ich auf Jade warte, da sie die nächste Phase des Plans ausführen soll. Doch auch nach mehreren Minuten taucht sie nicht auf. Ich blicke hoch und sehe, dass sie an der Kasse steht und eine Kundin bedient. Und hinter der Kundin warten mindestens fünf weitere Kunden darauf, ihre Einkäufe zu bezahlen. Sie fängt meinen Blick auf und schaut genervt auf die Schlange, um anzudeuten, dass sie jetzt nicht wegkann.
Ich sehe wieder hinüber zu Leslie, deren Arme mit verschiedenen Büstenhaltern und Slips und so etwas wie einem Korsett bepackt sind. Sie müht sich ab, nichts fallen zu lassen und gleichzeitig ihre drei Einkaufstüten zu tragen.
Ryan, der jetzt noch gelangweilter wirkt als vorher, sagt: »Hör zu, ich warte draußen. Der Laden hier macht mich ganz kirre.«
Leslie schmollt ein bisschen, sagt aber: »Gut, dann geh halt.«
Mit großen Augen sehe ich wieder zu Jade und ihrer Kundenschlange, zu der sich in der letzten halben Minute zwei weitere Käuferinnen gesellt haben. Ich versuche, ihre Aufmerksamkeit zu erringen, indem ich alles tue, außer mit den Händen in der Luft herumzuwedeln und auf und ab zu springen. Schließlich hole ich erneut mein Handy heraus und tippe hastig eine SMS. Doch meine Finger sind vor Panik so nervös, dass ich die falschen Tasten erwische: Rxan vepläsqt laden, was soj icg tun?
Jade schaut nicht einmal hoch. Sie ist so sehr mit einer Kundin beschäftigt, dass sie noch nicht einmal merkt, dass ihr Handy in der Tasche vibriert.
Ich sehe wieder hinüber zu Ryan, der gerade erleichtert zum Eingang marschiert, und mir ist klar, dass mit jedem seiner Schritte unsere Chancen sinken, den Plan auszuführen. Und wenn das passiert, wird Ryans Gleichgewicht im Universum kein bisschen wiederhergestellt. Ich gerate in Panik.
Dann höre ich, wie Leslie»Hey!« ruft.
Kurz denke ich, sie redet mit mir, was bedeuten würde, dass ich aufgeflogen bin. Nicht dass es jetzt noch wichtig wäre, jetzt, da Ryan gleich das Geschäft verlassen wird und Jade an der Kasse festsitzt.
Doch als ich den Kopf in Leslies Richtung wende, stelle ich fest, dass sie überhaupt nicht in meine Richtung blickt. Sie schaut Ryan nach. Und der bleibt tatsächlich etwa zehn Meter vor dem Ausgang stehen. Er lässt die Schultern hängen wie ein Häftling, der knapp davor war, in die ersehnte Freiheit zu entkommen, und nun zurückgepfiffen wird. Er wendet sich zu ihr um. »Was ist denn?«
»Kannst du wenigstens die Tüten mitnehmen?«, ruft Leslie durch den halben Laden; auf ihren Armen stapelt sich immer noch die Unterwäsche. »Ich kann nicht alles tragen.«
Widerstrebend geht Ryan zu ihr zurück.
Ich überlege fieberhaft. Dann werfe ich noch einen Blick auf Jade. Sie hat immer noch keine Ahnung, was gerade passiert. Jetzt oder nie. Wenn diese Operation mit einem Sieg und einem neuen Anhänger für unsere Armbänder enden soll, dann muss ich was tun, das weiß ich.
Den Rücken noch immer Leslie und Ryan zugekehrt, strecke ich die Hand nach dem Ständer
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