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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Einladungen stand: Orden anlegen. Natürlich hatte ich keine Orden, und ich ging zu meinem Schneider, und ihm imponierte die Einladung, und ich dachte, das Geschäft wird gemacht, und sprach zu ihm: ‹Sie müssen mich mit ein paar Orden dekorieren.› Er sagte: ‹Was für Orden, Sir?› Darauf ich: ‹Ganz gleich, irgendwelche, nur irgendwelche Orden.› Worauf er sagte: ‹Was haben Sie denn für Orden, Sir?› Und ich sagte: ‹Wie soll ich denn das wissen?› Hat er wirklich geglaubt, daß ich meine ganze Zeit damit vertrödle, dieses dämliche Blättchen zu lesen? ‹Geben Sie mir nur eine schöne Kollektion. Sie können sie selbst aussuchen.› Daraufhin besorgte er mir ein paar Orden, so Miniaturorden natürlich, gab mir das Etui, ich steckte es in die Tasche und vergaß es vollkommen. Na, ich ging zu dem Dinner, es war an dem Abend, als sie Henry Wilson erschossen hatten, und da kamen weder der Prinz noch der König zum Dinner, und niemand trug Orden, und all die Kerle da waren emsig damit beschäftigt, ihre Orden abzunehmen, weil kein Mensch Orden trug, und meine hatte ich die ganze Zeit über in der Tasche.»
    Er hielt inne, und wir sollten lachen.
    «Das ist alles?»
    «Ja, alles. Vielleicht hab ich’s nicht richtig erzählt.»
    «Allerdings», sagte Brett, «aber das macht nichts.»
    Wir lachten alle.
    «Ach ja», sagte Mike, «jetzt weiß ich es wieder. Es war ein verdammt langweiliges Dinner, und ich konnte es nicht mehr aushalten und ging weg. Später fand ich dann das Etui in meiner Tasche. Was ist denn das hier? fragte ich mich. Orden? Verdammte Militärorden? Dann schnitt ich sie los – ihr wißt doch, man näht sie alle auf einen Streifen – und verschenkte sie. Gab jedem Mädchen einen. Als Andenken. Sie hielten mich für einen fabelhaft schneidigen Kerl. Seine Orden in einem Nachtlokal zu verschenken. Mordskerl.»
    «Erzähl nur auch den Schluß», sagte Brett.
    «Findet ihr das nicht komisch?» fragte Mike. Wir lachten alle. «Ich kann euch sagen, es war komisch. Auf jeden Fall schrieb mir mein Schneider, er brauche die Orden wieder. Schickte, um sie zu holen. Schrieb mir noch monatelang deswegen. Wahrscheinlich hatte sie irgendeiner zum Reinigen bei ihm gelassen. Und dieser blöde Militarist hatte sie wie einen Schatz gehütet.» Mike hielt inne. «Verdammtes Pech für den Schneider», sagte er.
    «Ach nein, das ist nicht dein Ernst», sagte Bill. «Der Schneider muß glücklich gewesen sein.»
    «Fabelhafter Schneider. Würde seinen Augen nicht trauen, wenn ich jetzt zu ihm käme», sagte Mike. «Ich bezahlte ihm jährlich 100 Pfund, nur um ihn friedlich zu stimmen und damit er mir keine Rechnungen schickte. War ein entsetzlicher Schlag für ihn, als ich Bankrott machte. Das war ziemlich bald nach der Geschichte mit den Orden. Gab seinen Briefen einen ziemlich verbitterten Unterton.»
    «Wie hast du eigentlich Bankrott gemacht?» fragte Bill.
    «Auf zwei Arten», sagte Mike. «Allmählich und dann plötzlich.»
    «Was hat es beschleunigt?»
    «Freunde», sagte Mike. «Ich hatte eine Menge Freunde. Falsche Freunde. Außerdem hatte ich Gläubiger. Vielleicht hatte ich mehr Gläubiger als irgendein Mensch in ganz England.»
    «Erzähl ihnen doch die Sache vom Gericht», sagte Brett.
    «Ich erinnere mich nicht mehr», sagte Mike, «war wohl ein bißchen angesäuselt.»
    «Angesäuselt?» ereiferte sich Brett. «Du warst sternhagelvoll.»
    «Ganz was Außergewöhnliches», sagte Mike. «Traf vor kurzem meinen früheren Partner. Lud mich zu einem Schnaps ein.»
    «Erzähl ihnen doch von deinem Rechtsbeistand», sagte Brett.
    «Ich denke gar nicht daran», sagte Mike. «Mein Rechtsbeistand war auch sternhagelvoll. Kinder, glaubt mir, dies ist ein mulmiges Gesprächsthema. Gehen wir jetzt zum Ausladen der Stiere oder nicht?»
    Wir riefen den Kellner, bezahlten und gingen durch die Stadt. Ich ging mit Brett voran, aber Robert Cohn holte uns ein und ging auf Bretts freier Seite. Wir drei gingen am Ayuntamiento, dessen Balkons mit Fahnen geschmückt waren, bis zum Markt hinunter und die steile Straße, die auf die Brücke über die Arga führte, hinab. Viele Leute waren unterwegs, um die Stiere zu sehen. Wagen fuhren den Berg hinunter und über die Brücke, und die Kutscher, die Pferde und die Peitschen ragten über die Fußgänger auf der Straße hinaus. Jenseits der Brücke gingen wir einen Weg hinauf, der zu den Corrals führte. Wir kamen an einer Weinhandlung vorbei, die ein Schild im Fenster

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