Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
benehmen. Finden Sie nicht auch?”
Leana
nickte. „Das glaube ich Ihnen jetzt.” Sie stieß aus Versehen die Frau an, die
hinter ihr tanzte. Beide drehten sich um und lächelten einander
Entschuldigungen zu.
„Sie
sind dran,” sagte Michael.
„Ich
glaube nicht, dass Sie dem gewachsen sind.”
„Versuchen
Sie’s.”
Ihre
Augen forderten ihn heraus. „Ich bin süchtig. Ich nehme zwar keine Drogen mehr,
aber ich bin noch immer abhängig – so nennt man uns, wenn man uns aus der
Rehabilitation entlässt. Meine Güte, wie ich Kokain geliebt habe. Und es immer
noch liebe, wirklich. Aber ich kann es einfach nicht mehr nehmen, denn sonst
würde alles einfach ... einstürzen.”
Plötzlich
hatte sein quid pro quo -Spiel seinen
Reiz verloren. „Das tut mir leid,” sagte er. „Das ging mich nichts an.”
„Aber
alle wissen es,” sagte Leana. „Das ist nur eine weitere Blamage, die ich meiner
Familie zugefügt habe.” Sie berührte seine Wange mit ihrem Handrücken. „Schauen
Sie nicht so verdrossen drein, mein Lieber. Das war damals, als ich im Internat
in der Schweiz war. Ich habe das Zeug schon jahrelang nicht mehr angerührt.”
Während
sie tanzten, fragte sich Michael erneut, warum ihn sein Vater heute Nacht
hierher geschickt hatte. Warum war es so wichtig, dass er Leana Redman kennen
lernte?
Eine
Hand ließ sich auf seine Schulter nieder. Michael drehte sich um und erkannte
Harold Baines. „Gestatten Sie?” fragte Harold.
Michael
gab Leana zögernd frei.
„Es
hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen,” sagte er.
Leana
lächelte. „Gleichfalls. Vielleicht können Sie mich später unangemessen tief
nach Hinten beugen? In der Mitte des Tanzsaals? In dreißig Minuten?”
„Was
meinen Sie mit ,unangemessen’?” fragte er.
„Damit
meine ich, dass ich keine Unterwäsche trage. Damit meine ich einen langen,
langsamen Dip für die Boulevardpresse.”
Michael
hob seine Hände und wich zurück. „In Ordnung,” sagte er. „In dreißig Minuten.
Aber denken Sie in der Zwischenzeit an die Konsequenzen.” Er war überrascht,
dass er sie mochte.
Als
Leana ihn in der Menge verschwinden sah, wünschte sie, dass sie nicht
unterbrochen worden wären.
„Setzt
du immer jedem, den du triffst, die Daumenschrauben an?” fragte Harold.
„Nur
den Süßen.”
„Du
trägst keine Unterwäsche?
„Natürlich
trage ich welche. Das habe ich doch nur gesagt, um ihn zu ködern.”
„Du
bist phantastisch,” sagte er. „Aber ich muss sagen, dass dies ein sehr netter
junger Mann zu sein scheint. Sollte ich ihn kennen?”
„Das
ist Michael Archer.”
„Der
Schriftsteller?”
„Und
Schauspieler. Ich ziehe seine Bücher vor.”
„Und
– nach deinem Gesichtsausdruck zu urteilen – sein Aussehen ebenso.”
Er hielt ihr die Hand hin. „Tanzen wir?”
Die
Kapelle spielte eine peppige Nummer, und Leana dachte, während sie sich mit den
anderen Paaren im Takt wiegten, dass Harold ein ganz anderer Mann zu sein
schien als der, über den sie sich kurz zuvor noch Sorgen gemacht hatte. Die
Furchen in seinem Gesicht waren nicht annähernd so tief, und er bewegte sich
mit einem viel größeren Maß an Sicherheit. Sein braunes Haar schimmerte, als ob
er es mit Wasser benetzt hätte.
„Du
siehst viel besser aus,” sagte sie.
„Besser?”
„Als
ich dich vor einer Weile sah, schautest du etwas wüst aus.”
„Das
ist nett von dir,” sagte er. „Und wann war das?”
„Vielleicht
vor zwanzig Minuten? Du bist in den Waschraum gegangen, bevor ich mich dir
bemerkbar machen konnte.”
Harold
fasste sie bei der Hand und wirbelte sie über den Tanzboden. Leanas weißes, mit
Pailletten besetztes Kleid breitete sich aus wie ein Fächer, und sie lachte.
„Ich
glaube, du brauchst eine Brille,” sagte Harold. „Ich habe mich nie besser
gefühlt.”
„Das
freut mich zu hören,” sagte Leana. „Du hast mir einen ganz schönen Schrecken
eingejagt.” Sie sah sich um. „Wo ist Tante Helen?”
Er
gab ihr einen vielsagenden Blick. „Musst du das wirklich fragen? Sie steht bei
deiner Mutter und klatscht. Manchmal kann ich die beiden nicht voneinander
trennen.” Er drückte ihre Hand. „Lass uns etwas trinken. Seit Tagen habe ich
dich weder gesehen oder mit dir gesprochen. Und ich möchte einen von euren
Martinis. “
„Martinis!”
Sie
verließen den Tanzboden und gingen zur Bar, die die Masse an Leuten problemlos
bediente. Sie nickte einem jungen Barmann zu, der so gebaut war, als müsste er
ein Teil
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