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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Die Frau nannte sich Arielle, der Mann absurderweise Schramme.
    Arielle kämpfte vermummt und in enger Kleidung, wie eine Ninja. Ihr eilte der Ruf einer eleganten Kämpferin voraus, der ihre Technik heilig war. Niemandem war es bisher gelungen, ihre Verteidigung zu durchbrechen oder sie auch nur zu touchieren. Ihre Klinge war eine Kuriosität: Sie war leicht in beide Richtungen gekrümmt, in Form eines länglichen S. Hübsch, aber unpraktisch, dachte Quentin. Man konnte es nicht mal in eine Scheide stecken.
    Schramme war ein Mann mit olivfarbener Haut und verschleierten Augen, was ihm eine permanent melancholische Miene verlieh. Er trug eine Art alte Offiziersuniform, von der die Streifen und Rangabzeichen abgeschnitten worden waren. Er kämpfte mit einer dünnen, biegsamen peitschenähnlichen Klinge mit einem raffinierten Korbgriff, der kein bisschen fillorianisch aussah. Er hatte alle seine Gegner besiegt, jedoch, wie es hieß, ohne richtigen Kampfeinsatz. Ein berühmt-berüchtigtes Duell hatte morgens begonnen und fast bis Sonnenuntergang gedauert. In einer endlosen Serie von Finten und Ausweichmanövern hatte Schramme seinen Gegner ins Leere laufen lassen und damit das ganze Turnier aufgehalten.
    In einem anderen Kampf hatte Schrammes Gegner so lange gewartet, bis die Startglocke läutete, und war dann langsam über die Kreidelinie ins Aus getreten, um eine automatische Niederlage zu kassieren. Höchstwahrscheinlich waren sie sich schon früher im Kampf begegnet, und einmal hatte dem anderen Kämpfer gereicht. Quentin freute sich auf ein Duell, bei dem jemand Schramme tatsächlich stellte und zum Kämpfen herausforderte.
    Quentin nickte dem Oberschwertmeister zu. Der Kampf konnte beginnen. Arielle machte mit einer Sequenz höchst stilisierter Bewegungen den Auftakt, bei denen sie ihr Krummschwert mit fließenden Bewegungen durch die Luft wirbelte. Dabei näherte sie sich ihrem Gegenüber keinen Schritt. Sie schien, versunken in ihrer Konzentration, eine ritualisierte, abstrakte Kampfkunst auszuführen. Schramme beobachtete sie eine Zeitlang, unruhig mit der Schwertspitze wippend.
    Dann fiel er in ihren Tanz ein, indem er die Bewegungen seiner Gegnerin seitenverkehrt kopierte. Einer wurde zum Spiegelbild des anderen, als seien beide Anhänger desselben Stils und hätten dieselbe Eröffnung gewählt. Vereinzelt ertönte Gelächter aus der Menge. Tatsächlich war das Schauspiel belustigend und erinnerte an Straßenpantomimen, die Passanten nachäfften. Die Kämpfer lachten nicht.
    Später war sich Quentin nicht sicher, an welchem Punkt das Vorspiel geendet und der eigentliche Kampf begonnen hatte. Die beiden Kontrahenten kamen sich zu nahe, und es war, als hätte man eine brennende Kerze unter trockene Vorhänge gehalten. Ein Funke sprang über, und die Symmetrie wurde durchbrochen, das spaltbare Material erreichte den kritischen Punkt, und urplötzlich war der Raum erfüllt von dem klirrenden Stakkato der aufeinandertreffenden Metallklingen.
    Dieses Kräftemessen zweier Meister der Schwertkunst geschah zu schnell für Quentins Auge. Die Einzelheiten der Schläge, Gegenschläge und Abwehrmanöver entgingen jedem außer den Kontrahenten. Ihr gemeinsamer Kampfstil bestand aus Drehungen, Wendungen und konstanter Bewegung, auf der Suche nach einer Öffnung in der Verteidigung des Gegners, die sich dann wieder als Finte erwies. Man erhielt den Eindruck, dass sich beide bis in ihre atomaren Strukturen zu erforschen suchten und dabei kleinste Veränderungen, Hinweise und Gewichtsverlagerungen registrierten. Die Angriffe begannen als elegante, geschmeidige Sequenzen, zu denen manchmal ein Überschlag oder ein Salto gehörte. Dann geriet der Fluss ins Stocken, und das Chaos brach aus, bis die Klingen einander kreuzten, sich verhakten und wieder lösten und alles von vorne anfing.
    Mein Gott, dachte Quentin. Und er war im Begriff, sich mit einem der beiden einzuschiffen! Die Aussicht erschien ihm plötzlich ein bisschen zu real, zugleich aber auch elektrisierend: Diese Kämpfer waren sich ihrer Aufgabe hundertprozentig bewusst und würden keine Sekunde zögern, sich in den Kampf zu werfen, wie aussichtsreich oder aussichtslos er auch sein mochte.
    Dann war auf einmal alles zu Ende: Arielle übernahm sich mit einem über den Kopf geführten, weit ausholenden Schlag, dem Schramme auswich, indem er darunter wegrollte. Durch einen absurden Zufall blieb Arielles Klinge fest im Fußboden stecken, in einem Spalt zwischen zwei

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