Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Steinplatten. Schramme sprang in einer fließenden Bewegung auf, trat reflexartig nach der Klinge und brach sie sauber in der Mitte entzwei. Mit unverhülltem Zorn wich Arielle einen Schritt zurück und gab sich geschlagen.
Doch Schramme schüttelte den Kopf, offenbar unzufrieden über die Art seines Sieges. Er wollte weiterkämpfen und blickte Quentin fragend an. Alle Köpfe wandten sich ihm zu.
Nun, wenn er faire Regeln wollte, dann auch mit aller Konsequenz, und außerdem hatte Quentin nichts dagegen, eine Fortsetzung des Kampfes zu sehen. Er zog sein Schwert und bot es mit dem Griff zuerst Arielle an. Sie prüfte die Balance, nickte grimmig und stellte sich erneut in Position. Der Kampf ging weiter.
Fünf Minuten später wich Schramme mit einem Sprung einem tief gezielten Schlag aus und vollführte in der Luft eine raffinierte Drehung, bei der er sich jedoch in Arielles Ninjagewand verfing. Er landete unmittelbar neben ihr, innerhalb ihrer Reichweite, und sie boxte ihn dreimal mit aller Gewalt in die Rippen. Er grunzte und taumelte rückwärts auf den Kreidestrich zu. Quentin war sich sicher, dass er ins Aus treten würde, aber im letzten Moment fing er sich. Er wirbelte herum, sprang elegant wie ein Balletttänzer gegen die Wand, drückte sich ab und landete mit einem Überschlag leichtfüßig wieder innerhalb des Feldes.
Die Menge schnappte nach Luft und applaudierte. Ein Zirkuskunststück, bühnenreif und waghalsig. Gereizt riss sich Arielle das Kopftuch herunter und schüttelte ihre erstaunlich üppige, goldbraune Lockenpracht aus, bevor sie wieder in Position ging.
»Ich wette mit dir, dass sie das vor dem Spiegel geübt hat«, flüsterte Eliot.
Die Dynamik des Kampfes hatte sich verändert. Jetzt gab Schramme die ballettartigen Figuren auf, die beide praktiziert hatten. Quentin hatte zunächst vermutet, dass Schramme diesem Stil verhaftet war, doch bald entpuppte er sich als Technikfreak, der seinen Stil anscheinend nach Belieben ändern konnte. Er ging wie ein Berserker auf Arielle los, schnell und furios, um dann in rascher Folge von einem höfischen Duellmodus in einen schreienden, stampfenden Kendo-Stil überzugehen. Arielle reagierte zunehmend verwirrt, während sie versuchte, sich jeweils darauf einzustellen, was Schramme vermutlich beabsichtigt hatte.
Sie brach ihr Schweigen, stieß einen Schrei aus und schlug blitzschnell zu. Schramme beantwortete ihren Angriff mit einer unglaublichen, varietéreifen Parade: Er stoppte ihre Klinge – Quentins Klinge – mit dem Ende seiner Klinge, so dass beide Schwerter Spitze an Spitze stießen.
Sie krümmten sich unheilvoll, immer und immer weiter, eine unerträglich spannende Sekunde lang, und dann: ein beängstigendes Sägesingen von gebogenem Stahl, und Schrammes Schwert brach mit lautem, vibrierendem Klirren auseinander. Er musste ruckartig den Kopf zur Seite ziehen, um einem durch die Luft fliegenden Bruchstück auszuweichen.
Den nutzlosen Griff schleuderte er verächtlich in Arielles Richtung. Der Knauf prallte gegen ihre Schläfe, doch sie schüttelte den Schlag einfach ab. Sie hielt inne, offenbar gewillt, ihm dieselbe Großzügigkeit zu gewähren, die er ihr eingeräumt hatte. Dann aber, nach einem kurzen inneren Resümee über Ehre, Prinzipien und Schlösser, zielte sie mit einen über Kopf geführten Schwerthieb auf Schrammes Schulter zum Coup de Grace.
Schramme schloss die Augen und fiel aufs Knie. Als die Klinge niederfuhr, wich er nicht aus, sondern legte geschmeidig und entschlossen die Hände vor der Brust zusammen. Dann blieb die Zeit stehen.
Zunächst war Quentin sich nicht sicher, was geschehen war, doch im Saal entstand plötzlich heftiger Tumult. Quentin erhob sich, um besser sehen zu können. Schramme hatte die Klinge mit den Handflächen mitten im Schlag aufgehalten, nacktes Fleisch gegen scharfen Stahl. Er musste den Schlag bis ins kleinste Detail und auf die Nanosekunde berechnet haben. Arielle brauchte einen Moment, um zu begreifen, was er getan hatte, und Schramme ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen. Er machte sich ihre Überraschung zunutze, riss ihr das Schwert aus den Händen, wirbelte es geschickt herum, so dass er den Schwertgriff zu fassen bekam, und legte ihr die Schneide an die Kehle. Der Kampf war vorüber.
»O mein Gott«, entfuhr es Eliot, »hast du das gesehen? O mein Gott!«
Die versammelten Barone vergaßen ihre noble Zurückhaltung, sprangen auf und umlagerten enthusiastisch den Gewinner. Quentin und
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