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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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lächerlich, aber schau dich bloß mal um!« Er deutete auf alles – das Schiff, den Wind, den Himmel, den Meeresblick, auf sie beide. »Das hätten wir schon vor langer Zeit tun sollen.«
    Julias Gesichtsausdruck blieb unverändert. Nach dem Zwischenfall im Wald hatten sich ihre Augen nicht wieder normalisiert. Sie waren noch immer schwarz und wirkten neben ihren mädchenhaften Sommersprossen seltsam und uralt.
    »Ich hab nicht mal bemerkt, dass wir schon unterwegs sind«, antwortete sie.

Kapitel 4
    U m zu verstehen, was mit Julia geschehen war, musste man ganz an den Anfang zurückkehren, an jenen eiskalten, deprimierenden Nachmittag in Brooklyn, an dem Quentin die Aufnahmeprüfung für Brakebills absolviert hatte. Denn auch Julia hatte an diesem Tag an der Prüfung teilgenommen. Daraufhin hatte sie drei Jahre ihres Lebens verloren.
    Ihre Geschichte begann am selben Tag wie Quentins, entwickelte sich jedoch vollkommen anders. An jenem Tag, als Quentin, James und Julia gemeinsam die Fifth Avenue entlanggewandert waren, auf dem Weg zu dem Aufnahmegespräch der Jungs für die Princeton-Universität, hatte sich Quentins Leben weit geöffnet. Julias Leben nicht. Ihres hatte einen Riss bekommen. Zunächst war es nur ein feiner Haarriss gewesen. Nichts Gravierendes. Das Leben hatte einen Sprung, war aber noch brauchbar. Ganz in Ordnung. Zum Wegwerfen zu schade. Ein prima Leben.
    Oder besser: Es war zwar nicht prima, aber es lief noch eine Weile so weiter wie gewohnt. Vor dem Backsteinhaus hatte sich Julia von James und Quentin verabschiedet. Die beiden waren eingetreten, sie war weggegangen. Es hatte angefangen zu regnen. Sie war in die Bibliothek gefahren. Ja, so war es gewesen, daran erinnerte sie sich genau. Bis dahin war vermutlich alles genauso geschehen.
    Dann passierte etwas, das vermutlich nicht wirklich geschehen war. Sie hatte mit ihrem Laptop und einem Stapel Bücher in der Bibliothek gesessen und an ihrem Aufsatz für Mr. Karras geschrieben. Es war ein verdammt guter Aufsatz und handelte von einer experimentellen, utopischen Sozialistenkommune, die im neunzehnten Jahrhundert im Staat New York gelebt hatte. Die Kommune verfolgte einige lobenswerte Ziele, übte aber auch dubiose Sexpraktiken aus. Irgendwann verlor die Gemeinschaft die ursprünglichen Ideale aus den Augen, und sie mutierte zu einer recht erfolgreichen Besteckfirma. Julia entwickelte einige Theorien dazu, warum die Gemeinschaft als Besteckfirma größeren Erfolg hatte als bei dem Versuch, Christi Himmelreich auf Erden zu verwirklichen, und sie war sich relativ sicher, dass sie richtiglag. Sie war dabei, die statistischen Fakten auszuwerten, was in den meisten Fällen sinnvolle Resultate versprach.
    James traf sie in der Bibliothek und erzählte ihr, was aus dem Bewerbungsgespräch geworden war. Das allein war schon seltsam genug – sie hatten den Professor, der das Gespräch führen sollte, tot aufgefunden. Anschließend war Julia nach Hause gefahren, hatte zu Abend gegessen, war hinauf in ihr Zimmer gegangen, hatte bis vier Uhr morgens ihren Aufsatz zu Ende geschrieben, hatte drei Stunden geschlafen, war aufgestanden, hatte die ersten beiden Stunden geschwänzt, um ihre Endfassung zu überarbeiten, und war dann rechtzeitig zu Soziologie in die Schule gegangen. Unheil angerichtet!
    Im Rückblick hatte sie sich an jenem Morgen seltsam und wie im Traum gefühlt, aber das ist ja nichts Ungewöhnliches, wenn man erst um vier zu Bett gegangen und um sieben wieder aufgestanden ist. Der Zusammenbruch begann erst eine Woche später, als sie ihren Aufsatz zurückbekam.
    Das Problem war nicht die Note. Sie hatte eine gute Note. Eine Eins minus, und die vergab Mr. K. nicht oft. Das Problem bestand darin, dass – ja, worin denn eigentlich? Julia las den Aufsatz noch einmal durch, und obwohl er sich gut las, erkannte sie nicht alles darin wieder, aber sie hatte ihn ja auch schnell geschrieben. Doch dann stolperte sie über dasselbe, worüber Mr. K. gestolpert war: An einer Stelle stand ein falsches Datum.
    Die utopische Gemeinschaft, über die sie gearbeitet hatte, war nämlich mit einem Gesetz gegen Vergewaltigung – gruselig, gruselig – in Konflikt geraten, das bei einer Änderung des Bundesgesetzesrechtes 1878 erlassen worden war. Im Aufsatz hingegen stand 1881 , was Mr. K. niemals aufgefallen wäre – obwohl er genau genommen selbst ein ziemlich gruseliger Typ war, und sie sich nicht gewundert hätte, wenn er sich mit ein, zwei Gesetzen

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