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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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gegen Vergewaltigung ausgekannt hätte –, wenn Wikipedia nicht denselben Fehler gemacht hätte. Mr. K. liebte es nämlich, durch Stichprobenkontrollen seine Schüler des Abschreibens aus der Wikipedia zu überführen. Er hatte die Jahreszahl überprüft, bei Wikipedia nachgesehen, die Stelle im Aufsatz mit einem dicken roten X am Rand angestrichen und ein Minus hinter die Eins platziert. Er wunderte sich über sie. Ja, er war zutiefst verwundert.
    Auch Julia wunderte sich. Sie benutzte nie Wikipedia, einerseits, weil sie Mr. K.s Stichprobenkontrollen kannte, und andererseits, weil sie, im Gegensatz zu den meisten ihrer Mitschüler, Wert darauf legte, dass ihre Angaben stimmten. Sie ging den Aufsatz noch einmal durch und kontrollierte ihn gründlich. Sie fand einen zweiten und dann noch einen dritten Fehler. Keine weiteren, aber das reichte. Dann wollte sie ältere Versionen des Aufsatzes überprüfen. Sie speicherte ihre Texte stets in den verschiedenen Stadien als eigene Dateien ab, weil die Funktion »Änderungen nachverfolgen« in Word nur heillose Verwirrung stiftete. Nun wollte sie wissen, an welcher Stelle sich die Fehler eingeschlichen hatten. Doch das wirklich Seltsame war, dass es keine älteren Versionen gab. Nur die endgültige Fassung.
    Diese Tatsache, so unbedeutend sie auch scheinen mochte und so viele plausible Erklärungen dafür zu finden waren, erwies sich als der große rote Knopf für den Schleudersitz, der Julia aus dem bequemen Cockpit ihres Lebens katapultierte.
    Sie saß auf dem Bett und starrte die Datei an. Die Angabe »zuletzt bearbeitet« enthielt eine Zeit, zu der sie beim Abendessen gesessen hatte. Furcht ergriff sie. Denn je länger sie darüber nachdachte, desto mehr schien es ihr, als würde sie sich auf zwei verschiedene Arten an jenen Nachmittag erinnern. Eine davon war fast zu offensichtlich. Sie wirkte wie eine Szene aus dem Roman eines orthodoxen Realisten, dem mehr daran gelegen war, eine Mischung naturalistischer, einander logisch ergänzender Details zu präsentieren als eine Geschichte zu schreiben, die den Leser nicht zu Tode langweilte. Eine Binnenerzählung. Sie war in die Bibliothek gefahren, hatte sich dort mit James getroffen, war nach Hause gegangen und hatte den Aufsatz geschrieben.
    Die andere Erinnerung hingegen war vollkommen durchgeknallt. In dieser war sie in die Bibliothek gefahren und hatte dort eine Recherche an einer der klapprigen Billigworkstations auf den Weichholztischen an der Ausleihtheke durchgeführt. Die Suche hatte eine merkwürdige Signatur ergeben, nach der sich das entsprechende Buch im Bestand des zweiten Untergeschosses befinden musste. Wobei sich Julia so gut wie sicher war, dass die Bibliothek kein zweites Untergeschoss hatte.
    Wie im Traum ging sie zum Aufzug aus gebürstetem Stahl. Tatsächlich befand sich diesmal unter dem runden Plastikknopf mit UG ein zweiter Knopf mit der Aufschrift 2 . UG . Sie drückte darauf. Er leuchtete auf. Das Ziehen in der Magengrube, als der Lift abwärts fuhr, fühlte sich an wie sonst auch, wenn man schnell zu einem zweiten Untergeschoss hinuntersinkt, in dem einen billige Metallregale, Neonleuchten und Rohre an der Decke erwarten, aus denen hier und da in seltsamen Winkeln rotbemalte Drehräder hervorstehen.
    Doch all das erwartete sie nicht, als sich die Aufzugtüren öffneten. Stattdessen sah sie eine sonnenbeschienene Terrasse auf der Rückseite eines Landhauses, umgeben von einer grünen Gartenlandschaft. Wobei es genau genommen kein Haus war, wie die Leute ihr dort erklärten, sondern eine Schule. Sie hieß Brakebills, und die Bewohner waren Magier. Vielleicht wolle sie gern dazugehören? Dazu brauche sie nur eine einfache Prüfung zu bestehen.

Kapitel 5
    A ls er am ersten Morgen auf der
Muntjak
erwachte, fiel Quentin dazu nur ein Vergleich ein: sein erstes Erwachen in Brakebills. Seine Kabine war lang und schmal, und sein Bett stand längs gegenüber einer Reihe von Bullaugen, die sich nur wenige Meter über der Wasserlinie befanden. Das Erste, was er erblickte, waren diese Bullaugen, gesprenkelt mit Tropfen und strahlend hell von den Lichtreflexionen der Sonne auf dem Wasser, über das sie mit unglaublicher Geschwindigkeit hinwegschossen. Bücherregale, Wandschränke und Schubladen waren geschickt an der Wand und unter dem Bett angebracht, so dass man sich fühlte wie in einem chinesischen Puzzle.
    Quentin schwang die nackten Füße auf die breiten, kalten Planken seiner kleinen Kabine. Er

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