Fillory - Die Zauberer
ändern, dann würde er sie vielleicht wieder begehren.«
Der ganzen Gruppe lief es kalt den Rücken herunter, obwohl sie auf der sonnenwarmen Wiese lagen. Sogar Quentin wusste, dass Versuche, die eigene Physiognomie zu ändern, niemals gut ausgingen. In der magischen Theorie war dieses Thema ein Totpunkt: Irgendetwas in der unentwirrbaren und nicht zu steuernden Verbindung zwischen dem Gesicht eines Menschen und seinem Wesen – seiner Seele, in Ermangelung eines anderen Begriffs – machte es höllisch schwer und auf fatale Weise unvorhersehbar. Als Quentin in Brakebills angekommen war, hatte er sich gewundert, warum sich nicht alle ein umwerfend attraktives Äußeres zauberten. Er hatte sich die Kommilitonen mit einem offensichtlichen Makel angesehen – Gretchen mit ihrem Bein oder Eliot mit seinem schiefen Kiefer – und sich gefragt, warum sie sich nicht jemanden suchten, der die Sache in Ordnung brachte, wie Hermine es mit ihren Zähnen in Harry Potter getan hatte. Doch in Wirklichkeit endeten solche Versuche stets in einer Katastrophe.
»Arme Emily«, sagte Janet. »Als sie die Zauberformel aufschrieb, die ihr Doris aus dem Brunnen übermittelte, dachte sie tatsächlich, sie habe sie entdeckt, die geheime Technik, die sonst keiner kannte. Sie war kompliziert und aufwendig, erweckte aber den Eindruck, als könne sie wirken. Nach einigen Wochen der Vorbereitung fügte sie eines Nachts in ihrem Zimmer alles zusammen.
Was glaubt ihr, wie sie sich gefühlt hat, als sie in den Spiegel sah und erkannte, was sie sich angetan hatte?« In Janets harter Stimme schwang beinahe ein aufrichtig mitleidiger Unterton mit. »Ich kann es mir nicht vorstellen. Kann ich wirklich nicht.«
Es war so spät geworden, dass die Baumschatten des Waldes beinahe an ihrer Decke leckten.
»Sie konnte anscheinend noch reden und ließ ihrem Verehrer ausrichten, dass sie in Schwierigkeiten stecke. Er kam zu ihrem Zimmer, und nach längerem Flüstern durch das Schlüsselloch ließ sie ihn ein. Und man muss wirklich Hochachtung vor diesem Jungen haben, denn es muss schrecklich gewesen sein, richtig schrecklich, und trotzdem hielt er zu ihr. Sie hinderte ihn daran, zu den Dozenten zu gehen – Dunleavy war noch Dekanin, und sie hätte Emily sofort rausgeworfen.
Also befahl er ihr, in ihrem Zimmer zu bleiben und sich nicht vom Fleck zu rühren. Sie solle auf keinen Fall etwas tun, was die Sache womöglich noch schlimmer machte. Er wollte in die Bibliothek und nachsehen, wie er ihr helfen könne.
Kurz vor Morgengrauen kehrte er zurück, in dem Glauben, er habe so ziemlich das Richtige gefunden. Ihr könnt euch die Szene vorstellen. Sie haben beide die ganze Nacht nicht geschlafen. Sie sitzen im Schneidersitz auf ihrem schmalen Bett, sie mit ihrem verkorksten Gesicht, er mit ungefähr acht aufgeschlagenen Büchern um sich. Er hat ein paar Reagenzien in Müslischalen aus dem Speisesaal zusammengemischt. Sie lehnt die Reste ihrer Stirn an die Wand und versucht, ruhig zu bleiben. Das Blau im Fenster wird heller und heller, sie müssen sich beeilen. Zu diesem Zeitpunkt war sie vermutlich schon jenseits von Panik und Reue, aber nicht ohne Hoffnung.
Und dann stellt euch mal seine Verfassung vor. Für ihn war es eigentlich das Beste, was ihm passieren konnte. Das war sein goldener Moment, seine Chance, den Helden zu spielen, sie zu retten und ihre Liebe zu gewinnen, oder wenigstes ein bisschen Sex aus Mitleid. Es war seine Chance, für sie stark zu sein, das, worauf er immer gewartet hatte.
Andererseits hatte er inzwischen genug Zeit gehabt, um herauszufinden, wie es sich wirklich verhielt. Ich könnte mir denken, dass der Groschen endlich gefallen war. Sie war ein furchtbares Risiko eingegangen, und er wusste, sie hatte es nicht für ihn getan.
Jedenfalls war er nicht in der Verfassung für anspruchsvolle magische Rituale. Er war müde, ängstlich und verwirrt, und bestimmt hatte er auch ein bisschen Liebeskummer. Vielleicht wollte er es auch einfach zu sehr. Er begann also mit dem Rückverwandlungzauber, und zufällig weiß ich, welcher das war, nämlich einer aus den Meisterarkana, Renaissance-Zeug. Setzt unglaubliche Energien frei. Er entglitt ihm auf die übelste Art und Weise. Er ergriff Besitz von ihm und nahm ihm seinen Körper. Vor ihren Augen verbrannte er schreiend in blauem Feuer. Er wurde zu einem Niffin .«
Quentin dachte an das, was Fogg damals in der Krankenstation zu ihnen gesagt hatte. Er hatte versucht, ihnen
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