Fillory - Die Zauberer
Stück. Anschließend saßen sie herum und starrten das Gras, den Himmel, ihre Hände und den fernen Glockenturm an, um festzustellen, ob irgendetwas anders war als sonst. Quentin lief zum Waldrand, weil er mal musste. Als er zurückkehrte, erzählte Janet gerade von einer Frau namens Emily Greenstreet.
»Sag nicht, du hast sie gekannt!«, sagte Eliot.
»Nein, nicht persönlich. Aber ich habe doch im Ersten Jahr mit dieser blöden Kuh von Emma Curtis zusammengewohnt, weißt du noch? Letzte Woche, als ich zu Hause war, habe ich mich mit ihrer Cousine unterhalten, sie wohnt ganz in der Nähe meiner Eltern in L.A. Sie war damals hier und hat mir die ganze Geschichte erzählt.«
»Wirklich?«
»So, und jetzt erzählst du sie uns bitte!«, forderte Josh.
»Es ist aber ein großes Geheimnis. Eigentlich sollte ich es für mich behalten.«
»Außerdem war Emma gar keine blöde Kuh«, warf Josh ein. »Wenn sie eine Kuh war, dann eine geile. So eine von diesen Edelkühen, ihr wisst schon. Hat sie dir eigentlich je das Geld für das Kleid gegeben, das sie dir vollgekotzt hat?« Er lag auf dem Rücken und starrte in den Himmel. Es schien ihm egal zu sein, ob der Zauber gewirkt hatte oder nicht.
»Nein, hat sie nicht. Inzwischen ist sie in Tadschikistan, um den bedrohten asiatischen Grashüpfer zu retten oder so ähnlich. Blöde Kuh!«
»Wer ist Emily Greenstreet?«, fragte Alice.
»Emily Greenstreet«, antwortete Janet theatralisch und genoss den saftigen, befriedigenden Klatsch, den zu verbreiten sie ansetzte, »war die erste Person in hundertfünfzig Jahren, die Brakebills freiwillig verlassen hat.«
Ihre Worte schwebten in der warmen Sommerluft auf und trieben davon wie Zigarettenrauch. Es war heiß mitten auf dem Meer, wo es keinen Schatten gab, aber sie waren alle zu faul, anderswohin umzuziehen.
»Sie kam vor etwa acht Jahren nach Brakebills. Ich glaube, sie war aus Connecticut, aber nicht dem schicken Teil mit der High Society, den Kennedys und der Borreliose. Ich glaube, sie kam aus New Haven oder Bridgeport. Sie war still, eine kleine graue Maus …«
»Woher weißt du, dass sie eine graue Maus war?«, fragte Josh.
»Pscht!«, machte Alice und versetzte Josh einen Klapps auf den Arm. »Unterbrich sie nicht. Ich möchte die Geschichte gerne hören.« Sie lagen alle zusammen auf einer gestreiften Decke, die sie über den Resten von Joshs Sandmuster ausgebreitet hatten.
»Ich weiß es, weil Emmas Cousine es mir erzählt hat. Außerdem ist es meine Geschichte, und wenn ich sage, dass sie eine graue Maus war, dann hatte sie einen Schwanz und hat auf einem verdammten Schweizer Käse gewohnt!
Also, Emily Greenstreet war eines dieser Mädchen, das keinem auffällt und das nur Freundinnen hat, die genauso unauffällig sind wie sie. Sie sind weder besonders beliebt noch unbeliebt. Sie haben ein fliehendes Kinn und Windpockennarben und zu große Brillen. Ich weiß, ich bin gemein. Aber sie stehen eben irgendwie immer und überall am Rand.
Emily war eine gute Studentin. Sie lernte eifrig und kam auf ihre langweilige Art gut zurecht, bis sie in ihrem Dritten Studienjahr endlich etwas Aufsehenerregendes tat und sich in einen ihrer Professoren verliebte.
Das geht natürlich allen Mädchen so, weil wir alle einen Vaterkomplex haben. Aber normalerweise ist das ja nur ein Strohfeuer. Wir kommen bald darüber hinweg und suchen uns einen kleinen Loser in unserem Alter. Aber nicht unsere Emily! Sie war unsterblich, leidenschaftlich, wahnsinnig verliebt. Wie in Wuthering Heights. Nachts stand sie draußen vor seinem Fenster. Während des Unterrichts zeichnete sie kleine Bilder von ihm. Sie heulte den Mond an. Malte kleine Bilder vom Mond und heulte die an.
Sie wurde launisch und depressiv. Sie trug nur noch Schwarz, hörte die Smiths, las Camus im Original und so weiter. Nach einer Weile hatte sie schwarze Ränder um die Augen, was sie plötzlich interessant machte. Sie hing jetzt immer öfter am Wolf herum.«
Alle stöhnten. »Der Wolf« war ein Brunnen im Irrgarten. Eigentlich war er nach Van Pelt benannt, einem Dekan aus dem achtzehnten Jahrhundert, aber da er eine Statue von Romulus und Remus trug, die von der Wölfin gesäugt wurden, wurde er »Wolf« genannt. Es war ein beliebter Treffpunkt der Gothics und Künstlertypen.
»Jetzt hatte sie also ein Geheimnis, ein tragisches noch dazu, und das machte sie für die anderen attraktiver, die ja so gerne wissen wollten, was dieses Geheimnis war. Und es kam, wie es kommen
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