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Fillory - Die Zauberer

Fillory - Die Zauberer

Titel: Fillory - Die Zauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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unten konnten sie ja nicht sein, aber es fühlte sich an, als befänden sie sich eine Meile unter der Erde, lebend begraben, vom Rest der Welt vergessen.
    »Falls Sie sich wundern, was wir hier unten tun«, begann Fogg, »so sollten Sie wissen, dass ich Sie aus dem Schutzkordon von Brakebills herausführen wollte, dem magischen Verteidigungswall, der sich vom Haus aus in alle Richtungen erstreckt. Der Messingdeckel mit den Inschriften, den wir geöffnet haben, ist eine der Pforten, die hinausführen.«
    Die Dunkelheit schluckte seine Worte, kaum hatte er sie ausgesprochen.
    »Ein bisschen unheimlich, oder? Aber passend, denn im Gegensatz zu mir werden Sie den Rest Ihres Lebens draußen verbringen. Meistens werden den Abschlussklassen hier Schauermärchen über die Welt draußen erzählt, aber ich glaube nicht, dass das in Ihrem Fall nötig ist. Sie haben aus nächster Nähe die zerstörerische Macht erlebt, die einige magische Wesen besitzen.
    Es ist unwahrscheinlich, dass sie je wieder so etwas Schlimmes mitmachen werden, wie das, was am Tag des Ungeheuers geschah. Besonders diejenigen unter Ihnen, die an jenem Tag im Hörsaal saßen, werden für immer davon geprägt sein. Sie werden das Ungeheuer niemals vergessen, und Sie können sicher sein, dass es auch Sie nie vergessen wird.
    Vergeben Sie mir die Predigt, aber das ist meine letzte Chance, Ihnen eine zu halten.«
    Quentin saß Fogg direkt gegenüber im Kreis. Sie alle hatten sich inzwischen auf dem glatten Steinboden niedergelassen. Foggs freundliches, glattrasiertes Gesicht schwamm in der Dunkelheit wie eine Erscheinung. Beide Whiskeyflaschen erreichten Quentin gleichzeitig und schwungvoll trank er nacheinander aus ihnen, in jeder Hand eine, und gab sie dann weiter.
    »Manchmal frage ich mich, ob der Mensch wirklich dazu geschaffen wurde, die Magie zu entdecken«, fuhr Fogg weitschweifig fort. »Es erscheint nicht wirklich sinnvoll. Es ist ein wenig zu perfekt, meinen Sie nicht auch? Wenn uns das Leben eine Lektion lehrt, dann die: Wünschen hilft nicht. Worte und Gedanken verändern nichts. Sprache und Realität sind streng getrennt – die Realität ist harter, unnachgiebiger Stoff, und es kümmert sie nicht, was Sie darüber denken oder sagen. Und das ist auch nicht vorgesehen. Sie gehen damit um und fahren mit Ihrem Leben fort.
    Kleine Kinder wissen das nicht. Magisches Denken: So nannte es Freud. Wenn wir einmal gelernt haben, dass es nicht so ist, sind wir keine Kinder mehr. Die Trennung zwischen der Sprache und den Objekten ist die Basis, auf denen unser Erwachsenenleben beruht.
    Doch irgendwo in der Hitze der Magie zerreißt diese Grenze zwischen Wort und Objekt. Sie zerbricht, und das eine fließt zurück in das andere. Die Sprache verbindet sich mit der Welt, die sie beschreibt.
    Ich habe manchmal das Gefühl, als seien wir über einen Makel im System gestolpert, Sie nicht? Ein Kurzschluss? Ein Kategoriefehler? Eine seltsame Schleife? Könnte es sein, dass die Magie eine Form des Wissens ist, der wir lieber abschwören sollten? Sagen Sie es mir: Kann ein Mensch, der zu zaubern vermag, jemals erwachsen werden?«
    Er schwieg. Niemand antwortete. Was sollten sie sagen, verdammt? Es war ein wenig zu spät, ihnen Predigten zu halten, nachdem sie ihre magische Ausbildung vollendet hatten.
    »Ich habe eine bescheidene Theorie, die ich hier gerne einmal äußern würde, wenn Sie erlauben. Was glauben Sie, macht Sie zu Zauberern?« Wieder war Schweigen die Antwort. Fogg stellte jetzt sowieso nur noch rhetorische Fragen. Er sprach leiser. »Ihre Intelligenz? Ihr Mut und ihre Leistungen? Die Tatsache, dass Sie außergewöhnlich sind?
    Kann sein. Wer weiß. Aber ich sage Ihnen was: Ich denke, Sie sind Zauberer, weil sie unglücklich sind. Ein Zauberer ist stark, weil er Schmerz fühlt. Er spürt den Unterschied zwischen der Welt, wie sie ist, und dem, was er daraus machen würde. Oder was glauben Sie, was dieses Gefühl in Ihrer Brust war? Ein Zauberer ist stark, weil er größere Schmerzen leidet als andere. Seine Wunde ist seine Stärke.
    Die meisten Menschen tragen diese Schmerzen ihr Leben lang mit sich herum, bis sie sie durch andere Mittel besiegen oder die Schmerzen sie umbringen. Sie aber, meine Freunde, haben einen anderen Weg gefunden: einen Weg, sich die Schmerzen zunutze zu machen. Sie wie Treibstoff zu verbrennen und Licht und Wärme daraus zu gewinnen. Sie haben gelernt, die Welt zu besiegen, die versucht hat, Sie zu zerbrechen.«
    Quentins

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